12. April 2025
"Ich versuche, den schwierigen Weg zu gehen"
Interview geführt von Josephine Maria BayerMit den sonnigen "Rock and Soul"-Vibes ihrer neuen Platte "Never/Know" liefert die Band aus Brighton den inoffiziellen Startschuss für den Sommer. Doch fröhliche Songs schreiben sich gar nicht so leicht.
Mit Luke Pritchard kann man wunderbar über Bob Dylan fachsimpeln. Und über Gott und die Welt im Allgemeinen. Wir treffen den The Kooks-Sänger im Büro von Virgin Music in Kreuzberg, wo er uns nicht nur die neue Platte "Never/Know" vorstellt, sondern auch über den Zeitgeist, unverhofftes Familienglück und die Musik als Sinnsuche philosophiert.
Hi Luke, euer Album klingt ja echt sonnig und hat so einen Surfer-Rock-Vibe. War das euer Ziel beim Schreiben?
"Surfer-Rock" trifft es ganz gut. Nur sind wir alles andere als gute Surfer. Das Video zur neuen Single "Sunny Baby" spielt gerade damit: "kook" heißt im Australischen "schlechter Surfer". Wir als The Kooks haben das als Scherz aufgegriffen. Insgesamt soll das Album genau dieses sonnige Strand-Feeling mit einer Prise Melancholie transportieren.
Die Vibes sind eine Mischung aus Beach Boys und Soul. Ich nenne es "Rock & Soul", das klingt vielleicht ein bisschen kitschig. Im Wesentlichen ist es aber ein gitarrenlastiges Album mit ein paar härteren Passagen. Unsere drei Background-Sängerinnen bringen das Soul-Element zusätzlich zum Leuchten. Für mich ist das Album wie eine warme Umarmung.
Genau das, was die Welt gerade braucht?
Ja, das denke ich auf jeden Fall. Ein reisender Troubadour hat viele Rollen, aber für mich ist eine der wichtigsten Aufgaben der Musik, Medizin und Eskapismus zu sein. Beim Schreiben hatte ich echt genug von dieser negativen Dauerbelastung, die einem jeden Tag vermittelt: "Die Welt ist schlecht." Dabei gibt's so viele wunderbare Menschen – und jeden Tag verlieben sich Leute.
Verlieben und wunderbare Menschen sind gute Stichwörter: Auf dem Album gibt es viele Lieder, die du über deine Frau und deine Familie geschrieben hast.
Ja, die tauchen da ziemlich oft auf (lacht).
Den Song "Sunny Baby" hast du deinem Sohn Julian gewidmet. Kannst du uns mehr darüber erzählen?
"Sunny Baby" thematisiert generell das Gründen einer Familie – ein bisschen wie in Chuck Berrys "You Never Can Tell". Bei uns war das damals genau wie in seinem Song: Am Anfang dachten alle, dass meine Frau und ich das nie schaffen würden, weil unser Leben zu wild und verrückt sei. Aber jetzt haben wir zwei Kinder und sind eine ziemlich normale, ausgeglichene Familie. Zumindest meistens, das kommt manchmal auf den Tag an. Als ich den Song schrieb, kam Julian gerade ins Zimmer. Wir nennen ihn "Chestnut" wegen seiner roten Haare. Und so entstand die Zeile: "And now we have our little chestnut".
In "If They Could Only Know“ geht es um deine Großmutter und deinen Vater, die beide bereits verstorben sind. Wie haben sie dich als Künstler geprägt?
Der Verlust meines Vaters mit drei Jahren hat mich tief geprägt. Alles, was mir von ihm blieb, war seine Musik. Obwohl er im Modebereich arbeitete, schrieb er oft Lieder. Alles, was ich je gemacht habe, hat darin seinen Ursprung und ich mache es für ihn. Seine Plattensammlung, seine Les Paul Deluxe – das war meine Verbindung zu ihm. Meine Mutter hat sie irgendwann verkauft, aber das ist eine andere Diskussion. Viele Songs, zum Beispiel "See Me Now", schrieb ich für ihn. Auch meine Oma hat mich immer unterstützt, obwohl sie nie Musikerin war. Als ich ein Junge war, hat sie oft auf mich aufgepasst. Wir standen uns sehr nah. Als sie starb, war mein Leben gerade in einer sehr verrückten Phase. Sie hat mich nie so erlebt, wie ich heute bin - mit meiner glücklichen Ehe und den Kindern. In dem Song denke ich darüber nach, wie es wäre, wenn mein Vater und meine Großmutter mein heutiges Leben miterleben könnten.
Auf der aktuellen Platte reflektierst du viel darüber, worauf es im Leben ankommt. Du hast gerade verrücktere Zeiten angesprochen: Eure ersten beiden Alben sind damals ja durch die Decke gegangen. Welche Spuren hat diese Zeit bei dir persönlich hinterlassen?
Ich glaube ja, dass das Beste noch vor uns liegt. Ich glaube, wir waren damals nicht sonderlich gut auf den Erfolg vorbereitet. Zudem fühlten wir uns immer irgendwie als Außenseiter. Unser Debüt war ein unerwarteter Erfolg. Das hat damals die britische Musikindustrie ganz schön geschockt. Die Presse fragte sich, warum die Teens auf einmal auf diese kleine Band abfahren. Wir waren nicht wie die Arctic Monkeys, wo alle prophezeiten, dass sie die nächsten Oasis sein würden. Als wir plötzlich mehr Alben verkauften als die Arctic Monkeys, war das eine ziemliche Überraschung und hat einigen Musikindustrie-Insidern gar nicht gefallen. Aber gerade der Umstand, dass wir einigen Widerstand erlebten, hat unsere Reise als Band so interessant gemacht. Alle Künstler, die ich bewundere, mussten sich gegen irgendwelche Herausforderungen durchsetzen und mit Misserfolgen umgehen. Ich glaube, gerade das hat unsere Kreativität geschützt: Keine riesigen Hallen, kein Druck, immer "on top" zu performen.
Ich bin wirklich dankbar dafür. Heute kann ich mit meiner Familie in den Supermarkt gehen und ganz normale Dinge tun. Ich kann in eine Kneipe gehen, ohne dass jemand über mich herfällt. Früher war das anders, aber zum Glück nur für eine sehr kurze Zeit. Ich sehe das so, dass uns damit einiges erspart geblieben ist. Und das hat schließlich auch unserer Kreativität geholfen: Wir konnten echte Lebenserfahrungen sammeln - nicht wie Superstars, die ständig in Privatjets sitzen und sich keine Gedanken über Geld machen müssen.
Viele Menschen streben ja nach wachsendem Erfolg - nach Auszeichnungen oder Privatjets. Wie löst man sich davon? Ist das eine Entscheidung, die du irgendwann getroffen hast?
Wir alle spielen mit den Karten, die uns das Leben gibt, oder? Ich meine, ich hätte wirklich gerne den ganz großen Erfolg gehabt. Ich hätte gerne Preise gewonnen. Heute würde ich es ehrlich gesagt ziemlich komisch finden, wenn uns jemand eine Auszeichnung verleihen würde. Ich würde einfach denken: Wie lächerlich ist das bitte?
Aber gleichzeitig muss ich auch anerkennen, was andere leisten. Die, die es wirklich schaffen, geben einfach alles. Und das ist letztlich das, was zählt – nicht das Absurde daran. Denn am Ende geht es bei dem ganzen Rummel oft gar nicht um Musik, sondern um Marketing. Es ist wie bei McDonald's: Da geht es darum, ein Produkt zu verkaufen. Das heißt nicht, dass die Musik deshalb nicht künstlerisch großartig sein kann.
Aber das Startum ist einfach eine andere Welt, und ich persönlich halte mich da raus. Für Erfolg braucht man ein starkes Team, alle müssen motiviert sein – und ein bisschen Glück gehört auch dazu. Bei unserem ersten Album hatten wir genau das. Da hat einfach alles gepasst.
Aber so etwas jedes Mal hinzubekommen, ist ein riesiger Aufwand. Das kann schnell dein ganzes Leben vereinnahmen. Und ich glaube, genau dem bin ich entkommen. Und darüber bin ich ehrlich gesagt ziemlich froh. Mein Leben dreht sich nicht nur um die Band, in der ich spiele – und das fühlt sich gut an.
"Als Star gibst du alles auf und bekommst dafür Geld"
Ich denke, es führt auch zu besseren Songs, wenn man ein "normales" Leben lebt – und nicht einfach nur in diesem Tunnel steckt: Hotel, nächste Show, wieder Hotel. Wenn man im echten Leben steht, im Kontakt mit Menschen ist und mitbekommt, was in deren Leben passiert. Ich stelle mir vor, es muss total schwer sein, sich da überhaupt noch reinzufühlen, wenn man so ein komplett verrücktes Leben führt.
Ja, absolut. Und ich glaube, es ist heute sogar noch schwieriger als früher. Selbst jemand wie John Lennon konnte damals nach New York gehen und ein einigermaßen normales Leben führen. Also klar, er war Teil der größten Band aller Zeiten, aber genau deshalb ist er ja mit Yoko nach New York gezogen. Und genau daraus hat er kreative Energie geschöpft – eben weil er mal raus war, weil er sich dem Ganzen ein wenig entziehen konnte.
Aber ich glaube, heute ist das noch viel schwieriger. Wegen der Globalisierung, weißt du? Manche Künstler heute, vor allem die, die ganz schnell berühmt werden, haben wirklich keinen Ort mehr, an dem sie einfach mal nur sie selbst sein können. Es gibt keinen einzigen Fleck auf der Welt. Früher hatte man wenigstens noch das Gefühl, es gäbe so etwas wie Anonymität. Aber heute? Die existiert kaum noch.
Ja. Und alle zücken sofort ihre Handys und filmen dich.
Du gibst im Grunde alles auf und bekommst dafür jede Menge Geld. Aber dann kannst du das Geld nicht mal ausgeben, weil du nicht mehr Shoppen gehen kannst, ohne sofort belagert zu werden. Und dann fragt man sich: Wofür das Ganze eigentlich?
Ich glaube, das ist auch einfach so eine grundlegende Philosophie. Es gibt eben unterschiedliche Menschen. Manche lieben das. Aber ich mache mir eher Gedanken um die, die damit nicht klarkommen, so wie ich damals. Man sieht es ja: Es gibt immer mehr Fälle von Suiziden, Drogenproblemen und all dem. Das betrifft meist die Menschen, die damit einfach nicht gut umgehen können.
Gleichzeitig gibt es natürlich riesige Stars wie Taylor Swift oder Harry Styles. Die scheinen es zu lieben, mega berühmt zu sein. Also, ich kenne sie natürlich nicht persönlich, aber so wirkt es.
Am Ende ist es wohl einfach Typsache. Und ironischerweise ist es gerade bei besonders guten Songwritern oft so ein seltsamer Widerspruch: Sie sind tief verunsichert, sehr introvertiert, nicht unbedingt egozentrisch, aber stark mit sich selbst beschäftigt. Und dann schreiben sie diese großartigen Songs, werden berühmt und müssen dann irgendwie öffentlich sein. Das ist fast schon ein Klischee, aber es kommt wirklich oft vor.
Denn Menschen, die solche tiefgründigen Songs schreiben, tragen innerlich oft viel mit sich herum. Und dann müssen sie raus in die Welt und sind dabei eigentlich sehr verletzlich. Und genau das lieben wir ja als Publikum. Wir sehen da jemanden, der emotional ist, der offen zeigt, wie sehr ihn Dinge berühren. Gleichzeitig ist diese Person ein Star, sieht cool aus, trägt tolle Kleidung. In ihrem Inneren kann das jedoch ein echter Kampf sein. Aber natürlich kommt der Job auch mit Privilegien, es ist nicht so, als ob man in einem Bergbau arbeiten würde.
Du hast zeitweise zwischen zwei Welten gelebt. Tagsüber konntest du ganz normal in den Supermarkt gehen und abends hast du dir die Bühne mit den größten Rockbands der Welt geteilt, zum Beispiel wart ihr mehrmals mit den Rolling Stones auf Tour. Hattest du jemals so etwas wie eine Mentorenfigur aus einer dieser Bands? Gab es jemanden, der dir geholfen hat, dich in der Rockwelt zurechtzufinden?
Nicht wirklich. Ich wünschte irgendwie, ich hätte eine gehabt. Es gab sicherlich Produzenten, die so eine Rolle eingenommen haben. Mit Mick Jagger hab ich ziemlich viel Zeit verbracht, aber ich würde nicht sagen, dass er mein Mentor war. Ich konnte ihm Fragen stellen und so. Und Ray Davies, die Gallaghers... Ich glaube, das war das Lustige daran: Die Bands aus unserer eigenen Generation haben uns kaum anerkannt, aber die älteren Typen — die mochten, was wir gemacht haben, und die haben unsere Wurzeln und Einflüsse verstanden. Denn in mancher Hinsicht haben wir damals etwas gemacht, das viel authentischer an die Stones angelehnt war als bei vielen anderen Bands, auch wenn wir gar nicht wie die Stones klingen.
Aber ja, Ray Davies war oft in der Nähe, weil wir in seinem Studio aufgenommen haben. Er war, und ist, einer meiner absoluten Helden.
Aber weißt du, er ist ziemlich grummelig und gibt nicht gerade gerne Ratschläge. Einen musikalischen Mentor zu haben, wäre wirklich schön gewesen. Weil mein Vater nicht da war, hatte ich nie wirklich eine stabile männliche Bezugsperson in meinem Leben. Wahrscheinlich habe ich deshalb ein paar Dinge falsch gemacht. Aber so ist das eben.
"Es ist viel schwerer, fröhliche Songs zu schreiben."
Weil du gerade ältere Einflüsse erwähnt hast – also Menschen, zu denen die ältere Musiker-Generation noch einen Bezug hat: Du hast ja mal gesagt, dass Bob Dylan dich beeinflusst hat. Hast du das Biopic "A Complete Unknown" gesehen?
Ja, habe ich. Ich hatte tatsächlich richtig Glück und durfte zur Premiere in London gehen, was echt cool war. Ich war danach total nerdig drauf, aber die Leute, mit denen ich da war, hat das irgendwie nicht groß interessiert. Ich fand aber, dass der Film richtig gut gemacht war. Sie haben ein paar wirklich interessante Themen aufgegriffen. Zum Beispiel, dass sie die Angst vor einem Atomkrieg und die Kuba-Krise eingebaut haben – das fand ich ziemlich klug, weil es uns daran erinnert: Das, was gerade auf der Welt passiert, ist gar nicht unbedingt neu. Andere Generationen hatten dieselben, wenn nicht sogar noch schlimmere Sorgen. Und ich fand das eine schöne Botschaft, ob das nun beabsichtigt war oder nicht.
Dylan hat mich schon als Kind total inspiriert. Und ich finde, der Film hat auch dieses Thema berührt: wie einsam es ist, ein Genie zu sein. Der Typ ist wirklich ein echtes Genie. Er sagt ja selbst, dass er nicht weiß, woher diese Songs kamen – das ist verrückt. Aber dann hat er Gott gefunden, was ich irgendwie großartig finde. Ich mag seine Alben "Slow Train Coming" und "New Morning" total, die Zeit, in der er Gott gefunden hat – richtig starke Platten.
Ich glaube, er hat mal gesagt, er hatte einfach eine Vision. Jedenfalls haben sie im Film sehr schön gezeigt, dass er ein schwieriger Typ ist, aber eben auch, wie einsam das ist. Es ist einfach einsam, wenn man in einer ganz anderen Liga spielt. Was er gesagt hat, das hat einfach alles durchtrennt, wie ein Messer durch Butter. Da war dieser kleine, seltsame Typ und er war so ein bisschen der Außenseiter. Das mochte ich auch immer an ihm. Er war nicht besonders gut aussehend. Klar, er war auch cool, aber nicht im klassischen Sinn. Er stand auf alte Musik, richtig alte Dust-Bowl-Sachen, und hat die der neuen Generation nähergebracht, ohne dass er das überhaupt richtig versucht hätte. Er ist einfach ein wirklich cooler, einzigartiger Mensch.
In dem Song "Never Know" vom neuen Album singst du "the times are changing but you stay the same". Ist das eine Anspielung auf Dylan?
Ja, das ist es schon. Wenn man so eine Zeile schreibt, weiß man, dass Leute automatisch an "The Times They Are A-Changin'" denken werden. Mein Gedanke dahinter war, dass sich im Grunde nicht viel verändert hat. Schon in den Sechzigern dachten viele, es könnte jeden Moment vorbei sein. Um glücklich zu sein, muss man nicht die Welt ausblenden, aber man sollte sein Glück in den kleinen Dingen suchen. Wir leben in einer Zeit, in der jeder Einzelne das Gefühl hat, die ganze Last der Welt tragen zu müssen – vor allem junge Menschen. Aber wir sind nicht allein verantwortlich für die menschliche Natur. Was zählt, ist, im eigenen Leben das Beste zu geben. Und ja, ich glaube immer noch, dass es mehr gute als schlechte Menschen gibt. Der Song sagt im Grunde: Es ist okay, das alles auch mal loszulassen, wenigstens für einen Tag.
Ich kann diesen Wunsch nachvollziehen, die Welt retten zu wollen. Aber der kann auch ganz schnell zur Last werden.
Genau. Wenn du mit Leuten sprichst, die in ihren Teenagerjahren oder Anfang zwanzig sind, dann spürt man diesen riesigen Druck, alles richtig zu machen und eine große Sache zu vertreten. Aber nicht jeder will das. Schau dir Bob Dylan an: Der hat gesagt, was er zu sagen hatte – aber er rennt nicht herum und sagt allen, wie sie leben sollen. Er sagt einfach: Das hier ist meine Sicht. Und das ist viel cooler, als belehrend zu sein. Die Leute können seine Ratschläge auf ihre eigene Weise nutzen, aber er urteilt nicht über andere. Weißt du, was ich meine? Wer sind wir, dass wir über andere urteilen? Man weiß nie, was bei anderen los ist.
Hast als Jugendlicher diesen Druck auch so gefühlt, oder war das damals anders?
Hm, ja, es war anders. Wenn man jung ist, ist man wahrscheinlich idealistischer, aber ich weiß nicht ... Es war einfach eine andere Zeit. Wir hatten eine Phase des Friedens, zumindest im Großen und Ganzen. Klar, es gab immer Dinge, die passiert sind. Wir hatten 9/11 und den ganzen Kram, alle haben George Bush gehasst, und viele dachten, die Welt geht deswegen unter. Aber trotz allen Umständen war für mich Musik immer eine Zuflucht. Das Schöne an Musik ist, dass sie dich aus dem ganzen Scheiß rausholt. Sie gibt dir die Möglichkeit, etwas Spirituelleres zu berühren, etwas weniger Hartes. Und das ist gut.
Manche Künstler gehen ja in die andere Richtung und äußern sich sehr klar zu gesellschaftlichen Themen. Hast du manchmal das Gefühl gehabt, dass du in deinen Songs das benennen musst, was in der Welt falsch läuft? War das je eine Überlegung oder war es eine bewusste Entscheidung zu sagen: Nein, das ist nicht unser Ding?
Ja. Also ich habe ja zum Beispiel "Cumbersome Fracture", das ist ein sozialkritischer Song. Es ist ein bisschen surreal formuliert, aber das Konzept dahinter dreht sich um die Informationskrise – dass man heutzutage einfach nicht mehr weiß, was Wahrheit ist. Jeder hat eine Meinung und behauptet, genau die Wahrheit zu kennen, und dann sagt jemand etwas völlig Gegenteiliges.
Also ja, ich mache das schon, aber ich versuche, eher wie Bob Dylan ranzugehen: Die Worte offener zu halten, weniger wertend. Denn ehrlich gesagt ist es sehr einfach, negativ zu sein. Es ist viel schwerer, etwas wirklich Freudvolles zu erschaffen. Es kostet viel mehr Energie, etwas zu schaffen, das dieses Gefühl vermittelt. Und ich versuche eben, diesen schwierigeren Weg zu gehen.
Zum Schluss noch eine ganz leichte Frage: In "All Over the World" singst du: "I'm so sorry, babe, but you missed the point of life." Was ist für dich der Sinn des Lebens?
Oh wow, der Sinn des Lebens (lacht)! Das ist eine immerwährende Frage. Ich glaube, in gewisser Weise macht man ihn sich selbst. Ich betrachte das eher auf einer metaphysischen Ebene. Ich glaube, in der heutigen Zeit ist es etwas sehr Sinnvolles, Dinge für andere Menschen zu tun – selbst wenn es nur die eigene Familie ist. Wenn Menschen von dir abhängig sind, gibt das dem Leben eine Art Bedeutung in einer Welt, die sonst nicht viel Sinn bietet. Solche Dinge, wie den Abwasch zu machen ... Ich glaube, in gewisser Weise ist für mich der Sinn des Lebens an diesem Punkt Dankbarkeit. Der ganze Sinn davon, dass wir hier sind – dass das Universum sich selbst erlebt –, ist, dankbar zu sein. Auch wenn es nur für einen kurzen Moment ist. Unsere Existenz ist alles andere als selbstverständlich und gerade deshalb so besonders.
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