13. April 2018
"Ich bin Maynards Dienstleister"
Interview geführt von Manuel BergerWir trafen APC-Mastermind Billy Howerdel zum Gespräch in Berlin und sprachen mit einem beinahe schüchternen, dafür aber sehr angenehmem Dialogpartner über ein neues A Perfect Circle-Kapitel.
Während alle Welt mokiert, wie lange Tool für ihre neues Platte brauchen, verkommt beinahe zur Randnotiz, dass A Perfect Circle sogar noch länger kein richtiges Album mehr veröffentlichten. Mit "Eat The Elephant" beenden sie kommenden Freitag die fünfzehnjährige Durststrecke seit dem letzten komplett eigenkomponierten Werk "Thirteenth Step" – einem Alternative Rock-Meilenstein. Während Sänger Maynard James Keenan sich über die Jahre mit seinem Weingut und Puscifer bei Laune hielt, tauchte APC-Mastermind Billy Howerdel weitestgehend unter. Wir trafen ihn in Berlin, wo er unter anderem von seiner veränderten Kompositionsweise erzählte.
Etwas geschlaucht ist Billy Howerdel schon, als wir ihn zum Gespräch in einem Berliner Hotel treffen. Zwei volle Arbeitstage residiert der A Perfect Circle-Hauptkomponist in dem ausladenden Raum mit zickender Heizung und beantwortet Frage um Frage zum ersten Studioalbum seiner Band seit dem 2004 erschienen "eMOTIVe". Keenan ist nicht vor Ort – weiter als bis London wagte er sich nicht auf den europäischen Kontinent vor, schuld daran könnten die zum Zeitpunkt unseres Interviews bereits laufenden Tool-Aufnahmesessions gewesen sein.
Howerdel lenkt das Gespräch aber immer wieder von selbst auf seinen Sänger. Auch ihm ist der Respekt für den kauzigen Perückenträger deutlich anzumerken. Letztlich erfahren wir von ihm vielleicht sogar mehr über Big Maynard als dieser selbst in einem Interview preisgegeben hätte. Howerdel erweist sich als zwar kurz angebundener, beinahe schüchterner, dafür aber auch sehr angenehmer Dialogpartner. Er scheint sich wohl zu fühlen mit seiner Rolle im öffentlichen Hintergrund – obwohl A Perfect Circle im Endeffekt mehr sein als Maynards Baby ist.
Vierzehn Jahre sind seit "eMOTIVe" vergangen, zehn seit "Ashes Divide". War es nach all der Zeit schwieriger, wieder in den Schreibprozess zu kommen oder sich an die Pressetermine zu gewöhnen?
Billy Howerdel: Ach, in den Schreibprozess kommt man schnell. Er hat ja nie wirklich aufgehört. Etwa vor einem Jahr ging es dann an die Entscheidung, welche der alten Entwürfe auf das Album sollen.
Das Instrument Klavier ist sehr dominant auf "Eat The Elephant". Wie kam es dazu?
Vor etwa fünf Jahren habe ich die Gitarre ganz bewusst für eine Weile in die Ecke gestellt. Ich wollte sehen, was herauskommt, wenn ich am Klavier komponiere. Es ging um einen neuen Ansatz.
Das heißt, der Großteil des neuen Materials entstand am Klavier?
Ja, bis auf zwei Songs vielleicht.
Du hast dich kürzlich als Filmkomponist versucht. Ich schätze, auch diese Erfahrung hatte Einfluss auf dein Songwriting?
Definitiv. Du hast andere Klangfarben, andere Herangehensweisen – nicht nur an die Musik, sondern auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit anderen. So war ich noch besser gerüstet, Grundlagen zu schreiben, die wiederum das Beste aus Maynard herauskitzeln würden. Denn das Prinzip ist ähnlich: Du versuchst, die Gefühle des Regisseurs in den Film zu bringen.
Aber ist es bei The Perfect Circle nicht eher umgekehrt? Beim Film hast du bereits eine Grundlage, auf der du komponierst, in der Band musst du quasi erahnen, welche Grundlage Maynard passen könnte.
Aber in beiden Fällen schreibst du für etwas. Ich sehe mich als Dienstleister, der Maynard ermöglicht, seine beste Leistung abzurufen. Wenn er zu einer Idee sagt "Ich mag es, aber höre nichts Besonderes darin", dann muss ich eben tiefer eintauchen und herausfinden, auf was er anspringt. Dahingehend sehe ich die Parallele.
Für mich ist besonders der experimentelle Abschlusssong "Get The Lead Out" von Filmmusik inspiriert. Liege ich damit richtig? Es ist ein Mood-Piece.
Nee, das ist einfach nur das letzte kleine Stück, das ich für das Album geschrieben habe, erst vor kurzem, im Dezember oder Januar.
Oh, der ist ja noch ziemlich frisch. Dann lief die Abstimmung mit Maynard wohl recht flott? Ich schätze, das ist nicht die Regel oder?
Nein. Aber bei einigen Songs geht es durchaus mal schnell. Nimm "The Doomed" als Beispiel. Der Song entstand aus einem 60-sekündigen Mini-Stück, das ich für den Filmsoundtrack geschrieben hatte. Ab dem Zeitpunkt, an dem Maynard sagte "Machen wir einen ganzen Song daraus, dauerte es glaube ich drei Tage, bis er fertig war. Alles passte. Aber sowas passiert doch eher selten.
Angeblich hat Dave Sardy, der die Platte produzierte und auch bei den Arrangements half, viele zusätzliche Schichten, die du ursprünglich für die Kompositionen angedacht hattest, wieder heraus geschnitten.
Naja, viele waren es nicht. Aber zum Beispiel reduzierte er die Synkopen, gestaltete die Tracks insgesamt etwas einfacher. Ich glaube jeder Musiker verfügt über eine eigene innere Uhr, jeder favorisiert gewisse Schlagzeiten. Und das hört man. Gewissermaßen hörte er die Songs etwas traditioneller als ich.
Unterscheidet sich das Endresultat dadurch arg von dem, was du ursprünglich im Kopf hattest?
Schon, wobei ich nur bei einer Handvoll Songs tatsächlich ein Endresultat im Kopf hatte. Viele Entwürfe halte ich anfangs offen, um genau sowas zu vermeiden. "TalkTalk" hatte ich als Demo quasi fertig, doch Maynard fand rhythmisch keinen gesanglichen Zugang dazu. Letztlich änderten wir die Taktart von 4/4 zu 3/4 – ein gravierender Wandel!
Wie genau habt ihr das angestellt? Habt ihr etwas vom ursprünglichen Pattern weggeschnitten oder es umgebaut?
Wir haben erst eine Zählzeit abgeschnitten. Aber dadurch änderten sich natürlich die Drums und ich musste auch das Riff anpassen. Im Original war das Tempo höher – wir verlangsamten das Stück, jetzt klingt es zwar genauso schnell, aber das Riff ist anders. Das war schon eine Herausforderung. Im Grunde ist es ein neuer Song.
Wurden solche Änderungen geändert bevor Maynard hinzukam oder ging es öfter hin und her zwischen ihm und dir?
Diesmal gab es weniger Hin und Her als in der Vergangenheit. Bei "Get The Lead Out" sang er etwa bereits zu einem anderen Song. Moment, ich gehe mal eben das Album im Kopf durch ... nein, ich glaube, sobald er Gesang beigesteuert hatte, änderte sich kein Song mehr drastisch.
Du hast eben die Drums angesprochen. Sie sind neben Klavier und Gesang vielleicht das wichtigste Element des Albums. Sie halten die Songs mehr denn je zusammen, wie ich finde, und geben ihnen oft ein charakteristisches Feel. Statt mit einem festen Drummer zu arbeiten, habt ihr diesmal mehrere engagiert. Warst du verantwortlich fürs Schreiben der Drum-Parts?
Ja, normalerweise stammen die Parts von mir. Einige stampften wir aber wieder ein, um zu sehen, welche Ideen der jeweilige Drummer selbst hat. Das variierte stark von Song zu Song. Bei "The Doomed" klingen die tatsächlich eingespielten Schlagzeug-Tracks fast exakt wie die zuvor von mir programmierten. "By And Down The River" dagegen änderte sich komplett. Wenn ich mich recht entsinne, spielt hier Matt Chamberlain. Er hatte den Original-Track nicht mal gehört, sondern baute seinen von Grund auf neu.
Warum wolltet ihr überhaupt mit mehreren Drummern arbeiten?
So hast du mehr Farben. Jeder hat seine eigenen Stärken.
"Ich hörte Chester in dem Song"
Der Titeltrack "Eat The Elephant" stand scheinbar schon unabhängig von A Perfect Circle, weil ursprünglich du ihn gesungen und darin den Suizid zweier Freunde verarbeitet hast.
Textlich ging es nicht einmal darum, aber ich wollte ihn zu Ende bringen. Wenn so etwas passiert, tendieren wir alle dazu, uns zu verkriechen. Ich sah es als Fingerzeig, meinen Arsch hochzukriegen und dieses Ding zu beenden, weshalb ich mit Chester von Linkin Park als Co-Komponist daran arbeitete. Er hatte mich gefragt, ob ich an einem Song für das neue Linkin Park-Album mitschreiben möchte und das sollte der Song werden. Aber wir sind nie zusammengekommen. Er ging von uns. Dennoch wollte ich das Stück dann zu Ende bringen, um zu verhindern, dass ich nicht ins Sofa falle und ... verstehst du?
Auch dieser Song änderte sich, als Dave Sardy und Maynard dazustießen.
Ja, die Herangehensweise änderte sich. Dave veränderte die Notenstruktur ein wenig, vereinfachte die Akkorde, nahm einige Vintage-Synthesizer-Sounds raus und fügte sehr interessante Schlagzeugspuren hinzu. Das Drumming unterscheidet sich stark von dem, was ich ursprünglich geplant hatte. Er machte eben, was ein guter Produzent macht: Er formte aus etwas Gutem etwas Großartiges.
Und die Lyrics?
Die Lyrics haben mit meinen ursprünglichen rein gar nichts mehr zu tun. Wir nahmen sie komplett raus, damit Maynard nicht davon beeinflusst wird.
Komponierst du anders, wenn du weißt, dass Maynard darauf singen soll? "Eat The Elephant" ist ja mit anderem Hintergedanken entstanden.
Es fühlte sich anfangs an wie ein Song für Ashes Divide. Dann kontaktierte mich Chester. Ich ging mein Material durch und überlegte, ob ich etwas Frisches schreiben oder an etwas weiterarbeiten sollte, das ich bereits hatte. Ich beschloss, ihm diesen Song zu präsentieren. Wenn er etwas darin gesehen hätte, wäre es seiner gewesen. Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie hörte ich ihn dabei mitwirken ...
Mit "So Long, And Thanks For All The Fish" findet sich auch euer bisher wohl poppigster Song auf dem Album – was vor allem an den Vocals liegt. Hattest du dir den Song so vorgestellt? Denn mit dem Instrumental an sich hätte man auch in eine andere Richtung gehen können.
Der Song ist in Dur geschrieben, was schon eher ungewöhnlich für mich ist. Aber auch dieses Stück war ursprünglich für Ashes Divide gedacht. Er hätte gut zu einigen anderen Songs gepasst, die ich für Ashes gesammelt habe. Mich interessierte jedoch, was Maynard davon halten würde. Also zeigte ich ihm den Song, er nahm sich einen Moment Zeit und präsentierte eine Idee, die er umsetzen wollte. Das Endergebnis entspricht dieser Idee ziemlich genau. So läuft es beileibe nicht immer. Oft denkst du, etwas wird einen gewissen Gang nehmen, aber sobald du tiefer einsteigst, entwickelt es sich doch in eine andere Richtung. Was den Inhalt angeht, ist "So Long..." ein ziemlicher Brocken ... sehr düster.
Das wollte ich ohnehin ansprechen. Es geht teilweise um die Besessenenheit von Schönheitsidealen und Personenkult oder? Er singt von "plastic surgery", erwähnt einige berühmte Todesfälle ... Maynard gibt ja nur ungern etwas über seine Texte preis, weshalb ich gar nicht nach einer Interpretation fragen möchte. Aber mich würde interessieren, ob du über diese Themen manchmal nachdenkst.
Das ist interessant – ich höre das nämlich gar nicht im Song. Ich höre etwas ganz anderes.
Nämlich?
Ich möchte niemanden beeinflussen! (lacht) Aber wie gesagt ist es ziemlich harter Tobak und ein sehr interessanter Ansatz in Kombination mit der musikalischen Grundlage.
Hast du Einblicke in die Bedeutung von Maynards Texten?
Nur wenn er sie mir vorstellt. Ich muss sie nicht kennen. Wenn er mir erzählt, worum es geht – super. Wenn nicht – auch super. Denn im Endeffekt zieht jeder andere Schlüsse. Eben hat man es doch schön gesehen: Deine Interpretation ist eine ganz andere als meine und vielleicht auch Maynards. Das Schöne an Musik ist, dass sie stets ein persönliches Erlebnis für jeden von uns ist. Sobald wir etwas veröffentlichen, ist es nicht mehr nur unseres. Wir können nichts mehr daran ändern, es liegt vor, um von der Welt interpretiert zu werden.
Meine Interpretation ist eine Verbindung zum Album-Artwork. Denn das ist nicht gerade das, was man als "schön" bezeichnen würde. Es ist merkwürdig und bewusst hässlich. Wie ist das entstanden?
Das Artwork ist Maynards Baby. Das ergibt Sinn, immerhin ist es mit dem Titel verbunden und der Titel mit den Texten, die er geschaffen hat.
"Wer zuerst zum Handy greift, zahlt das Essen!"
Vor ein paar Jahren wolltet ihr statt einem Album eine Reihe EPs vorlegen. Warum lief es letztlich doch auf eine LP hinaus?
Maynard wollte diese Richtung einschlagen, aber dann zogen die Jahre ins Land. Seit wir vor etwa anderthalb Jahren wieder konkrete Gespräche führten, ging es immer nur um ein Album. Ich persönlich bevorzuge es, eine Gruppe von Songs als Album zu veröffentlichen, statt zum Beispiel eine Triple-Single.
Warum?
Es gibt einfach mehr zu sagen, als ein oder zwei Songs ausdrücken könnten. Ein Album hat mehr Grundlage und Tiefe. Veröffentlichst du separat, besteht die Gefahr, mehr als nötig in ein Stück zu pressen. Umgekehrt fände ich aber anderthalb Stunden als Lauflänge zu lang, dann könnten die Lücken zu groß werden. 90 Minuten empfinde ich als zu lang, 20 als zu kurz. Vielleicht liegt es schlicht an unserer musikalischen Sozialisierung, aber für mich ergibt es Sinn, in der Spanne von etwa zwölf Songs einen kompletten Gedanken abzudecken.
Apropos Gedanken: Bei den Live-Shows vergangenen Herbst standen bereits zwei Songs in der Setlist, die nach wie vor nicht als Singles veröffentlicht sind – "Hourglass" und "Feathers". Warum habt ihr ausgerechnet diese beiden live gespielt?
Das waren zwei der ersten Songs, zu denen Maynard den Gesang fertig hatte. "Feathers" war der erste, danach kam "Hourglass". Als die Tour losging hatten wir die Songs noch nicht mal aufgenommen, es gab nur Demos. Die Gelegenheit war einfach da, sie auszuprobieren. Es war ein Test.
Die Aufnahmen fanden also hauptsächlich nach Ende der Tour statt – abgesehen von "The Doomed"?
Ja, "The Doomed" kam im September. Wann ich ihn aufgenommen habe, weiß ich gar nicht mehr genau. Es war auf jeden Fall Frühling. Dieses Stück ist also schon fast ein Jahr alt.
Der gesamte Recording-Prozess erstreckte sich also über beinahe ein Jahr, wenn ihr "Get The Lead Out" gerade erst komplettiert habt. Üblicherweise spielt man ein Album doch in einer Session ein.
Naja, der Prozess an sich lief recht normal. "The Doomed" machten wir früher fertig, weil wir ihn als Single vor unserer Herbsttour veröffentlichen wollten. Auch bei "Disillusioned" haben wir den Mix vorgezogen. Aber den Rest der Songs packten wir zusammen, damit wirklich das Gefühl eines kohäsiven Album entsteht. Das hilft dabei, zu erkennen, wohin die Sequenz dich führt.
Zurück zu den Live-Shows: Eure No-Phone-Policy hat einige Leute verärgert, aber ich schätze ihr werdet erstmal nichts daran ändern, oder?
Klar stößt das einigen sauer auf, aber ich höre tatsächlich mehr unterstützende Worte als negative. Ich glaube, viele sind sogar dankbar für einen telefonfreien Raum.
Sollte diese Handhabe deiner Meinung nach zum Standard für Konzerte werden?
Nein, es sollte dem Künstler überlassen sein. Weißt du, wir mieten den Saal. Unser Promoter handelt einen Deal mit dem Venue aus, wir bezahlen Geld, also gehört der Raum für eine Nacht uns. Bei einem Broadway-Stück läuft das doch genauso. Da ist es eigentlich selbstverständlich, dass Aufnahmen jeder Art untersagt sind. Du bist dort, um in diesem Moment mit uns zu sein. Für uns ergibt das Sinn.
Man könnte es auch mit einem Restaurant-Besuch vergleichen: Dort bezahlst du auch, hältst dich aber an Regeln wie das Rauchverbot.
Ganz genau! Du kommst ja quasi in unsere temporäre Mietwohnung.
In "Disillusioned" singt Maynard: "It's time to put the silicon obsession down". Vielleicht ist es wieder nur meine Interpretation, aber könnte er hier auch Smartphones meinen?
Na klar.
Denkst du, wir verlieren heutzutage die Connection zu anderen, indem wir dauernd digital connected sind?
Ja, es ist schwer das zu verhindern. Ich glaube, jeder in der modernen Welt fällt diesem Phänomen irgendwie zum Opfer. Jetzt ist die Zeit, das zu beobachten, denn der Wandel ist in vollem Gange. Es verändert die Art, wie wir ticken und es braucht eine Weile, bis man davon loskommt. Ich persönlich habe tatsächlich auf Tour den geringsten Kontakt zu meinem Telefon. Jeder, der mich braucht, weiß dann, wo ich stecke, oder weiß, wen er neben mir anrufen muss, um mich zu erreichen. Das ist ein ganz anderes Gefühl als im Alltag. Ich würde sagen ich fühle mich ... weniger besorgt?
Es hat etwas Schönes, davon loszukommen. Aber andererseits bin ich vermutlich eine der technikvernarrtesten Personen, die du je treffen wirst. Ich stehe total auf solche Sachen. Aber ich sehe auch, was es mit mir macht. Und ich sehe, was es mit Menschen in meinem Umfeld macht. Wie bei allem anderen gilt auch hier: Maßhalten ist wichtig. Davon sind wir aber weit entfernt, wir verlassen uns total auf unsere Geräte.
Ich beobachte in letzter Zeit bei mir in L.A. trotzdem, dass viele Leute versuchen, bewusst Abstand zu gewinnen. Wir machen manchmal ein Spiel: Handys kommen in die Mitte des Tisches und wer zuerst schwach wird und danach greift, zahlt das Essen. Es ist hart! Wenn das Verlangen wächst, setzt du eine Menge Geld aufs Spiel. (lacht)
Wer verliert meistens innerhalb der Band?
Im Bandrahmen spielen wir das selten, aber zum Beispiel wenn ich mit Bekannten Abendessen gehe. Wenn der Babysitter anruft, macht man vielleicht mal eine Ausnahme, aber sonst – keine Chance! (lacht)
So langsam müssen wir leider schon zum Ende kommen. Hast du eigentlich Zukunftspläne für Ashes Divide?
Keine konkreten Pläne, aber definitiv die Intention. Gestern Nacht habe ich mir zum Beispiel Gedanken darüber gemacht, welche Songs vielleicht in Frage kämen.
Also Material existiert bereits?
Ja. Einige Songs von "Eat The Elephant" waren ja ursprünglich für Ashes Divide gedacht. So drei bis fünf habe ich deswegen rausgenommen. Aber ich habe andere Songs, die stattdessen ihren Platz einnehmen werden.
Willst du das Projekt weiterhin allein betreiben?
Weiß ich noch nicht. Ich überlege, statt mir selbst vielleicht einen anderen Sänger singen zu lassen. Die Idee gefällt mir, allerdings habe ich noch nicht die richtige Person dafür gefunden. Es gestaltet sich auch deshalb schwierig, weil ich keine Eile verspüre, etwas zu veröffentlichen. Ich möchte, dass es organisch passiert. Wenn sich nichts ergibt, werde ich vielleicht auch einfach wieder selbst singen.
Weißt du, ich vermisse die Position, die ich bei A Perfect Circle inne habe. Hier spiele ich Gitarre, konzentriere mich auf die Atmosphäre und mache vielleicht noch etwas Backup. Ich hätte nichts dagegen, beim nächsten Ashes-Album vielleicht 30 Prozent der Vocals selbst zu übernehmen und den Rest an jemand anderen zu übergeben.
Wenn du dir einen Sänger aussuchen könntest, wen würdest du nehmen?
Schwierig. Ich sollte eine Antwort darauf haben, denn es würde wahnsinnig vereinfachen, mich auf das zu fokussieren, was ich will. Aber ich weiß es nicht. Ich möchte auch gar keine klare Vision diesbezüglich haben. Ich möchte offen sein für ... jemanden.
Die nahe Zukunft gehört ohnehin erst einmal A Perfect Circle. Fürchtest du manchmal, dass die Reunions von Tool und Smashing Pumpkins euch im Weg stehen könnten?
Im Weg stehen sie nicht wirklich. Über eine potentielle Smashing Pumpkins-Reunion spreche ich mit James (Iha, Bassist; Anm. d. Red.) schon lange. Das stand schon eine Weile zur Debatte und die Verhandlungen gingen immer hin und her. Ich freue mich total für ihn. Er ist echt stolz darauf, möchte dort weitermachen und das sollte er auch tun. Was Tool angeht: Ich kenne ihren Prozess nicht und versuche, mich dort komplett rauszuhalten. Ich warte einfach darauf, dass Maynard mir sagt, wann er Zeit hat, und respektiere jede Entscheidung, die er dahingehend trifft.
Nervt dich, dass die Öffentlichkeit sich gerne auf Maynard und die Achse Tool einschießt und dabei den Rest der Band etwas aus den Augen verliert?
Nee, ich kann es nachvollziehen. Das Augenmerk liegt immer auf dem Sänger. Ich selbst bin da auch nicht anders. Wenn du sonst nicht viel über die Band weißt, nimmst du normalerweise an, dass der Sänger im Zentrum steht. Und es gibt eine Menge Tool-Fans dort draußen, ich bin einer von ihnen. Sie sind eine tolle Band und auch ich bin gespannt, woran sie werkeln.
Im Sommer stehen einige ausgewählte Shows in Europa sowie Festival-Auftritte an. Plant ihr abgesehen davon noch eine "richtige" Tour?
Naja, in den USA haben wir ja schon eine zehnwöchige hinter uns. Im April und Mai gehen wir nochmal für drei Wochen raus, bevor wir für einen Monat nach Europa kommen. Aktuell besprechen wir die Phase danach – wann und wo es hingeht. Südamerika, Australien, Japan existieren ja auch noch. Konkret ist noch nichts.
1 Kommentar
"Das Artwork ist Maynards Baby." Man kann nur hoffen dass Tool ...