laut.de-Biographie
Yagya
Klischees bezüglich Island gibt es viele: Geysire, Strong Men, Vulkane, Fisch, Kälte, Abgeschiedenheit. Kulturell bekam der gemeine Mitteleuropäer bei Fußball-Europameisterschaften außerdem noch ein "Huh!" ins Wohnzimmer geliefert.
Musikalisch taucht der Inselstaat im Nordmeer dennoch verdächtig häufig auf der Landkarte auf. Zu der allgegenwärtigen Björk gesellt sich eine Reihe recht bekannter Künstler:innen, die man bei einer Einwohnerzahl von gerade mal 336.000 nicht vermuten würde: Zum Beispiel Emiliana Torrini, Ólafur Arnalds, Sigur Rós, Gus Gus, Sólstafir oder Of Monsters And Men, um nur die bekannteren zu nennen.
Neben diesen sollte man auch ein gewissen Aðalsteinn Guðmundsson nennen. Während seiner Zeit als Informatik-Student tüftelt er unter dem Namen Yagya an entspannten Sounds, die sich im weiten Feld zwischen Ambient und Dub-Techno bewegen. Guðmundsson selbst nennt das "introverted techno music" oder "armchair techno. Man zappelt also nicht hyperaktiv durch die Gegend, lauscht man seinen entspannten Tracks.
Inspiration für seine hallend wummernden Soundscapes findet er in der Natur. Das liest man auch an den Titeln seiner Alben ab. "Rhythm Of Snow" oder "Rigning" (Regen) lauten diese etwa. Musikalische Brüder im Geiste sind DeepChord, Philip Glass, Basic Channel oder Brian Eno.
Harte Beats sind dagegen nicht so sehr Yagyas Metier, vielmehr fließen seine Produktionen stetig dahin. Wer der Hektik des Alltags entfliehen möchte, findet in seinem Katalog den Soundtrack. Bereits 2002 erscheint sein Debüt "Rhythm Of Snow", das gleich Aufmerksamkeit erregt. Im Gegensatz zu so manchen Elektrotüftlern versteht Guðmundsson Alben nicht als notwendiges Übel. Zwar fummelt auch er an Remixen, konzentriert sich bei seinen Arbeiten aber auf das große Format.
2006 folgt das hochgelobte "Will I Dream During The Process?", mit dem er seine Fanbase noch einmal ausbaut. Mit dem 2009er "Rigning" lässt er einen weiteren instrumentalen Hochkaräter folgen und richtet sich in der Folge neu aus: Für das Album "The Inescapable Decay Of My Heart" setzt Yagya vermehrt auf Gesang, was manche seiner Fans jedoch cheesy und kommerziell finden.
Den teils harten Widerspruch scheint er sich zu Herzen zu nehmen und verbannt die Vocals von ihrer prominenten Position: Zwar hört man auch auf dem 2014er-Album "Sleepygirls" Gesang, aber lange nicht so prominent platziert wie noch auf dem Vorgänger. Daran knüpft auch der Nachfolger "Stars And Dust" von 2016 an.
"Stormur" konzipiert Yagya anlässlich seines vierzigsten Geburtstages dann als einen einstündigen Mix. Jedoch zeigt er sich mit dem Ergebnis nicht ganz zufrieden, er arbeitet noch ein weiteres Jahr an dem Werk. Schließlich erscheint "Stormur" 2019 und stellt seine bisher geradlinigste und technoideste Veröffentlichung dar.
Wieder zurückgenommener und entspannter klingt er dann unter Zuhilfenahme von melancholischen Streichern und lyrischen Spoken Words auf dem ein Jahr danach veröffentlichten "Old Dreams And Memories". Das Album stellt zugleich den ersten Release auf seiner eigenen Plattenfirma Small Plastic Animals. Mit "Always Maybe Tomorrow" folgt ein Jahr später die nächste Veröffentlichung: Vier Tracks, die einerseits von seiner typischen Dub-Techno-Signatur leben, andererseits eine gewisse Weiterentwicklung erkennen lassen.
Für sein nächstes Studioalbum "Faded Photographs" holt sich der Isländer trotz erneuter Fankkritik eine Vielzahl an Gastsänger*innen und Gastinstrumentalist*innen wie Benoit Pioulard, Bandreas oder Óskar Guðjónsson ins Studio. Die Platte erscheint 2023 und bietet eine Menge Melancholie. Allzu viel Privates dringt derweil nicht aus dem Yagya-Camp an die Öffentlichkeit. Eigener Aussage zufolge verbringt er seine Tage mit Arbeit, Träumen und zu viel Schokolade. Und wer dem Herrn etwas Gutes tun möchte, stecke ihm am besten Kinderschokolade zu. Auf die fährt er besonders ab.
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