laut.de-Biographie
Fink (UK)
Dass Finian Greenall 2006 die Akustikklampfe als Stilmittel wiederentdeckt, hätte ein paar Jahre zuvor wohl kaum jemand erwartet. Schließlich wendet er sich bereits als Teenager von der Gitarre und der englischen Indieszene ab und wird fortan eher mit Rave, Elektro, Downtempo und Trip Hop in Verbindung gebracht. Folgerichtig erscheint 1995 in Kollabroation mit Hefner "Extra Vehicular Activity" auf Kickin? Records, was für beide erst der Anfang ihrer Karriere darstellen sollte.
Greenall bringt sich mit jenem Projekt namens EVA bei Ninja Tune ins Gespräch, deren Sub Ntone ihn 1997 als Trip Hop-Künstler ins Boot holt. Unter dem Pseudonym Fink erscheinen zwei EPs ("Finkfunk" 1997 und "Front Side Blunt Side" 1998) und nach der Jahrhundertwende schließlich sein Solodebüt "Fresh Produce", das deutlich ruhiger angelegt ist als die Outputs seiner übrigen Labelkollegen um Coldcut, Amon Tobin und Konsorten, von der Fachpresse jedoch weniger begeistert angenommen wird. Der Platte fehle es an Profil und Innovation.
Es ist zwar rein spekulativ, ob dies der Grund dafür ist, weshalb Fink in der Folge mehr oder weniger von der Bildfläche verschwindet, Fakt ist allerdings, dass es ganze sechs Jahre dauert, bis der Nachfolger erscheint. In der Zwischenzeit verdingt sich Greenall hier und da als DJ und Remixer und veröffentlicht mehrere EPs und 12" unter seinem Alter Ego Sideshow auf Simple Records. Allerdings verliert er an DJing und samstäglichen Tagesausflügen in Plattenläden mehr und mehr die Lust, hört sich gleichzeitig aber immer weiter ins Singer/Songwriter-Metier hinein, was sich 2006 schließlich in "Biscuits For Breakfast" entlädt.
Die Platte erscheint diesmal sogar beim großen Bruder Ninja Tune direkt und beschreibt eine 180°-Wendung, die in dieser Form keineswegs alltäglich ist. Unter anderem inspiriert von John Lee Hooker, Joni Mitchell oder auch Beck nimmt der Ambient und Trip Hop-Künstler Fink seine Akustikgitarre wieder in die Hand und wird in weniger als einer Dekade ein ernstzunehmender Singer/Songwriter. Verstärkt durch Guy Whittaker am Bass und Tim Thornton am Schlagzeug singt Fink warm, direkt und greifbar über Liebe, Leben und alles, was dazu gehört, ohne dabei in Sentimentalitäten zu verfallen.
Das kommt an, nicht nur bei Nitin Sawhney, der Fink engagiert, mit ihm zusammen bei den Electric Proms, einem großen Festival der englischen BBC aufzutreten, sondern auch bei Henry Binns und Sam Hardaker von Zero 7, die ihn einladen, als Support ihrer UK-Tour aufzutreten. Weitere Festivalauftritte z.B. beim Big Chill, Fruitstock oder Bestival folgen. Und Fink bekommt nicht genug, er verfällt dem Applaus des Auditoriums, den er als deutlich intensiver und persönlicher erachtet als den Applaus, den ein DJ nach dem Ende seines Sets bekommt.
Vielleicht macht er sich deswegen zügiger an die Arbeit als zuvor. Nach einem Gastspiel auf Bonobos "Days To Come" wirbt Greenall Andy Barlow von Lamb an. Der produziert das 2007 erscheinende "Distance And Time", das dem neu eingeschlagenen Weg ungebrochen folgt. Dass Fink immer mehr Menschen erreicht, beweist nicht zuletzt die Tatsache, dass die Leadsingle der Platte, "This Is The Thing", Teil einer Mastercard-Werbeaktion im britischen TV wird.
Warum er seinen Song für diese Werbung zur Verfügung gestellt hat, verrät Fink erfrischend unironisch und ehrlich: "Das Geld! Selbst wenn sie gefragt hätten, ob sie es umsonst benutzen können, hätten wir wahrscheinlich zugestimmt, weil es im Prinzip wie eine TV-Werbung für den Song ist, ohne dafür zahlen zu müssen."
Mit den Studioplatten "Sort Of Revolution" (2009) und "Perfect Darkness" (2011) sowie zwei Live-Alben bleibt er nicht nur dem bewährten Label Ninja Tune, sondern auch seiner produktiven Linie treu. Nach diversen Soundtrack-Arbeiten wie etwa für "12 Years A Slave" und einem Umzug nach Berlin-Kreuzberg erscheint im Sommer 2014 mit "Hard Believer" sein fünftes Werk als Singer/Songwriter. Der Nachfolger "Horizontalism", der ein Jahr später auf den Markt kommt, fällt wieder deutlich elektronischer aus und bewegt sich irgendwo zwischen Dub-Techno, Dancehall und Blues.
"Fink's Sunday Night Blues Club, Vol. 1" von 2017 steht schließlich ganz in der Tradition des letztgenannten Genres. Das noch im gleichen Jahr veröffentlichte "Resurgam" entsteht dann gemeinsam mit dem Depeche Mode- und U2-Produzenten Flood und stellt eine Hinwendung zum Punk dar, ohne das Bluesige zu vernachlässigen. Der fungiert auch für "Bloom Innocent" von 2019 als Impulsgeber und Sound-Tüftler. Das Album markiert eine Hinwendung zu atmosphärischeren Tönen à la Talk Talk. Letzten Endes kann man sich sicher sein, von Fink nie ein Album zweimal serviert zu bekommen.
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