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Fazit

Wenn wir irgendetwas lernen, dann die Wichtigkeit von Strategie bei so etwas. Am Ende haben wir hier ja Aussage gegen Aussage: Drakes Pädophilen-Shit und Kendricks geschlagene Frau und das fremde Kind. Ich gehe mal so weit und hoffe, dass einfach beides Blödsinn ist, der weder bewiesen wird noch bewiesen werden kann. Aber Kendrick hat das alles einfach klüger gespielt. Sein Set-Up war kompetenter, er hat die Samen früher gelegt, er hatte den stärkeren Vorwurf, die besser konstruierten Tracks und wusste, wie er den meisten Affekt rausholt. Drake hatte mit "Pushups" in meinen Augen wahrscheinlich sogar den besten Track, aber hat nach Kendricks Großoffensive einfach nicht mehr die Kontrolle über das Narrativ zurückbekommen. Ob und inwiefern das jetzt großen Schaden für seine Karriere bedeutet, werden wir sehen. Indes, zu diesem Thema:

Alphonse Pierre spricht mir in diesem Artikel ein bisschen aus der Seele. Ich habe schon viel mit Mirco darüber geschrieben, der das sehr anders sieht, aber: Mir ist irgendwie nach "6:16 in Los Angeles" die Freude an alledem ein bisschen abhanden gekommen. Mir kommt es vor, als wäre das alles sehr von Negativität getrieben, sehr verbissen und ernst. Mir macht dieses ganze Moralisieren keinen Spaß, von wegen "du bist ein schlechter Mensch", "nein, du bist ein schlechter Mensch", wobei es doch offensichtlich um nichts anderes geht als um zwei Superstar-Egos, die ihren Konkurrenten uncool finden.

Das sind zwei erwachsene Männer, die ihre jeweiligen Familien bis aufs Blut beleidigen. Den Grund dafür könnte wahrscheinlich niemand so richtig erklären. Die Songs sind voller Bullshit und offensichtlicher Lügen. Und von Drake dachte ich eh nie, dass er trotz seiner Hits ein guter Mensch wäre. Nein, der Kerl hat Issues, das ist doch klar. Mein Bild von Kendrick ist in diesem Battle aber tatsächlich irgendwie schlechter geworden.

Erstmal: Mir kommt es wirklich so vor, als ginge es weniger um Freude an Kendrick als um Hass auf Drake. Das ist alles YouTube-Drama und die Freude daran, dass eine Person, mit der das Leben es bisher zu gut gemeint hat, mal so richtig auf die Fresse kriegt. Und Kendrick erschrickt mich damit, wie populistisch er den Leuten genau das gibt, was sie haben wollen. Ich habe ihn immer als jemand wahrgenommen, der die Sachen ein bisschen aus einem anderen Winkel angehen würde, als man es erwarten würde. Hier ist er zwar weiter virtuos in der Umsetzung, aber inhaltlich sind das alles Facebook-Kommentare.

Dazu sein stetig gehobener Zeigefinger über Moral und Gott, das kommt mir regelrecht konservativ vor. Ich weiß nicht. Vielleicht bin ich auch einfach weiterhin komisch drauf damit, aber ich bin kein Fan von dieser Spektakelsehnsucht und auch nicht so begeistert wie andere darüber, dass jetzt Leute zurück in die Hip Hop-Szene gucken, weil prominent geprügelt wird. Ich erwarte nicht, dass die dann plötzlich wieder flammendes Interesse an interessanteren Themen haben werden.

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2 Kommentare mit 5 Antworten

  • Vor einem Monat

    Werd ich mich wahrscheinlich erst in Gänze mit beschäftigen, wenn der ganze Kaffee kalt genug für ein paar Eiswürfel ist. Nur zu dem Halbsatz "...das kommt mir regelrecht konservativ vor" eben mein Senf:
    Ja sicher, das fängt bei ihm aber doch auch nicht erst in diesem Beef jetzt an, oder? Ein gar nicht mal so kleiner Teil von Mr. Morale war doch auch schon so "Asoziale Medien"-Kritik der eher plumpen Art, dann noch umweht von Cancel-Culture-Ablehnung nebst demonstrativem Kodak Black Feature.

    • Vor einem Monat

      Man muss hier auch noch erwähnen, dass Kendrick KEIN linker Künstler per se ist. Ja, er setzt sich für POC ein und ist gesellschaftskritisch in seinen Texten, dennoch hat er die typisch amerikanischen Werte des Neoliberalismus verinnerlicht. Das mag beim ersten Hören nicht so durchschimmern, wird aber bei genauerer Betrachtung ersichtlich.

    • Vor einem Monat

      Da ist es wieder das allerliebste Schlagwort der heutigen Linken: Der allumfassend böse "Neoliberalismus"

      Wenn man es sich in der sozialen Hängematte eines alimentierten öffentlichen Postens bequem gemacht hat, spricht dich sowas immer leicht, andere müssen ein derartiges Dasein aber erst einmal erwirtschaften.

    • Vor einem Monat

      Der Troll aus dem Ur-Schrank. Fantasy für Idioten.

    • Vor einem Monat

      @Kubischi
      Kendrick ist politisch generell schwer einzuordnen. Gerade auf der zweiten Hälfte von Mr.Morale gibt es wieder einige Aussagen, die denen von dir genannten widersprechen.
      Viel seltsamer finde ich Yanniks Aussage, dass er eh schon wusste, dass Drake ein Unsympath ist. Ich meine, bei all den mindestens fragwürdigen Beziehungen zu minderjährigen/jungen Frauen...das kommt mir in der Kolumne im Vergleich zu Kendricks konservativen Tendenzen etwas zu kurz.

    • Vor einem Monat

      "Wenn man es sich in der sozialen Hängematte eines alimentierten öffentlichen Postens bequem gemacht hat, spricht dich sowas immer leicht, andere müssen ein derartiges Dasein aber erst einmal erwirtschafte"

      Na ja, und dass das so ist, haben wir in erster Linie Neoliberalismus und Kapitalismus zu verdanken.

      Vor allem verstehe ich diese hirnrissige Argumentation nicht: Andere Leute müssen hart arbeiten wie mich, der vermeintlich privilegiert ist? Und das muss ich gut finden? Hä? Oder es ist gut, dass andere hart arbeiten, während ich vermeintlich faul bin?

      Oder was ist dein Punkt? Das viele Menschen es so schwer haben, liegt nicht am Kommunismus, weil der ist, auch wenn es die Konservativen immer so behaupten, gerade nicht am längeren Hebel. Eigentlich überhaupt nicht. Die Ampel macht an vielen Punkten sogar dieselbe Politik, die eine große Koalition gepullt hätten.