Aespa - Savage
Ach ja, wer laut.de diesen Monat beobachtet hat, der könnte geahnt haben, auf was ich persönlich zu schreiben heiß bin. Diese neue Aespa-Single? Sie ist alles. Alles, was ich von dem Genre will, alles, was ich mir derzeit in der Popmusik wünsche. Das Ding mit dem Potential des K-Pop-Genres ist ja, dass mit zunehmendem Überangebot an Idol-Pop theoretisch immer mehr Spezifizierungen in Sound und Ästhetik entstehen, um sich vom gesättigten Markt abzusetzen. In manchen Szenen funktioniert das, in den meisten fairerweise nicht. Aber Aespa ist ein Musterbeispiel dafür.
Die Mischung aus Berge mahlendem Hip Hop-808s mit einem fast schon Noise-insprierten Synth-Design trifft auf diese exzentrische Songstruktur, von der die Macher selbst die Inspiration von Charli XCXs "Vroom Vroom"-EP bestätigt haben. Aber auch all diese Genre-Eckdaten bereiten nicht dafür vor, wie schräg "Savage" wirklich geraten ist. Jeder Übergang lässt hier die Kinnlade herunterklappen, die bizarre Hook klingt so campy, der letzte Dancebreak so destruktiv. Dazu noch diese ganzen irrwitzigen kurzen Interludes und Bridges, die kleine Inseln des melodischen Melodramas zwischen das Hyperpop- und Hip Hop-Geballer flechten.
"Savage" geht vier Minuten und reizüberflutet die ganze Spielzeit so verlässlich und konsequent, dass es vermutlich ein paar Hördurchgänge braucht, bis man überhaupt einmal einen Fuß in der Tür hat, ob man das mag. Meine Review zum Mini-Album hat ein weniger beeindruckter User abtun wollen, weil er fand, "Teenie-Geknödel mit M.I.A-Einflüssen" sei ja überhaupt nicht so interessant. Aber a) wäre allein Teenie-Geknödel mit M.I.A.-Einflüssen schon nicht so uninteressant und b) ist es bezeichnend, dass der beste Vergleich, der ihm einfällt, auf eine der progressivsten Hip Hop-Pioniere des Jahrhunderts fällt. Und trotzdem hinkt. "Savage" ist in meinen Augen ein Best-Case-Szenario dafür, was passiert, wenn man ein Pop-Framework bis an seine äußersten Extreme denkt. Und - unnötig, das dazuzusagen, aber - der Song slappt obendrauf noch wie sieben heiße Höllen. I rest my case.
Wertung: 5/5
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