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Gewaltfantasien

Das Gefühl, etwas verpasst zu haben, beschlich mich die Tage auch, als ich bei den Kolleg*innen von Watson über eine deutsche Rapperin namens Zsá Zsá las, die angeblich "als eine Art Sprachrohr für die jüngeren Generationen" gilt. Okay, zu denen gehör' ich zwar definitiv nicht mehr. Trotzdem: Wieso ist denn so vollkommen an mir vorbeigegangen, dass es die gibt?

Uh, okay. Das ... gibt mir jetzt gar nix, außer harte Ikkimel-Hypetrain-Trittbrettfahrer-Vibes. Da ich aber, wie gesagt, keine Ahnung habe, ob die hier die Welle nicht vielleicht schon länger reitet, bin ich diesbezüglich besser still. Ich find' zwar Track wie Video brunzlangweilig, bin aber ja auch ganz offensichtlich (so ich je dazugehört habe) schon lange nicht mehr Zielgruppe, und selbiger könnte man leicht eine dämlichere Botschaft mit auf den Weg geben, als ein selbstbewusstes "Baby, es geht dich nichts an was ich anzieh', ich weiß genau all dein Frust und dein Hass ist, weil du Opfer mich niemals abkriegst".

So weit, so okay-ish.

Gar nicht gut angekommen bei Zsá Zsás Zielgruppe ist dann aber ein Schnipsel, mit dem sie eigentlich Lust auf ihren neuen Song "Bad Bunnies" machen wollte. "Ich find' ein bisschen heiß, wenn er mir droht", rappt sie da. Really? In ihrer Kommentarspalte flogen prompt die Fetzen: Von bitteren Gratulationen zu dem Glück, offenbar noch nie missbraucht worden zu sein, bis hin zu offenem Ärger über die Romantisierung von Gewalt war alles dabei. Zsá Zsás darauffolgende Versuche, sich damit zu rechtfertigen, dass ihre Zeile mit erotischen Fantasien zu tun habe, die auszusprechen Frauen erlaubt sein solle, zogen bei ihren Fans auch nicht wirklich.

Wer danach ...

@zsazsainci

ich finds n kleines bisschen heiß wenn er…

♬ bad bunnies - Zsá Zsá

... noch Bock auf den kompletten Song hat: Den gibts heute Nacht. Ich werd' mir dann von der jüngeren Generation in Gestalt der wunderbaren Kollegin Lisa Rupprecht sachkundig erklären lassen, ob das was taugt.

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1 Kommentar mit 3 Antworten

  • Vor 11 Stunden

    Freundinnen von mir haben mir gelegentlich mal gezeigt, was die so für erotische Medien konsumieren. Und was in puncto Realitätsferne bei den Männern Brazzers usw. ist, ist wohl bei vielen Frauen halt Smut-Literatur sowie Mangas und Animes, in denen heiße Typen die weiblichen Protagonistinnen psychisch und sexuell misshandeln. Mit "50 Shades of Grey" ist da ein solches Werk mal an die Oberfläche geraten. Und das sind zu großen Teilen Werke, die von Frauen für Frauen geschrieben wurden.

    Ich finde das tatsächlich in einigen Punkten fataler als den gemeinen Porno, eben weil junge Mädchen im schlimmsten Fall darauf sozialisiert werden, dass das irgendwie eine Form der ästhetisch Erfüllung darstellt, wenn ein gutaussehender Mann innerhalb einer Beziehung dominiert und vor allem manipuliert. Und im Endeffekt beantwortet sich damit auch zu Teilen die Frage "Wie sind die in diese Situation gekommen und warum kommen sie nicht raus?" Ohne jetzt großflächig Victim Blaming betreiben zu wollen, gab es auch schon Konstellationen oder Typen in meinem Umfeld, wo ich mir dachte, mit ein bisschen Menschenkenntnis hätte man die Red Flags eigentlich nicht übersehen können.

    • Vor 10 Stunden

      ... vielleicht auch übersehen wollen... sehr krasser Kommentar, den ich gerade von dir mal nicht erwartet hätte...

    • Vor 10 Stunden

      Ich wünsche mir so sehr wie nur selten zuvor, dass hier jetzt mal 2-3 Frauen aus der laut.de-Community ernsthaft drauf reagieren...

      Nein, tatsächlich Frauen - nicht Männer, die sich als Frauen ausgeben...

      Ach damn...

    • Vor 6 Stunden

      Also bevor es jetzt zu Missverständnissen kommt, meine Intention war es tatsächlich nicht, eine Incel-Position zu reproduzieren. Ich hoffe, dass habe ich hier nicht unfreiwillig. Die Schuld bei missbräuchlichen Beziehungen liegt immer und ausnahmslos bei den Tätern.

      Aus meiner eigenen Lebenserfahrung kann ich dennoch berichten, dass es doch schon zu sehr verstörenden Situationen kam (oder mir davon berichtet wurde) und jene Frauen dann aber mehrmals mit diesen Typen wieder zusammenkamen. Einige dieser Männer waren für diese Umgangsformen in unserem kleinen Ort bekannt, was die Nachfolgerinnen, die dasselbe erleiden durften, nicht davon abhielt, sich auf ein Verhältnis mit ihnen einzulassen. Und in meinen Augen war der Faktor Pretty Privilege oftmals einer der entscheidenden, neben gezielter Manipulation. Und ja, ich habe versucht sowohl an den Tätern als auch Opfern zu appellieren, hat beides nicht gebracht. Weil Täter sich nicht als Täter sehen, und Opfer sich für eine lange Zeit nicht als Opfer sehen wollen. Mit den Leuten zu reden ist jeden Versuch wert, aber meinen Erfahrungen nach hat es leider nie viel gebracht.

      Ich hatte eine der besagten Freundinnen gefragt, die das Zeug bereits mit 13 konsumiert hatte, ob sie das im Hinblick auf ihre Partnerwahl als Jugendliche beeinflusst habe, und sie hat es bejaht.

      Was ich in eigener Recherche herausgefunden habe ist, dass Smut-Literatur und ähnliche Medien doch schon ordentliche Communities haben, also es ist kein allzu kleines Phänomen. Generell ist es schon verstörend, dass wir auf der einen Seite für Männer massiv Medien haben, die Frauen objektifizieren und für Frauen Medien existieren, in welchem ihre (nicht einvernehmliche) Objektifizierung als Kink ästhetisiert wird.