Porträt

laut.de-Biographie

Recoil

Als Alan Charles Wilder kommt der langjährige Keyboarder von Depeche Mode am 1. Juni 1959 im West-Londoner Stadtteil Hammersmith zur Welt. Er wächst in einer gut behüteten Familie der Mittelschicht auf, die ihm im Alter von acht Jahren Klavierstunden ermöglicht. Später kommt noch Flötenunterricht hinzu und mit diesen Skills ausgestattet wagt sich der Teenager auch in erste Schulbands. Später tritt Wilder in die Bands Daphne And The Tenderspots und The Hitmen ein.

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Vier Jahrzehnte nach "Just Can't Get Enough" halten Dave Gahan und Martin Gore die Legende zu zweit am Leben - als Lennon/McCartney des Synthie-Pop.

Als er 1981 nach einem Schnupperjob in einem Tonstudio eine Anzeige im Melody Maker entdeckt ("Keyboarder unter 21 Jahre für etablierte Band gesucht") macht er sich um ein Jahr jünger und bekommt den Job bei Depeche Mode, die mit ihm den abgewanderten Vince Clarke ersetzen. Nachdem Wilder zunächst nur der Status des Tour-Keyboarders zukommt, ist er ab dem dritten DM-Album "Construction Time Again" festes Mitglied und steuert sogar gleich zwei eigene Songs bei.

Ab 1985 tanzt Alan Wilder auf zwei Hochzeiten: In den Pausen zwischen den Albumaufnahmen seiner Hauptband konzentriert er sich auf sein eher zufällig ins Leben gestolperte Soloprojekt Recoil. Mal wieder ist es Mute-Labelchef Daniel Miller, der Ende 1985 die von Wilder aus Jux und Dollerei zusammengeschnippelten Klang- und Samplecollagen alter DM-Songs hört und sofort darauf besteht, diese unter einem Pseudonym zu veröffentlichen. Für schräge, von jeglichem Kommerz abseitige Töne ist dieser Mann schließlich seit seinem Labeldebüt mit Fad Gadget zu haben.

Das Album "1 + 2" erscheint 1986 und wird ausschließlich in Depeche Mode-Fanzirkeln diskutiert. Ähnlich ergeht es zwei Jahre später dem Nachfolger "Hydrology", der Recoil in der Szene den Ruf eines augenzwinkernden Horts abstruser Samples einbringt. Somit darf das Album "Bloodline" von 1992 als Geburtsstunde des Bandprojekts Recoil angesehen werden. Als sich Depeche Mode-Songschreiber Martin Gore nach dem weltweiten Ruhm der "Violator"-Scheibe 1991 eine längere Auszeit gönnt, hängt sich Wilder erstmals richtig rein und will mehr als nur neue Sample-Ketten erschaffen.

Der ausgebildete Pianist lädt sich Gastsänger/-innen ins Studio ein, die seine atmosphärischen Synthiekompositionen gekonnt veredeln. Hervorzuheben sind das von Moby gerappte (!) "Curse", das an Kraftwerk erinnernde "The Defector" und die Alex Harvey-Coverversion "Faith Healer" mit Nitzer Ebb-Sänger Douglas McCarthy am Mikro. Die bei Promotionauftritten für das Album beiläufig von Wilder eingestreuten Bemerkungen, die Aufnahmen zu "Bloodline" seien ihm wie eine Befreiung vorgekommen, lassen derweil erste Bedenken ob des freundschaftlichen Zusammenhalts seiner Hauptband aufkommen.

1995 folgt tatsächlich die Trennung: die zweijährige Mammuttournee von Wilders Hauptband hinterlässt vier ausgehöhlte und entfremdete Wracks, die am Ende nicht mal mehr der Kunst der gepflegten Konversation mächtig sind. In Wilder reift außerdem die Erkenntnis, dass die Zeit der demokratischen Arbeitsweise innerhalb eines Bandgefüges für ihn abgelaufen ist.

Recoil - Selected
Recoil Selected
An der Schnittstelle von Neu! und Massive Attack.
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Losgelöst von zeitlichem und kommerziellem Druck bastelt er nach dem Split an seinem Gastsänger-Konzept weiter und veröffentlicht 1997 mit "Unsound Methods" ein düsteres Seelenbekenntnis eines Klangfanatikers mit dem Hang zu außergewöhnlichen Vocal-Performances.

In die selbe Kerbe schlägt das drei Jahre später erscheinende, fünfte Album "Liquid", auf dem immer deutlicher wird, dass Alan Wilder die musikalische Ausdrucksform seiner kompositorischen Ideen gefunden und sich gleichzeitig vom Klangbild seiner Ex-Band um Lichtjahre entfernt hat. Trotz erneuten Einsatzes von Gastsängern, u.a. die Sprechkünstlerin Nicole Blackman und Diamanda Galas, eignet sich das Recoil-Projekt nach wie vor nicht als Tourkonzept, ganz zu schweigen davon, dass Wilder mit der Trennung von Depeche Mode auch gerade vom Lebensstil auf der Straße weg wollte.

So verwundert es niemanden, dass es auch nach der "Liquid"-Veröffentlichung lange Zeit ruhig um den Keyboarder bleibt. Selbst drei Jahre später lässt der Musiker nicht nach dem üblichen Arbeitsrhythmus von sich hören. Derweil streben seine alten Kollegen nach Sänger Dave Gahans erfolgreicher Drogen-Rehabilitation einem neuen Karriere-Höhepunkt entgegen.

Im Herbst 2006 meldet sich Wilder überraschend über die Video-Plattform Youtube zurück. Nach einer bewusst gewählten Auszeit vom Musikgeschäft und der Fokussierung aufs Familienleben mit seiner Frau Hepzibah Sessa und den beiden Kindern Paris und Stanley, habe er sich zunächst mit dem Fortschritt der Technik befassen und dann sein Homestudio updaten müssen. Außerdem wurde er im Zuge der im 5.1-Sound wieder veröffentlichten Depeche Mode-Alben auf SACD/CD als Ratgeber hinzugezogen.

Im Frühjahr 2007 erscheint das sechste Recoil-Studioalbum "Subhuman" und gerät ausnehmend politisch, wie schon der Titel verrät. Wilder selbst äußert sich folgendermaßen: "Wir scheinen nichts aus der Vergangenheit gelernt zu haben, unsere so genannte 'zivilisierte' Welt wird immer noch von persönlichen und globalen Gräueltaten beherrscht.

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Recoil "Youtube ist einfach klasse"
Alan Wilder über Blues, Kritik seiner Kinder und peinliche Depeche Mode-Songs.

Von Selbstmordbombern im Nahen Osten und ethnischen Säuberungen auf dem Balkan über die homophobe Rhetorik christlicher Fundamentalistenprediger hin zu den Aktivitäten westlicher Regierungen in ihrem 'Krieg gegen den Terror'. Es gibt immer jemanden, in dessen Augen wir 'subhuman' sind." Diese expliziten Meinungen hätten in erster Linie die für die Lyrics verantwortlichen Gastsänger Joe Richardson und Carla Trevaskis zu verantworten, erklärt der Songwriter.

Als Daniel Miller ihm zwei Jahre später den Vorschlag einer Best Of-Veröffentlichung macht, setzt sich Wilder an die Digitalisierung seiner alten Songs. Das Ergebnis ist "Selected", eine Zusammenstellung, die trotz des zeitlichen Umfangs von 18 Jahren dem Score-Charakter der einzelnen Studioalben Folge leistet.

Erstmals spielt Wilder in dem Zusammenhang auch Liveshows. Gemeinsam mit Mute-Produzent Paul Kendall präsentiert er seine Musik im Rahmen von audiovisuellen Kunst-Darbietungen, in welchen den auf Leinwand projizierten Filmen genau so viel Bedeutung beigemessen wird, wie dem basslastigen Sound, der aus den Boxen dröhnt.

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Recoil - Selected: Album-Cover
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2010 Selected

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An der Schnittstelle von Neu! und Massive Attack. (0 Kommentare)

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2000 Liquid

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Detailverliebte Elektronik auf düsteren Abwegen (0 Kommentare)

Surftipps

  • Shunt

    Offizielles Zuhause von Alan Wilder.

    http://www.recoil.co.uk
  • MySpace

    Alan schreibt Tagebuch und beantwortet Fanfragen.

    http://www.myspace.com/recoil
  • Black Box

    Deutsche Seite, der offiziellen eins zu eins nachempfunden.

    http://www.alanwilder.de/

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