Original Soundtrack - " Harry Potter Und Der Feuerkelch"

Es versetzt mich immer wieder in Staunen, wie gespannt die Welt jedes Jahr aufs Neue der Ankunft eines blassen, unscheinbaren Jungen mit Brille und verheilter Platzwunde auf der Stirn entgegenfiebert. Auch ich stecke in regelmäßigen Abständen meine Nase in den neuesten Tagespropheten, um zu erfahren, wann die Autorin J.K. Rowling uns das nächste Mal Einblick in die altehrwürdige Schule für Hexerei und Zauberei gewährt. Im Herbst stand dann endlich der neue Harry Potter ("Harry Potter Und Der Halbblutprinz") in den Bücherregalen und diesmal hatte Frau Rowling ihre Feder in ganz dunkle Tinte getaucht.

Auch der darauf folgende Film zum Vorgänger "Harry Potter Und Der Feuerkelch" färbt den Novemberhimmel über den Kinosälen in unheilvolle Düsternis. Um sich mental auf den Dunklen Lord, feuerspuckende Lindwürmer und ein Duell auf Leben und Tod vorzubereiten, bietet sich der "Harry Potter"-Soundtrack von Patrick Doyle an. Wie für den Zauberlehrling selbst, standen der musikalischen Untermalung des Films Veränderungen bevor: Während der Hauptdarsteller Daniel Radcliff vom schüchternen Dreikäsehoch zum halbstarken Filmhelden heranwuchs, gab Altmeister John Williams das Komponisten-Zepter entgültig aus der Hand und die Schwestern des Schicksals platzieren erstmalig Rockmusik auf den altehrwürdigen Score.

Nun sitzt mit Patrick Doyle ein Ex-Schauspieler und erfahrener Filmmusikmacher (mit Harry Potter produzierte er seinen 35. Score) auf dem Thron und darf sich den hohen Erwartungen stellen. Diese erfüllt der schottische Landsmann leider nur teilweise. Zwar verschafft er dem Film ein modernes, sowie leicht erklimmbares, musikalisches Grundgerüst, jedoch mangelt es dem Score-Gebilde an Highlights. Was John Williams mit "Hedwig's Theme" noch zur unverwechselbaren Melodie für den Zauberschüler ernannte, fehlt in "Harry Potter Und Der Feuerkelch" an Wiedererkennungswert.

In einem Fach bekommt der Komponist allerdings eine 1+ mit Sternchen: Er versteht sich wunderbar darin, die Filmmusik als Spiegelbild für die Charakterzüge der Figuren zu nutzen. Einzelne Szenen treten durch Doyles bildnerisches Geschick auch dann als bunte Bilder vor das geistige Auge, wenn man den Film gar nicht gesehen hat. Das beste Beispiel hierfür liefert "The Quidditch World Cup". Wie bei der Buchvorlage stehen sich in dem spannenden Endspiel um den rasanten Besensport Irland und Bulgarien gegenüber.

So legt das Anfangsthema den Gedanken an ein Volksfest mitten in der grünen Hügellandschaft nahe (ich sehe die Kobolde ja fast schon mit ihren kleinen Goldtöpfen über meinen Kopf sausen) und wechselt plötzlich in ein stampfendes Anfeuern der bärbeißigen Bulgarier. Ebenso gelungen geht Doyle mit "Rita Skeeter" um. Ich höre ihre Flotte-Schreibe-Feder schon Schmähungen auf unzählige Seiten Pergament kritzeln.

Auch zwei Walzer stanzt der Schotte auf den Score, wobei Harry ("Potter Waltz") eindeutig eine schönere Widmung erhält als Neville ("Neville's Waltz"). Schade, dass der Filmmusik an manchen Stellen die visuelle Stütze fehlt. Eindeutig bemerkbar machen das Lieder wie "The Darl Mark" oder "Golden Egg".

Nun zu den Schwestern des Schicksals. Oder den Weird Sisters, wie sich Jarvis Cocker sowie die beiden Radioheads Phil Selway und Johnny Greenwood im Original nennen. Sie spielen als bekannteste Rockband der Zaubererwelt auf einem Schulball in Hogwarts. "Do The Hippogriff" sorgt mit dem zwanghaft auf Magie getrimmten Text ("Spin around like a crazy elve / ... / Boggie down like a unicorn") für ein Schmunzeln. Wie Franz Ferdinand im Zeitraffer klingt "This Is The Night", ein interessantes Experiment. Wunderbar kitschig und balladesk präsentieren sich die Schickalsschwestern schließlich mit "Magic Works".

Insgesamt eignet sich der Soundtrack zu "Harry Potter Und Der Feuerkelch" eher für die Jäger und Sammler der Filmmusik, oder als Nikolausstiefelfüllung für unerschütterliche Radiohead-Fans. Anhänger des zauberhaften Struwwelpeters reicht sicher der Gang in das nächste Kino.