27. Mai 2019
"Social Media-Arbeit ist undankbar"
Interview geführt von Connor EndtThe Amazons veröffentlichen mit "Future Dust" ihr zweites Album. Frontmann Matt Thomson spricht von Inspirationen, dem Frust über soziale Netzwerke und der Entstehung des neuen Silberlings.
Ausverkaufte Konzerte und Touren, anerkennende Rezensionen und Platzierungen in den britischen Hotlists: mit ihrem selbstbetiteltem Debüt gelang den Briten vor zwei Jahren der Durchbruch. Für ihr neues Album "Future Dust" zogen sich die vier Musiker in die walisische Provinz zurück. The Amazons-Sänger Matt Thomson zeigt sich im Telefongespräch äußerst sympathisch und bodenständig.
Kannst du uns mehr über die Aufnahmen in Swansea erzählen? Hatte der Ort einen Einfluss auf die Produktion?
Das war das Beste, was wir machen konnten! Wir haben uns bewusst in die Natur zurückgezogen, sind einen Schritt zurück gegangen und haben das neue Album in einem Dörfchen in der Nähe von Swansea aufgenommen. Dort war früher mal eine Hippie-Kommune und es gab nicht so viele Ablenkungen wie in Reading, wo wir sonst proben. Entsprechend konnten wir uns voll auf die Musik und die neuen Songs konzentrieren.
Ich habe gelesen, dass Chris einen Teil seines Fingers bei einem Küchenunfall verloren hat? Was war da los?
Ja das war eine üble Sache. Chris kocht immer für die ganze Band und eines Abends hat er sich ein Stück von seinem Zeigefinger der linken Hand abgeschnitten. Er musste nochmal komplett neu lernen, Gitarre zu spielen. Das war echt eine schwierige Zeit für ihn, weil er nicht wusste, ob er jemals wieder Gitarre spielen kann. Zum Glück hat das dann aber doch alles hingehauen! Die Soli, die man jetzt auf dem Album hört, hat er mit drei Fingern eingespielt.
Heftig! Geht es ihm jetzt wieder gut?
Ja, er gewöhnt sich langsam daran und kommt auch wieder mit seiner Gitarre zurecht. Danke für's Erkunden.
Was hat euch bei Album Nummer Zwei inspiriert?
Das waren ganz unterschiedliche Dinge. Ich habe zu der Zeit ein Buch gelesen, "Hellfire", die Biographie von Jerry Lee Lewis, das hat mich ziemlich inspiriert. Ansonsten haben wir viel Led Zeppelin und auch Howling Wolf gehört und diese alte Rock-Musik immer mehr für uns entdeckt. Eigentlich wussten wir schon nach dem ersten Album, dass wir mehr in die Richtung Blues Rock gehen wollen. Während unser Zeit in Swansea wurde uns immer mehr klar, wohin wir uns musikalisch bewegen wollen.
"Es gibt immer Leute, die dich für uralte Postings kritisieren"
Wenn du zurückschaust: hast du erwartet, dass euer Projekt so durch die Decke geht?
Ja, das ist echt ziemlich schnell gestartet! Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir jetzt schon seit ein paar Jahren zusammen Musik machen, das ist also nicht von gestern auf heute passiert. Wir haben uns das hart erarbeitet und sind stolz auf das, was wir erreicht haben. Damals dachte aber niemand von uns, dass wir solchen Erfolg haben werden. Oder dass ich jetzt in diesem Moment mit dir telefoniere (lacht)!
Du hast die sozialen Netzwerke als eine Art "Hexenjagd" beschrieben - wie genau kann man das verstehen?
Was ich damit meine, ist, dass Social Media manchmal eine total undankbare Sache ist. Es gibt immer irgendwelche Leute, die sich durch deine alten Posts klicken und dich dann für Sachen kritisieren, die du vor Jahren mal gepostet hast. Klar muss man verantwortungsvoll mit diesen Medien umgehen und sollte einen Plan haben, was man sagen will und was man vielleicht lieber für sich behalten sollte. Aber ich finde es nicht fair, wenn man im Netz für Sachen kritisiert wird, die man vor Jahren gepostet hat. Man wird ja auch älter und ändert seine Ansichten. Dieses Thema greifen wir auch im Song "Mother" auf, der auf dem neuen Album ist.
Glaubst du, dass sich die Musikszene in England aktuell wandelt - Stichwort Brexit?
Ja absolut! Es gibt jetzt jede Menge neue und verdammt gute Bands, Shame zum Beispiel oder auch Idles. Das sind alles Bands, die diesen Punk-Spirit vorleben, die laut und ungemütlich sind und sich wehren gegen den ganzen Scheiß, der gerade bei uns abgeht! Das ist vielleicht die einzige gute Sache am Brexit.
"Das ist einfach die Musik, die wir gerne spielen wollen!"
Ihr wart viel in der Umgebung um Swansea unterwegs, habt abends zusammen Karten gespielt und Musik gehört - das klingt wie ein Traum ...
Ja es war eine verdammt schöne Zeit, ich meine, schau nur auf das Cover des neuen Albums, dann siehst du, was ich meine. Klar war es auch echt anstrengend manchmal, aber das gehört wohl einfach dazu.
Wie ist das Cover entstanden?
Wir wurden sehr viel fotografiert, als wir nachmittags die Gegend rund um Swansea erkundet haben. Dort gibt es jede Menge Höhlen und dabei ist auch das Foto entstanden, das jetzt das Cover ist. Klar, unser Fotograf hat das noch ein bisschen bearbeitet, aber Wales ist auch einfach ein sehr schöner Flecken Erde.
Ihr habt euch wieder für Catherine Marks (Wolf Alice, PJ Harvey) als Produzentin entschieden - hat sich trotzdem irgendetwas verändert bei der Produktion?
Eigentlich ist alles beim Alten geblieben. Wir haben uns bewusst Catherine ausgesucht, weil wir mit jemandem zusammenarbeiten wollten, der uns bereits kennt. Es ist einfach viel angenehmer, mit Freunden zu arbeiten und an den Songs zu feilen. Man kann auch einfach produktiver sein, wenn man jemanden im Studio hat, der versteht, was man will.
Werdet ihr auch in Zukunft Musik machen, die von Rock und Blues inspiriert ist?
Ja absolut, wir werden auch in Zukunft weiter diesem Weg folgen! Das ist einfach die Musik, die wir gerne spielen wollen und mit der wir uns auch live am Wohlsten fühlen.
Warum habt ihr euch dafür entschieden, noch eine zweite, alternative Version von "25" auf das Album zu packen?
Die zweite Version, die du auf dem Album hörst, ist beim Jammen entstanden. Ich habe mir irgendwann Abends eine Akustik-Gitarre geschnappt und die Melodie von "25" vor mich hingesungen. Irgendwie hat uns das allen sehr gut gefallen, und da dachten wir: Warum packen wir den Song nicht einfach mit auf das Album? Jetzt bin ich froh darüber, dass wir das gemacht haben. Es ist ein guter Ausgleich zu dem ganzen Geschepper, was davor zu hören ist (lacht).
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