Kollegahs "Boss-Gebote" waren gestern, zum Glück. Hier kommen die "zehn Bitch-Gebote". Klingt furchtbar, ist aber ein verblüffend gutes Buch.

München (dani) - Jesusmaria! Katja Krasavice, YouTuberin und neuerdings "Rapperin", die mit auf Fickpuppe modifizierter Optik und pornösem Content Bekanntheit erlangt hat, verfasst die "Bitch Bibel" (riva Verlag, 208 Seiten, gebunden, 19,99 Euro). Mit Hilfe von Co-Autorin Johanna Völkel dröselt sie ihre Kindheit und Jugend auf und beleuchtet ihren bisherigen beruflichen Werdegang. Analog zu Kollegahs "zehn Boss-Geboten" formuliert sie die gewonnenen Erkenntnisse zu "zehn Bitch-Geboten": Das kann ja eigentlich nur furchtbar werden.

Festhalten, jetzt: "Bitch Bibel" ist ein gutes Buch. Das liegt vor allem daran, dass es zwar in Form und Aufmachung Parallelen zu Kollegahs Anleitung zum Unglücklichsein zeigt, tatsächlich aber die genau gegenteilige Botschaft in die Welt schreit: Pass' dich nicht an. Bleib' dir selbst treu. Erfolg, Geld, Fame, Follower: alles schön, alles möglicherweise erstrebenswert - aber nicht um jeden Preis.

Klingt banal?

Finde heraus, was du magst, was du gern tust, und dann tu' genau das. Für dich selbst, für niemanden sonst. Mach' dich von niemandem abhängig. Auch, wenn das alles relativ banal klingt, umreißt das doch ziemlich genau, was man jedem Mädchen bedenkenlos mit auf den Weg geben möchte - und jedem Jungen übrigens auch. Dass diese Tipps eine schönheitsoperierte Barbie mit plakativ zu Markte getragener Vorliebe für erniedrigenden SM-Sex erteilt, mag auf den ersten Blick merkwürdig erscheinen, macht die Ratschläge an sich aber kein Stückchen schlechter.

Überhaupt nicht weinerlich oder dramatisch, stellenweise schon fast bedenklich nüchtern erzählt sie vom jähen Ende einer vordergründig behüteten Kindheit, von der Verurteilung ihres Vaters wegen Kindesmissbrauchs, vom Tod zweier Halbbrüder, von Mobbing, Einsamkeit, der verzweifelten Jagd nach Anerkennung, von Kompensationsversuchen und dem Abrutschen in die Sexsucht. Hemmungslos und ungeschönt schreibt sie über unbefriedigende bis unschöne sexuelle Erfahrungen und die Lehren, die sie für sich selbst daraus zog. Auch von ihren zahlreichen Schönheitsoperationen berichtet sie schonungslos und ohne Verklärung. Das muss man schon wollen.

Einblicke in die Maschinerie

Niemand, der klaren Verstandes und mit einem halbwegs funktionierenden Gehör gesegnet ist, kann Katja Krasavice als Musikerin besonders ernstnehmen. Sie gibt über mittelmäßigen Beats, die sie nicht selbst produziert hat, Texte zum Besten, die sie nicht selbst geschrieben hat, und das mit äußerst limitierten Gesangs- und Rap-Skills. Sie verkauft jedoch die Grütze, die dabei herauskommt, wie geschnitten Brot. Mit den Mechanismen im YouTube- und Musik-Business kennt sie sich also aus, was sie locker dafür qualifiziert, genau darüber zu schreiben. Auch hierbei geht sie komplett unromantisch und schonungslos zu Werke.

Natürlich bietet dieses Buch keinen literarischen Hochgenuss. Die Sprache wirkt häufig aufgesetzt, bemüht auf krass getrimmt und entsprechend ungelenk. Etliches wiederholt sich, Katja Krasavice dreht sich oft genug im Kreis. Andererseits vermittelt ihre "Bitch Bibel" aber tatsächlich einen sehr greifbaren Eindruck von der Frau hinter der Fassade - und die wirkt unerwartet reflektiert, angenehm geerdet und, ja, verdammt sympathisch.

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laut.de-Porträt Katja Krasavice

Neben Youtube, Rap und Sexbildern ist Katja Krasavice vor allen Dingen eines: Geschäftsfrau. 2018 präsentiert die geborene Tschechin ihre ersten Videos.

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