Ein Jahr nach seinem Tod erscheint im Schwarzkopf & Schwarzkopf-Verlag ein 144 Seiten dicker Bildband über den enigmatischen Pink Floyd-Gründer Syd Barrett.
Konstanz (mis) - Ein Bildband von einem der größten Fotografen dieser Welt über eines der größten Songwriting-Talente dieser Welt liegt nun vor: "Syd Barrett - Der 'Crazy Diamond' von Pink Floyd", so der etwas bemühte Titel, lässt pünktlich zum einjährigen Todestages Barretts anhand Mick Rocks frühen Fotoarbeiten noch einmal mächtig Wehmut aufkommen.
Auf 144 Seiten (Schwarzkopf & Schwarzkopf, Hardcover, 29,90 Euro) versammelt Mick Rock rund 150 s/w- und farbige Abbildungen eines der kreativsten Köpfe der Psychedelic Rock-Bewegung Londons und ergänzt diese mit begleitenden Erinnerungen sowie dem letzten Barrett-Interview von 1971.
Bekannte Impressionen aus Roger "Syd" Barretts Wohnung am Earl's Court sind ebenso vertreten wie viele unveröffentlichte Fotos, beispielsweise aus Barretts Garten 1971, kurz bevor sich der LSD- und Mandrax-abhängige Musiker gänzlich aus der Öffentlichkeit zurück- und wieder zu seiner Mutter zog.
Der Londoner Mick Rock, der später für legendäre Rock'n'Roll-Albumcover verantwortlich zeichnete (Queen "Queen II", The Stooges "Raw Power"), freundete sich mit dem Pink Floyd-Gründer im Jahr 1966 an. Auch als Barrett von seinen Kollegen aufgrund psychischer Instabilität aus der Band geworfen wurde, hielt der Kontakt.
Rock macht keinen Hehl daraus, dass ihn auch Barretts Physis beeindruckte. Der Frauenschwarm war jedoch schon in Zeiten der frühen Pink Floyd-Erfolge im Londoner UFO Club mehr mit sich und den Lockungen der halluzinogenen Drogen beschäftigt.
Und so muss man gar nicht die später von seinen Pink Floyd-Kollegen für ihn komponierten Welthits "Shine On You Crazy Diamond" und "Wish You Were Here" beim Durchblättern des Bildbandes anhören oder sich Barretts späteres anonymes Einsiedlerleben auf dem Lande in Erinnerung rufen, um der Magie zu erliegen, die einer blühenden Jugend innewohnt.
Barrett, dessen Bohemian-Struwwelmähne und Kajalnutzung einen nicht unwesentlichen Eindruck auf den jungen Robert Smith hinterlassen haben muss, vermittelt auf den meisten Bildern einen selbstbewussten und gar nicht absonderlichen Eindruck.
Ob in Rocker-Posen auf seinem Pontiac-Cabrio oder barfuß auf den legendären orange-türkisfarbenen Dielen seiner Wohnung (Cover seines Soloalbums "The Madcap Laughs"), Barrett scheint die Atmosphäre des auf ihn fokussierten Moments zu genießen. Von Pete Doherty existieren sicher weniger derart professionelle Promofotos.
Zu den kuriosesten der Sammlung gehören sicher die Garten-Schnappschüsse des kurzhaarigen Barrett mit Ball und Tennisschläger aus dem Jahr 1971. Bei dieser Gelegenheit revanchierte sich der Musiker bei seinem Freund, indem er auch Mick Rock ablichtete.
Syd Barrett selbst erlebte die Veröffentlichung des Original-Bandes "Psychedelic Renegades" übrigens noch mit. Auf Anfrage von Rock, der ihn 33 Jahre nicht gesehen hatte, signierte Barrett vor drei Jahren 320 Exemplare der ersten Ausgabe des Buches. Er unterschrieb nur mit "Barrett", die Kunstfigur "Syd" legte er Anfang der 70er Jahre zusammen mit der Musik zu den Akten.
1 Kommentar
30 Jahre lang war der Urvater des psychedelischen Punks, der Hintergeist John Lennons oder David Bowies in Vergessenheit geraten. Ausser einigen Freaks kümmerte sich in der Medienwelt niemand um das gefallene Genie. Dann plötzlich erkennt ein smarter Musikheini das Potenzial des Crazy Diamond. Eine CD-Box wird veröffentlicht, ein Dokumentarfilm gedreht. Sogar die Ex-Floyds brennen sein Konterfei wieder auf die Konzertleinwände...
Er selber hat freilicht nichts mehr davon, da er bereits im himmlischen Chor befindlich neben Jim und Jimi und John und Nick und wie sie alle heissen auf die marktgeilen Gnomes hier unten spuckt
The diamond is dead, let him shine!