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Platz 13: The Top (1984)

Zwölf Jahre vorher: The Cure leisten sich den ersten und letzten Album-Fehltritt des kompletten Jahrzehnts. Aber, großes Aber. Wer das Album nicht kennt und unvoreingenommen auf Play drückt, muss den Autor dieser Zeilen für mental komplett fehlgeleitet halten. "Shake Dog Shake" ist ein Killer-Opener vor dem Herrn, beginnend mit dem furiosen Drumroll vom mittlerweile verstorbenen Parttime-Member Andy Anderson. Die wahre Power dieser Psychedelic-Rock-Walze wurde dennoch erst im Live-Kontext richtig deutlich, etwa dem im selben Jahr erschienenen Livealbum "Concert - The Cure Live", wo sie es auch etwas schneller spielen (oder sogar auch auf dem Marktplatz von Warstein).

Wer in den letzten 30 Jahren mal auf einem Cure-Konzert war, kennt von diesem Album keinen anderen Song, denn außer "Shake Dog Shake" hat praktisch keiner die 80er Jahre überlebt. Nicht ohne Grund. Robert Smith sieht es mit dem Abstand von Jahrzehnten ähnlich: "Alle Autoren schreiben irgendwann zumindest ein schlechtes Buch, alle Bands machen ein schlechtes Album. Unseres ist dann wohl 'The Top'."

Es ist ein klassisches Übergangsalbum mit wenigen Highlights, was es natürlich gleich wieder faszinierend macht bei einer legendären Band wie The Cure. Die Frage aller Fragen: Was lief damals schief? Das brachte Robert Smith gegenüber dem Guardian vor einigen Jahren einmal gut auf den Punkt: "Andy machte uns jeden Morgen einen Tee mit Magic Mushrooms und dann legten wir los." Als logische Folge trifft man in den Lyrics auf Hunde, Pandabären, Schweine und Raupen. Die auf "Japanese Whispers" geschärften Pop-Sensibilitäten blitzen immer wieder auf, ohne aber in einen stringenten Hit wie etwa "The Walk" münden. Motto: Wenn die Pilze wirken, ist es doch egal, wie es nach dem ersten Refrain weitergeht. Die Songs schwingen zwischen der alten Niedergeschlagenheit und Pop-Psychedelia hin und her, manches wirkt comichaft, vieles nervt. Etwa der erzwungene Wutausbruch "Give Me It" oder "The Empty World", The Cures einziger Marching-Band-Song ever.

Dass die Band bei besagter TV-Sendung in Warstein im Spätsommer 1984 ausgerechnet das unkommerzielle "Shake Dog Shake" auswählten, darf als frühes Eingeständnis Smiths gelten, dass die einzige Single des Albums, "The Caterpillar", der sackdämlichste Song ist, den die Band je aufgenommen hat. Allerdings ist das Album auch ein großes Versuchslabor, was seinen Gesang angeht. "Piggy In The Mirror" beginnt, als würde er sich in einen 60-Jährigen hineinversetzen (heute wissen wir, dass er im Alter immer noch jünger klingt).

Im wunderbar sedierenden Chillwave-Prototyp "Dressing Up" verlangt Smith seiner Stimme sämtliche Facetten ab, gluckst, giggelt und jault, was er später in zahlreichen Songs reproduzieren sollte ("Shiver And Shake", "Hot! Hot! Hot!"). In "Piggy In The Mirror" treffen wir außerdem erstmals auf ein Flamenco-Element, das im Folgejahr zu einem kompletten Song ausgearbeitet wird ("The Blood"). Das Album endet mit dem schwachbrüstigen Titelsong, der vergeblich der Intensität von "Faith" nachspürt. "Please come back, all of you", jammert Smith. Simon Gallup hörte zu.

Anspieltipps:

"Shake Dog Shake", "Dressing Up", "Piggy In The Mirror"

Besser weiträumig umfahren:

den Rest

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