laut.de-Kritik
"Fuck, we gonna play all our songs"
Review von Michael NeradIn wenigen Augenblicken wird Finian Grennall alias Fink mit seiner Band die Bühne im Zürcher Jazzclub Moods im Schiffbau betreten. Erst Anfang letzten Jahres hat Fink seine beiden Plattenspieler gegen eine klassische Gitarre eingetauscht und das renommierte Londoner Electro Label Ninja Tune - Pionier im D'n'B- und Breakbeat Bereich - davon überzeugt, die erste klassische Singer/Songwriter Platte der Label Geschichte zu veröffentlichen.
Weg von den Turntables, hin zur Klampfe: Ein erstaunlicher Weg, den UK-Elektro-Frickler Fink da einschlägt. Zum Glück. Finks Debut Album „Biscuits For Breakfast“ ist ein kleines bescheidenes Meisterwerk in puncto Songwriting und dezenter minimalistischer Instrumentalisierung. Vertraut und innovativ. Blues und Soul, John Martyn meets DiAngelo, Ben Harper auf Valium oder doch vielleicht Jose Gonzales im Regen von Brighton?
Gespannt sind wir und zugegebener Maßen ein wenig skeptisch ob es den Musikern gelingt die subtile Energie der beiden Alben auf der Bühne live umzusetzen. Und wie. Gleich zu Beginn die gleichnamige B Seite der Single des ersten Albums „Biscuits for Breakfast“. Das funktioniert. Akustische Gitarre, Bass und Drumset. Beeindruckend Greenalls Gitarrenspiel. Hier wird der Einfluss aus dem schwülen amerikanischen Delta spür- und hörbar, wo die Gitarre Rhythmus-, Melodie- und Percussioninstrument zugleich ist. Minimalistisch groovendes Schlagzeug und sanft verschobene Basslines, erinnern immer noch an die Elektro-Wurzeln der Musiker. Dieser eigenwillige Stil Finks überzeugt und begeistert vor allem bei „Pretty little thing“.
Die zunächst sympathisch, zurückhaltenden Briten tauen zunehmend auf und freuen sich, hier und heute das letzte Konzert eines, für die Band so ereignis- und erfolgreichen Jahres zu spielen. Die Distanz zum Publikum im bestuhlten Moods schwindet im Laufe des Abends fast vollständig, und man ist sich gewiss, dass sich alle Anwesenden, auf und jenseits der Bühne, hier verdammt wohl fühlen.
„If only“, eine perfekte Ballade, singt Fink ohne Band, nur von seiner Gitarre begleitet – Jetzt kann Weihnachten kommen. Fink bewegt sich geschmeidig durch einen akustischen Downbeat, der mehr als nur guter Background für seine kleinen Geschichten und seine knurrigen "Yeah Yeahs" ist. Die witzigen Anekdoten, die die Songs einleiten werden immer ausführlicher, so zum Beispiel zu „Sorry I’m Late“ wo Fink von seinem noch gar nicht so lange aufgegebenen Büroalltag erzählt. "So Long" hat viel von den elektronischen Roots Finks, während "Kamylin" eine soulig, bluesige Downtempo Nummer der Extra-Klasse ist. Und dann ist da noch "All Cried Out". Fink übersetzt den Alyson-Moyet-Klassiker in den amerikanischen Süden, in den Blues des Mississippi-Deltas ohne je die britische Melancholie zu verlieren: Erstaunlich, dass das so ohne weiteres funktioniert.
„Fuck, we gonna play all our songs – for the last time this year“ ist die Ansage als sich das Konzert dem Ende nähert. Die Musiker haben sichtbaren Spaß bei der Arbeit auf der Bühne, wirken inzwischen gelöst und entspannt und geben zu unserer großen Freude fünf Zugaben, inklusive einer unglaublich überzeugenden Version des Kraftwerk Klassikers „Das Modell“
Nach zwei guten, beeindruckend intensiven Stunden verlassen zwei frischgebackene Fink-Fans das Moods, voller Vorfreude auf die Tour im kommenden Jahr.