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Trends 2025 III: Brat frisst seine Kinder in der Arena

Die Leute haben Angst. Anders als manche Bundespräsidenten meinen, ist die Welt zwar schon immer im Aufruhr – fragt mal euren Kumpel aus dem Südsudan – aber das subjektive Gefühl der Bedrohung, das schwankt tatsächlich. Dieses Gefühl hängt ein Stück weit an der Rhetorik der Handelnden und da wir nun alle einen sehr handlungswilligen Orangeschopf an den Schaltern der Macht erleben dürfen, wäre es nur sinnig, gäbe es darauf auch in der elektronischen Musik eine entsprechende Reaktion. Nur was ist entsprechend? Eskapismus oder Trübsal? Aggression oder Biedermeier?

Gefühlt ist das seit Jahren andauernde Techno-Revival zuvorderst damit zu erklären, dass House so erfolgreich ist, dass große Teile seines Selbst mit Pop verschmolzen und für andere Spielarten nun einfach mehr Platz ist. Eine Tendenz zu mehr Härte mag ich insofern nicht bestätigen. Fast noch spannender wird aus meiner Sicht, wie das Publikum unter diesen Umständen Clubbing und Konzerte empfindet. Clubs als Gefühlsindikator sind wahnsinnig schwierig, da das Angebot für die meisten Tanzwilligen gering und wenig flexibel ist – der Club ist halt da oder nicht, er wird betrieben oder nicht.

Aber bei Konzerten gibt es schon einige Trends, die interessant sind. Domina Taylor hat mit ihrer absurd überkandidelten Show aus einer hilflosen Imitation von Nähe (und der mangelnden musikalischen Qualität und ihrer Lust, mehr als sich selbst zu inszenieren und, und das ist immer noch das allerwichtigste, dem Preis) neue Maßstäbe gesetzt in Sachen Live-Präsenz. Doch auch eine Gegenbewegung ist denkbar. Was ist wichtiger? Die Einbettung in eine anonyme Masse, die ich auch sozial-medial zelebrieren kann, oder die Nähe zum Künstler? Und was bedeuten VR-Konzerte mit Oculus-VR-Brille, binaurale Beats und Ambisonics für das Live-Erleben, zumal, wenn mein Po auf einem Platz festhängt und ich nicht wie im Clubbing notfalls selbsterzwungen zum handelnden Subjekt durch Tanzen werden kann? Und werden Prozesse angesichts der erst so richtig anlaufenden Giga-Festivals in Asien global in verschiedene Richtungen gehen?

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