Fotos/Review: Fettes Brot sagen Adieu

“Fast die Party des Jahrhunderts”: In Berlin zelebrieren Björn Beton, Dokter Renz und König Boris ein letztes Mal ihre Vielseitigkeit.

Berlin (ros) - "Ich mach' hier nur noch meine Strophe fertig / Pack meine sieben Sachen und dann werd' ich / Mich zu meiner Freundin begeben, denn wenn man ehrlich gesteht / Sind solche netten, ruhigen Abende eher spärlich gesät!" Ein netter Abend? Stimmt. Aber ruhig spielt sich dieser gestern in der mit 12.000 Fans voll besetzten Max-Schmeling-Halle beileibe nicht ab. "Es wird fast die Party des Jahrhunderts, und wen wunderts?"

Back in the days

Wenn Fettes Brot ihr Konzert direkt mit "Jein" eröffnen, dann keinen mehr. Der Umstand, dass es an diesem Freitag ihr allerletztes in Berlin sein wird, lässt die Menge gleich zu Beginn noch ein bisschen lauter mitrappen und jubeln. Vergangenes Jahr gaben die Brote ihren Abschied Ende 2023 bekannt, entsprechend lautet das Motto ihrer Abschiedstour "Fettes Brot is history".

Vor dem Gig flimmert eine Fotoshow mit Bildern aus über 30 Jahren Bandgeschichte über die Leinwand. Zu sehen sind König Boris, Björn Beton und Doktor Renz unter anderem bei Videodrehs, ihren ersten Auftritten in kleinen Clubs und später dann bei Preisverleihungen. Der DJ legt Hits von den Beginnern oder "Reimemonster" von Afrob und Ferris MC auf. Klar wird in diesem Moment: Es erwartet uns feinster Rap aus der damaligen Hip Hop-Hochburg Hamburg.

Drei Tenöre von der Waterkant

Die drei Tenöre von der Waterkant grüßen zunächst von einem Fischkutter. Im Hintergrund erblickt man den Hamburger Hafen. Die Lichteffekte blitzen makellos zu den Beats und einzelnen Zeilen von Songs wie "Erdbeben", "Ich Liebe Mich" oder "Der Beste Rapper Deutschlands Bin Offensichtlich Ich". Die Führerkabine des Kutters leuchtet in unterschiedlichen Farben, daneben positioniert sich die Band: Saxophonist, Trompeter, Bassist, Gitarrist, Drummer und natürlich der langjährige Mann an den Turntables, DJ exel. Pauly.

Diese legen die imposante instrumentale Basis, um etwa Hits wie "Wackelige Angelegenheit" mit einem extra langen Outro zu garnieren. "Erdbeben" verwandeln die Musiker dann in ein Mash-up inklusive Blurs "Song 2", die Fans springen, und die Max-Schmeling-Halle bebt. Ob "Amsterdam", "The Grosser" oder "Für Immer Immer": Vom Hamburger Hafenfest bis zur bayrischen Berghütte haben die Brote für jede Gelegenheit einen passenden Hit im Gepäck.

Ein Ausdruck dessen, dass sich Fettes Brot in ihrer Karriere selbst nie zu ernst genommen haben. Sie konnten Geschichten erzählen ("Jein"), herumblödeln ("Nordisch By Nature"), kitschige Songs über die Liebe machen ("Denxu") oder raptechnisch einfach stylen und flexen ("Da Draußen"). In Letzterem heißt es: "Selbst Onkel Punkrock geht nach unserer Show am Stock / Drei kleine Scheißer laufen Amok mit'm Rammbock / Hamburgs Hip Hop-Dinosaurier, 92er Baujahr / Laden ein auf die tollere Party, auja."

Ein furioses Finale

Und bevor diese dann wirklich endet, läuten Dokter Renz, König Boris und Björn Beton noch mal ein Finale furioso ein. "Emanuela" bekommt wieder ein rockiges Outro verpasst, "An Tagen Wie Diesen" macht einen nicht nur aufgrund des Textes melancholisch: Für die Berliner Fans endet gleich eine Ära.

Zuvor grölen die 12.000 noch über elektronisch angehauchte Beats "Bettina, Zieh Dir Bitte Etwas An". Als krönenden Abschluss haben die Brote aber die Hymne "Schwule Mädchen" auserkoren, das Publikum mobilisiert noch mal alle Reserven und springt minutenlang durch die Halle. Klar, dass die Brote die Bühne eigentlich gar nicht mehr verlassen wollen. Doch plötzlich geht das Licht an: Björn Beton, Doktor Renz und König Boris verabschieden sich unter Jubel und Applaus endgültig.

"Ein Teil des Weges sind wir zusammen gegangen / Doch auch die schönsten Zeiten enden irgendwann / Niemand weiß, ob wir uns irgendwann zufällig irgendwo wiedersehen werden / Doch vielleicht ist das auch ganz egal / Denn klauen kann sie uns keiner, die Tage, die wir hatten", heißt es in "Denxu". Fettes Brot lässt grüßen.