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PLatz 5: "Minutes To Midnight"

"Minutes To Midnight" war meine Einführung in die Musik von Linkin Park. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich eines Mittags von der Schule heimkam, MTV anschaltete und eine wenig motivierte Moderatorin den nächsten Song als 'Emo' ankündigte. Schon innerhalb der ersten Akkorde von "What I've Done" war ich am Haken. Als es wenig später in den Urlaub nach Schweden ging, hörte ich während der stundenlangen Autofahrten durch die Pampa Skandinaviens nichts anderes als dieses Album. Bis heute evozieren manche Songs noch Bilder von Nadelbäumen in meinem Hirn und fächern mir den Duft des alten VW Passats meines Vaters in die Nase.

Dabei hätte ich zu dem Zeitpunkt wohl kein schlechteres Album wählen können, um mir ein Bild von Linkin Parks Musik zu machen. Mit "Minutes To Midnight" wollten sie zum ersten Mal den Sound hinter sich lassen, mit dem sie Jahre zuvor zu Weltstars wurden und an den man sich heute noch am ehesten erinnert, wenn man an Linkin Park denkt. Mit den Worten "We're going to make something so different that you can shove nu-metal up your ass" kündigte Bennington 2006 das Album in einem Interview an.

Wie bereits zuvor erwähnt, holte man dafür Rick Rubin ins Boot, der den Arbeitsprozess der Band komplett auf links drehte und einen Großteil der zuvor gefertigten Demos und Skizzen sofort im Schredder entsorgte. Kaum eine andere Album-Session ihrer Karriere brachte so viel Material hervor, das bis heute auf dem Studioboden verschimmelt. Was es letzten Endes auf die zwölf Tracks starke LP schaffte, zeugt von einem nicht ganz so radikalen Wandel, wie ihn die Band vorab ankündigte, aber dennoch von einer deutlichen Progression ihres bisherigen Sounds. Der Hip Hop rückt in den Hintergrund, der Metal wird rockiger, die leisen Töne werden leiser, die lauten lauter.

Eines der prägnantesten Alleinstellungs-Merkmale dieser LP findet sich jedoch in der Trennung von Chester und Mike. Einzig "Bleed It Out" erinnert in seiner Struktur aus Rap-Verse und Metal-Hook an die bisher bekannte Linkin Park-Blaupause. Der Song macht das auch ganz gut, doch das Album glänzt gerade da, wo die beiden Sänger der Band jeweils alleine ins Rampenlicht rücken. "Given Up" bleibt bis heute einer der aggressivsten Songs der Band und vielleicht das beste Showcase für Benningtons Talent als Vokalist. Auch "What I've Done" oder die rückblickend absolut herzzerreißende Ballade "Shadow Of The Day" profitieren davon, dass Shinoda die zweite Geige spielt. "In Between" führt wiederum ein starkes Argument dafür an, dass er nicht nur essentiell für die Band ist, sondern dass er auch gerne öfter seine Singstimme zum Einsatz bringen darf.

Obwohl Linkin Park der Ausbruch aus den musikalischen Kinderschuhen hier größtenteils gelingt, lassen sich selbst durch die dickste Nostalgie-Brille hindurch gewisse Mankos nicht übersehen. Die zweite Hälfte fällt nicht nur wegen des Sequencings der Tracklist äußerst unglücklich und schleppend aus, auch ein Großteil des Materials an sich zündet gerade im Rückblick nicht mehr so recht. Es lohnt sich allerdings, durchzuhalten: Die Post-Rock-Detour, die die Band am Ende mit "The Little Things Give You Away" nimmt, gehört zu den absoluten Kronjuwelen ihres artistischen Schaffens.

Highlights: "Given Up", "Shadow Of The Day", "The Little Things Give You Away"
Lowlights: "Valentine's Day", "No More Sorrow"

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