9. Mai 2007

"Wir jagen, töten, kochen und essen!"

Interview geführt von

Nein! Mit Finntroll ist nicht zu spaßen. Mit Trollen generell nicht. Diese Wesen streifen durch die finnischen Wälder, wo sie jagen und töten, was sie finden, um es danach zu verspeisen.Mit ihrem Album "Ur Jordens Djup" kamen die zotteligen Mannen aus dem struppigen Wald heraus, um die Metal-Welt mit ihrer einzigartigen Kreation aus angeschwärztem Metal und Humppa heimzusuchen. Doch nicht bloß darüber steht mir Felledrescher Beast Dominator Rede und Antwort. Vielmehr erklärt er mir die Funktionsweise des "Trollhorn-Filters", äußert sich über das zwiespältige Verhältnis zu Korpiklaani und überlegt, wie man den jungen und hübschen Neuzugang Vreth am besten verderben könnte, um aus ihm auch äußerlich einen richtigen Troll zu machen.

Dass Beast Dominator und seine Bandmitglieder außerdem höchst trinkfeste Zeitgenossen sind, ist ohnehin kein Geheimnis. Wo sonst gibt es auf Tourneen eine allabendliche TequilaWodkaRedbullJägermeisterBier-After-Show-Party? Eben!

Hallo! Wie geht es Vreth? Hat er sich bei euch schon gut eingelebt?

Er hat sich perfekt eingelebt. Er hat den Job, den er bekommen hat, erstaunlich gut übernommen, wenn man sich die Umstände ansieht. Wilskas Platz zu übernehmen, ist keine einfache Sache. Trotzdem überlegen wir ständig, wie wir in verderben können. Er ist viel zu jung und hübsch …

Ich nehme an, ihr habt Grund, zufrieden zu sein mit seiner Perfomance auf "Ur Jordens Djup".

Definitiv. Er hat einen unglaublichen Job gemacht und sogar an Teilen des Prozesses des Songwritings und der Produktion mitgewirkt. Also ja: wir sind höchst zufrieden.

Was waren Wilskas Gründe, Finntroll zu verlassen?

Alles persönliche Gründe. Sagen wir einfach, die Dinge haben sich aufgeheizt bis zu dem Punkt, an dem wir zwei Optionen hatten: Wilska gehen lassen oder aufhören.

Wenn ich Finntroll höre, muss ich immer an garstige Trolle denken, die durch die finnischen Wälder streifen und Streiche aushecken. Liege ich damit total daneben?

Wir hecken keine Streiche aus. Wir jagen, töten, kochen und essen.

"Ur Jordens Djup" klingt viel wütender und düsterer als das Material zuvor. Wie kam das?

Das ist es, wie Finntroll heute klingen. Nach all der Scheiße, die wir die letzten fünf Jahre durchgemacht haben, entschieden wir, das neue Album nicht in ein Format hineinzupressen, wie wir das mit "Nattfödd" gemacht haben. Wir ließen einfach los und machten das Album so, wie wir wollten und wie wir uns im jeweiligen Moment fühlten.

"Es kann niemals genug Rum, Whiskey, Wodka und Bier geben"

Wer war am Songwriting beteiligt? Wart ihr wieder alle im Prozess involviert wie bei eurem vorigen Release?

Trollhorn, Tundra und Routa haben das Songwriting übernommen. Alle haben teilgenommen im Arrangement und eigene Ideen und "Gewürze" in diesen Mix eingebracht. Ich selbst war etwas mehr im Hintergrund, weil ich zu beschäftigt bin, um 24/7 im Studio zu sitzen.

Ihr seid im September ins Studio gegangen und habt jeden Tag viel Zeit damit verbracht, an eurem Album zu arbeiten. Seid ihr nun mit dem Endprodukt zufrieden?

Total zufrieden. Wir hatten einige Zeitprobleme und so weiter, aber am Ende klang das Album dann besser, als wir es erwartet hätten. Es ist großartig geworden.

In einem Interview meinte einer von euch, dass jeder Song durch den "Trollhorn-Filter" müsse. Was ist damit gemeint – ist er das kritischste euer Mitglieder?

Trollhorn ist der Hauptverantwortliche für den Finntroll-Sound. Er als der am meisten gebildete und als sehr talentierter Musiker. In der Band erwirkt er Wunder mit der Orchestrierung und den Keyboard-Arrangements. Ohne Keyboards wären Finntroll nichts als schlechter, trauriger Punk-Rock. Der Trollhorn-Filter ist also Teil des Prozesses, in dem ein typischer Metal-Song in einen Finntroll-Song transformiert wird; nicht, in dem ein Song disqualifiziert oder akzeptiert wird.

Laut dem Studiotagebuch auf eurer Homepage war eure Arbeit ziemlich von Katerstimmungen beeinflusst. Stehen da zu viele Rumfässer bei euch herum?

Es kann niemals genug Rum, Whiskey, Wodka, Bier und so weiter geben. Alkohol war immer schon ein großer Teil des Lebens von Finntroll, und die Katerstimmung ist der produktivste Zustand, den ein Troll haben kann.

In wie weit lebt eure Musik von den Persönlichkeiten ihrer Musiker?

Sehr stark, würde ich sagen. Wir kommen alle von verschiedenen musikalischen Backgrounds mit unterschiedlichen Attitüden. Das wirkt sich aus, denke ich.

Niemand würde sagen, eure Musik sei gewöhnlich. Wie erklärst du dir eigentlich die wachsende Anzahl an Finntroll'scher Humppa?

Es ist cool zu sehen, wenn Leute unsere Einflüsse aufpicken. Wir sind stolz und fühlen uns geehrt. Erklären kann ich es trotzdem nicht.

Ihr habt mal euer ambivalentes Verhältnis zu Korpiklaani angesprochen. Einerseits wärt ihr Freunde, andererseits jedoch keine Fans ihrer Musik?

J. Järvelä besitzt noch immer Geld von mir für ihr erstes Album, das ich für Korpiklaani gespielt habe. Ich würde das wirklich gerne mal geklärt bekommen, vor allem, da er ein guter Freund von mir war. Musikalisch halte ich Korpiklaani für einen dicken, fetten Finntroll/Turisas-Verschnitt.

Habt ihr eigentlich etwas Spezielles für euer 10-jähriges Jubiläum geplant, das ja ansteht?

Ja, wir planen schon ein paar Dinge. Wir denken da an eine Art von Finntroll & Friends-Ding/Festival mit all unseren Freunden, die wir über die Jahre getroffen haben und die eingeladen wären, auch zu spielen. Mehr Info folgt.

Eure Lyrics handeln meist von Religion, Heidentum, skandinavischen Legenden, alten Göttern … und natürlich von Trollen. Wie sieht das auf der neuen Scheibe aus?

Das ist eine Erzählung über historische Kämpfe zwischen Hexen und Schamanen. All das braute sich im kranken Kopf unseres originalen Vokalisten Katla zusammen, der die ganzen Lyrics fürs neue Album geschrieben hat. Die Geschichte des Königschamanen von Trolls Rivfader setzte sich fort.

Gibt es eigentlich schon ein neues Video?

Das Video zu "Nedgång" ist schon fertig und steht auf Youtube.

"Was mit der Earthshaker Tour passiert ist, war totaler Bullshit"

Jetzt geht es los auf Tour. Was gefällt dir mehr: Im Studio zu stehen oder auf der Bühne zu stehen?

Wir alle wissen mittlerweile, was mit der Earthshaker Tour passiert ist. Das war totaler Bullshit. (Die Tour wurde auf halbem Wege abgesagt wegen mangelnder Vorbereitungen und Organisation seitens des Veranstalters. Im Package mit dem Headliner Finntroll waren die Apokalyptischen Reiter, Tarot, After Forever, All Ends und Machine Men eingeplant.) Wir sind definitiv mehr Live-Band und lieben es, on the road zu sein.

Was bedeutet es für dich, auf der Bühne zu stehen?

Das ist, was mich am Laufen hält. Das Adrenalin. Es bedeutet, den Drive, den ich für Musik habe, auf der Bühne mit Freunden und der Menge zu teilen. Es ist wirklich wichtig für mich.

Diesmal werdet ihr auch nach Japan kommen. Freust du dich schon darauf?

Jep. Sehr sogar! Wir hatten unsere Augen schon lange auf das Land der aufgehenden Sonne fixiert und nun passiert es endlich. Wir werden sehen, wie die Resonanz ist.

Erzähl bitte mal, wie ein typischer "On-Tour-Tag" im Falle von Finntroll aussieht!

13 Uhr: Aufwachen.
13.15 Uhr: Frühstück (meist irgendetwas Nettes vom Lidl).
14 Uhr: Die erste Flasche Rotwein wird geöffnet und konsumiert, einige Biere werden ebenfalls genossen.
15.30 Uhr: Soundcheck (wenn wir Headliner sind. Wenn nicht: mehr Rotwein und mehr Bier wird konsumiert. Möglicherweise kombiniert mit ein bisschen Zeit für Tourismus in der Stadt).
17 Uhr: Abendessen.
17.30 Uhr: Die erste Flasche Wodka wird geöffnet.
23.30 Uhr: Showtime.
1 Uhr früh bis 7 oder 8 Uhr morgens: TequilaWodkaRedbullJägermeisterBier-After-Show-Party. Für gewöhnlich in einem Bus.

Was sind die Dinge, die du auf Tour vermisst, und was genießt du am meisten?

Ich genieße die Shows und andere Orte zu sehen. Ich vermisse heiße Duschen, mein Sofa und mein Heimkino, meine drei Katzen und natürlich meine Frau.

Vielen Dank für das Interview!

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LAUT.DE-PORTRÄT Finntroll

Wie sagte so ein Dicker in blau-weiß gestreiften Hosen immer? "Die spinnen, die Römer." Zweifellos lässt sich diese Aussage auch auf die Finnen übertragen.

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