19. Mai 2005

"Pop machen wir immer noch nicht!"

Interview geführt von

Sich das Handy sperren zu lassen, war noch nie sonderlich klug. Das aber an einem Tag zu tun, an dem man in ein Studio eingeladen ist, das über keine Klingel verfügt und man folglich telefonisch Einlass erbitten muss, ist ziemlich dämlich. Die nächst gelegene Telefonzelle ist auch im Arsch, aber es gibt ja noch diese Telefon-Buden, aus denen sonst nach Kuwait oder Bagdad angerufen wird.

Gitarrist Markus Steffen geht auch sofort an den Apparat und verspricht, mich einzulassen. Wo zur Hölle der Eingang ist, sagt er mir aber nicht. Nachdem ich eine Zeitlang über meterhohe Zäune geklettert und um den halben Block gelatscht bin, greift er mich dann doch an der Straße auf, und wir gehen hoch ins Studio. Dort angekommen, machen wir es uns zunächst in der gemütlichen Sitzecke bequem, da Sänger Arno gerade noch mit Uwe im Aufnahmeraum ein paar Gesangslinien auf Band bringt.

Auf meine Frage hin, wie es sie denn in ein Frankfurter Studio und ausgerechnet zu Uwe verschlagen habe, meint Markus: "Das lief im Groben über Sven, unseren Agenten. Der ist hier aus der Gegend, kennt Uwe schon lange und gut und hat ihn uns vorgeschlagen. So ganz ohne Vorbehalte sind wir hier aber nicht aufgelaufen, denn als Gitarrist und wohl auch als Produzent kommt Uwe ja doch aus einer ganz anderen Richtung. Es hat aber keinen Tag gedauert, und der Mann hat uns vollkommen überzeugt. Er versteht sein Handwerk auch als Engeneer einfach perfekt und schafft es immer wieder, dich zu motivieren."

Da sich Sieges Even nun nach einer längeren Pause beinahe im Original Line-Up wieder zurückmelden, wollen sie es nun natürlich auch krachen lassen. "Das ist schon der Hammer, was wir hier machen. Wir kommen im Endeffekt mit knapp 80 Spuren für das Album daher, und trotzdem klingt alles noch organisch und natürlich. Ich arbeite viel mit Cleansounds und bin vom Endergebnis ziemlich begeistert. Olli und Alex haben ihre Sachen schon aufgenommen und sind schon wieder weg. Die haben ja auch noch genügend anderes zu tun und müssen Geld verdienen."

Allerdings macht sich Markus schon auch ein paar Gedanken darüber, wie die Fans das neue Material wohl aufnehmen werden: "Wir klingen schon anders, als auf den ersten drei Scheiben. Das liegt nicht zuletzt an Arno, der mit seinem Background und seiner Stimme das Material eine Spur leichter konsumierbar macht. Er hat eben diesen AOR-Background, und der schimmert bei den mehrstimmigen Sachen deutlich durch. Aber keine Angst, Pop machen wir immer noch nicht, hahaha."

Das hat auch niemand wirklich erwartet, und als mich Arno schließlich noch mit einer Platzwunde auf der Murmel begrüßt ("Hab' ich mir geholt, als ich auf's Klo wollte. Die Türen sind hier alle ein bisschen niedrig gebaut"), bittet mich Uwe endlich ins Heiligtum. Kaum hab ich den Kopfhörer im Gesicht, schallen mir auch schon die Klänge von "The Lonely Views Of Condors" entgegen. In einem hat Markus recht: Arnos Stimme ist deutlich wärmer und sanfter, als die seiner Vorgänger, doch sind die Songs und der Gesang absolut harmonisch und ergänzen sich wunderbar. Ein verträumtes Grinsen wandert in meine Gesicht, als anschließend noch "The Weight" erklingt, das wohl alle Trademarks von Sieges Even enthält und keinen einzigen Fan enttäuschen sollte.

Mehr darf ich leider noch nicht hören, aber die Produktion liegt in den letzten Zügen. Ein paar Vocals und ein paar zusätzliche Keyboard- und Gitarrenspuren, und "The Art Of Navigating By The Stars" ist vollendet.

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