28. Oktober 2016
"Es riss uns in die Dunkelheit"
Interview geführt von Yan VogelDer 21. Februar 2016 geht als schicksalsträchtiges Datum in die Historie von Riverside ein. An diesem Tag verstirbt völlig unerwartet Gründungsmitglied und Gitarrist Piotr Grudzinski. Die Band sagt sämtliche Konzerte ab. Riverside liegen auf Eis und Mariusz Duda denkt über eine Auflösung nach.
Die Zeit heilt sicherlich nicht alle Wunden, doch hilft sie bestimmte Dinge in einem neuen Kontext zu sehen. Duda möchte auch nicht in Schwarzseherei versinken und stürzt sich nach einem Moratorium wieder in musikalische Aktivitäten. Im Interview äußert sich der Bandkopf der polnischen Prog-Institution ausführlich und äußerst reflektiert zum vergangen Jahr, den bevorstehenden Projekten, Riverside als Trio und das Vermächtnis seines Freundes Piotr Grudzinski in Form des instrumentalen neuen Riverside-Albums "Eye Of The Soundscape".
Hi Mariusz, geht's dir gut?
Hey Yan, alles klar soweit.
Ein neues Riverside-Album steht an. Jedoch unter ungewöhnlichen Vorzeichen und mit einem überraschenden Ergebnis. "Eye Of The Soundscape" ist ein großartiges Doppel-Album, es klingt atmosphärisch, Ambient-lastig, mit vielen elektronischen Elementen und ist instrumental gehalten. Progressive Rock oder Metal-Einflüsse, um den Sound zu forcieren, sind Fehlanzeige. Eine sehr interessante Entwicklung.
Instrumentale und elektronische Musik zählt seit unseren Anfängen zu unserer DNA. Es ist eine Musikrichtung mit der ich aufgewachsen bin. Ich bin mit Tangerine Dream, Jean Michel Jarre oder Vangelis groß geworden. Piotr, unser verstorbener Gitarrist, war ebenfalls ein großer Fan. Ebenso unser Keyboarder Michal, der zudem total auf analoge, instrumentale Musik steht. 2007 bereiteten wir eine Bonus-CD vor für "Rapid Eye Movement" und wir entschieden uns dazu, instrumentale Musik, die in diese Richtung geht, aufzunehmen. Wir haben den Aufnahmeprozess dermaßen genossen, dass wir uns entschieden haben, den Track "Rapid Eye Movement" zu nennen. (lacht)
Zudem stand der Entschluss fest zukünftig weiter in diese Richtung zu arbeiten. Jedes Mal wenn wir eine reguläre Platte aufgenommen haben, wollten wir immer eine spezielle Bonus-CD dazulegen, die die oben beschriebene Musik enthält. Der Einfluss dieser Musikrichtung auf die Band ist essentiell, aber diese Richtung kam bislang nur auf Bonus-CDs zur Geltung und nicht auf den regulären Tonträgern. Und wir wissen natürlich, dass ausschließlich Die-Hard-Fans davon Kenntnis genommen haben. Viele Szene-Kenner hatten überhaupt nicht auf dem Schirm, dass wir eine solche Musik spielen. Als sich ein Zeitfenster in unserem vollen Terminkalender aufgetan hat, kam mir die Idee, diese Tracks zu veröffentlichen in Form einer Kompilation, um gerade den Leuten, die nur die eine Seite von Riverside kennen zu zeigen, dass wir auch ganz andere Musik spielen können.
Und um nicht nur bereits veröffentlichte Songs auf die Platte zu packen, entschieden wir uns dazu auch komplett neue Stücke aufzunehmen. Anfang des Jahres setzten wir dieses Ziel in die Tat um und glichen sowohl die alten als auch die neuen Stücke im Mixing an und jetzt haben wir das neue, komplett elektronische Album "Eye Of The Soundscape".
In einigen Reviews zu eurer neuen Platte fiel der Vergleich Lunatic Soul (Soloprojekt von Mariusz) meets Riverside. Stimmst du dem zu?
Das ist nett. Aber wir haben angefangen, diese Art von Musik zu spielen, bevor ich Lunatic Soul aus der Taufe gehoben hab. Und die Ambient-Seite von mir war auch bei Riverside immer präsent. Ich bräuchte Lunatic Soul nicht dafür, diese Seite nach außen zu kehren. Meine Solo-Alben waren bislang deutlich sanfter als Riverside, wobei Riverside 2016 noch zerbrechlicher klingen als alles was davor von uns zu hören war. Insofern besteht durchaus eine Verbindung zu Lunatic Soul und zu Riverside. Mein Solo-Projekt ist schwarz-weiß malerisch, sehr depressiv, aber die Musik auf "Eye Of The Soundscape" ist farbenfroh und voller Hoffnung und nicht annähernd so depressiv und dunkel wie Lunatic Soul.
Und das ist der Hintergrund warum wir der Veröffentlichung dieses Artwork und Cover verliehen haben. Es entspricht hundertprozentig den Gefühlen und Emotionen, die uns während des Aufnahmeprozesses begleitet haben. Wir waren zur Zeit der Aufnahmen sehr stolz auf das Resultat und voller Freude. Somit ist der Vergleich zwar nett, aber "Eye Of The Soundscape" unterscheidet sich sowohl von Lunatic Soul als auch von Riverside. Die neue Scheibe besitzt seinen eigenen Charakter, aufgrund der elektronischen und trotzdem organischen Klangstruktur.
Wo du es gerade anspricht. Die Musik klingt auf jeden Fall sehr organisch und hoffnungsvoll. Gleichzeitig höre ich auch einen starken cinematischen Einfluss. Arbeitest du auch an Soundtracks und Scores, ist dies mitunter eine Option für die Zukunft?
Das wäre sicherlich eine verlockende Idee. Wenn die Sprache auf Soundtracks kommt, dann ist das immer mit Bildern und Videos verbunden und man muss die Musik auf die Frames zuschneiden. "Eye Of The Soundscape" fußt nicht auf solchen visuellen Eindrücken. Wir haben bei Null angefangen, viel improvisiert und nach und nach die unterschiedlichen Elemente hinzugefügt. Wenn du dich in die Musik fallen lässt, dann kommst du in einen Sog. Mir war es wichtig, genau diesen Flow auf unseren Aufnahmen einzufangen.
Bei Riverside fallen die Songstrukturen immer sehr speziell und klar definiert aus, aber hier gibt es keine Strukturen und keine Grenzen, ähnlich eines Gemäldes. Der von dir angesprochene cinematische Eindruck ist auf jeden Fall richtig, zielt aber eher auf die von mir bereits erwähnten Bands und Elektro-Pioniere wie Jarre, Vangelis und Tangerine Dream ab und ist unsere eigene Version der Erfahrung mit dieser Stilrichtung.
Die Musik erinnert mich zudem an eine Songzeile eures letzten Albums "Come Follow Me, We'll Go, Down Where The River Flows". Durch das minimalistische Songwriting und die Soundschichtungen entsteht ein Flow. Richtet ihr auf eurem nächsten Album euer Songwriting in diese Richtung aus oder bleibt elektronische Musik eine der vielen Facetten im Riverside-Sound?
Dies bleibt ein sehr spezielles Album. Ich sehe dies auch nicht als neue Ausrichtung. Diese Musikform begleitet uns seit den Anfängen. Es war uns halt wichtig, diese Seite von uns in einer speziellen Veröffentlichung unterzubringen. Es zeigt uns 100 Minuten ausschließlich von dieser Seite und eröffnet vielen hoffentlich einen Blick auf eine wichtige Seite unserer Musik und hilft dabei, unsere Musik noch besser zu verstehen. Vielleicht begreifen die Leute so langsam, dass wir nicht Dream Theater oder vergleichbare Bands sind, da sich unsere Einflüsse doch erheblich unterscheiden und ein breites Spektrum abdecken. Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass du diese gesamte Palette emotionalen Ausdrucks auch auf einer komplett instrumentalen und elektronischen CD finden kannst. Ich hab mir einen kleinen Scherz erlaubt, als ich meinte, dass EOTS den Leuten mit einem Vorschlaghammer klar macht, 'Hey, riskiert einen Blick auf die wichtigste Seite im Sound und der Musik von Riverside'. Ich sehe das nicht als neue Richtung. Vielleicht erscheint auch eines Tages "Eye Of The Soundscape Part 2", möglicherweise tritt diese Stilistik auch auf einem kommenden Album auf. Aber die neue Platte wird definitiv eine Rückkehr zu einem intensiveren und härteren Stil.
Alle Tracks funktionieren ohne Lyrics, aber deine Stimme findet sich trotzdem als Teil des Arrangements wieder, jedoch nicht als Träger von Lyrics, sondern im Sinne eines Instrumentes, bspw. in "Heavenland".
Ich habe meine Stimme schon immer als Instrument gesehen und sie auch insofern trainiert. Ich habe mich nie als Sänger gesehen, dessen Stimme über den Instrumenten angesiedelt ist. Ich habe mich immer in den Sound eingebettet wahrgenommen. Ich muss auch nicht unbedingt Lyrics schreiben, aber es gehört halt dazu, ebenso auf Englisch zu singen. Wenn ich wirklich die Wahl hätte, würde ich den Elisabeth Fraser-Weg wählen, einfach nur eine starke und prägnante Melodie zu singen und das ist alles.
Mittlerweile bin ich auf den Trichter gekommen, dass es Spaß macht, Lyrics zu schreiben, auch wenn vielleicht 10 Prozent der Leute Kenntnis davon nehmen und etwas hängen bleibt. Ich habe diese Art zu singen aber auch schon bei Riverside und Lunatic Soul ausprobiert. Bei "Eye Of The Soundscape" war es durchaus ein Ziel meine Stimme als Instrument zu verwenden, entweder als Melodie oder sogar als Rhythmus. Ich verwende meine Stimme auch gerne im Sinne einer Percussion.
"Wir kehren mit Riverside zu komplizierten Songstrukturen zurück."
Ich persönlich finde "Eye Of The Soundscape" sehr gelungen, da es sehr kontemplativ und relaxt klingt. Man kann einfach mal einen Stopp einlegen von all den Informationen, schlechten Nachrichten und Bildern die einen tagtäglich überfluten und gleichzeitig verwirren. Nach einer Weile des Genusses der neuen Platte sieht man alles etwas klarer und fühlt sich wohler. Für mich als Prog Rock-Fan ist diese Art von Musik ein Schritt in eine ganz neue musikalische Richtung. Im Prog-Bereich arbeiten viele Bands mit Soundscapes, eher als Add-On, aber in diesem Falle funktioniert diese kontemplative Musik für sich.
Ich mag unser Projekt aus mehreren Gründen. Zunächst einmal verschieben wir unsere Grenzen. Wenn du dich außerhalb der regulären Rock-Strukturen bewegst, kannst du ziemlich alles umsetzen. Und das ist hier der Fall. Für mich erfüllt das sogar eher die Denkart 'progressiv' als vieles, was wir davor musikalisch umgesetzt haben. Am interessantesten und wichtigsten ist für mich die Tatsache, dass wir elektronische und organische Musik miteinander verbinden. Dabei verkommen wir nicht zu einem puren elektronischen Klangbild. Dadurch dass du auch Gitarren, Keyboards, Drums und Stimmen hörst, bewegen wir uns schon in der Nähe von Künstlern wie Dead Can Dance oder Mike Oldfield, zumindest mehr als bei rein elektronisch arbeitenden Künstlern. Unser Resultat klingt meiner Ansicht nach sehr originell und ich hoffe, dass möglichst viele Notiz vom Release nehmen und Gefallen daran finden.
Ihr habt den Progessiv Music Award für die beste Hymne ("Towards The Blue Horizon") gewonnen. Ist das eine spezielle Ehrung für euch oder einfach nur ein Preis?
Natürlich ist das eine Ehre. Dazu kommt, dass der Song sehr wichtig für mich ist. Ich habe ihn für einen Freund geschrieben, der vor zwei Jahren verstorben ist. Natürlich ist es total verrückt, aber Piotr ist ein Jahr später unter ähnlichen Umständen zu Tode gekommen. Und das ist einfach der letzte Scheiß. Durch diese Begleitumstände hat der Song eine weitere, unterschiedliche Bedeutungsebene bekommen, auch für viele andere Menschen. Nachdem Piotr starb, haben sich viele Menschen mit meinen Lyrics auseinandergesetzt und gemerkt, dass die Lyrics den Verlust gut abbilden. Am Anfang war ich sehr unzufrieden, aber später habe ich gelernt, dass das die Schönheit von Musik ausmacht, dass unterschiedliche Menschen jeweils ihre eigene Bedeutung aus der Musik herausziehen können und unterschiedlich interpretieren. Es ist auch schön, dass unser letztes Album somit geehrt wurde. Es ist einfach ein Lichtblick, etwas Positives inmitten der negativen Begleitumstände.
Was mir an Riverside gut gefällt, ist das die Lyrics beide Seiten der Medaille im menschlichen Denken, Fühlen und Handeln abdecken. Denkt man an die letzte Platte gab es abgründige Songzeilen wie "How Long Can You Hold Your Breath Under The Pillow" und dann eine einfache Songzeile wie "It's A Lovely Life", ein trotziger Ausruf an Optimismus gegenüber der zutiefst bedrückenden Stimmung, die ihr sonst zeichnen könnt.
"Love, Fear And The Time Machine" muss als Abschluss einer großen Geschichte erfasst werden. Es begleitet auch unseren Prozess hin zu einer positiveren Sicht auf die Dinge. Man muss nicht immer alles in tiefschwarzen Farben sehen. Dies haben viele in der Vergangenheit vor allem mit Riversides Musik verbunden und auch mit den Dingen, die immer in meinem Kopf herumschwirrten. Aber jeder lernt dazu und ändert seine Sicht und mit jedem Jahr versucht man sein Leben auszudrücken und die guten Dinge, die um einen herum geschehen, wahrzunehmen und zu würdigen. Wer möchte schon gern die ganze Zeit in Tristesse und Dunkelheit baden? Man benötigt auch Zeit um durchzuschnaufen. Natürlich zieht mich das Dunkle an, aber es gibt auch positive Aspekte, die ungefähr 10 oder 20 % davon ausmachen (lacht).
Du hast ja bereits mit einigen Musikern der Prog-Szene kollaboriert, u.a. mit Steven Wilson, Iamthemorning, von deinen Solo-Ausflügen ganz zu schweigen. Nun steht ein neues Projekt an, das eher in Richtung Classic-Rock geht. Kannst du uns dazu etwas verraten?
Mein Freund Maciej Meller hat mich dazu eingeladen. Wir kennen uns bereits seit über 20 Jahren, aber jeder hatte eine andere Band am Start. Aber wir blieben die ganze Zeit über in Kontakt. Er spielte bereits 2008 auf meinem Lunatic Soul-Album. Er kam daraufhin immer wieder auf mich zu, dass man etwas gemeinsam an den Start bringen müsste. Es kam noch ein Freund von ihm dazu (Maciej Gołyźniak am Schlagzeug, Anm. der Red.) und gemeinsam schrieben sie einiges von dem Material, ziemlich rockig und düster und doch deutlich von dem unterschieden, was ich sonst so mache. Das Album heißt "Breaking Habits" und es geht ja auch darum von seinen Gewohnheiten Abstand zu nehmen. So hab ich mich dazu hinreißen lassen, einfach meine Vocals und Bass-Linien über die Songs zu legen und auf diese Weise versucht, mich darin wiederzufinden. Schlussendlich nahmen wir alles auf.
Maciej fragte mich mehrere Male, aber mal arbeitete ich an "Walking On A Flashlight Beam", dann musste ich "Love, Fear And The Time Machine" beenden, dann stand die Tour an. Dieses Jahr cancelten wir sämtliche Shows aufgrund des Verlustes von Piotr und das gab mir die Chance, mich diesem Projekt zu widmen und nun steht tatsächlich unser Debut-Album an. Es unterscheidet sich doch sehr von meinen bisherigen musikalischen Arbeiten, es ist noch nicht mal meine Musik, es ist die Musik der Band. Ich hab mitgeholfen, arrangiert, die Lyrics geschrieben, gesungen, Bass gespielt und das Konzept mitentwickelt.
"Feet On The Desk", der erste Vorbote, klingt schon mal ziemlich vielversprechend.
Es ist wieder etwas anderes, aber dennoch äußerst gelungen.
Du hast es eben angesprochen, aber auch bereits auf eurer Website gepostet, dass die nächste Riverside-Veröffentlichung wesentlich härter und intensiver ausfallen wird, auch aufgrund der Umstände, die das vergangene Jahr mit sich gebracht haben. Kannst du uns darüber schon etwas verraten.
Derzeit arbeite ich an der neuen Lunatic Soul-Platte und denke nicht über neues Material für Riverside nach. Mein Vorhaben ist es dennoch wieder zu komplizierten Songstrukturen zurückzukehren. Das Wichtigste für mich ist, die Gefühle zu reflektieren und in Musik umzusetzen, etwas was wir bspw. auch auf "Eye Of The Soundscape" umgesetzt haben. Aber ich werde dafür definitiv andere Stimmungen, Sounds und Farben verwenden und es auf jeden Fall ein wenig komplizierter gestalten. Was nicht bedeutet, dass wir zur Härte von "Anno Domini High Definition" zurückkehren, aber zu deutlich intensiveren Sounds.
"Wenn Riverside sich auflösen, verblasst die Erinnerung an Piotr."
Der Verlust eures Gitarristen und Freundes muss euch schwer getroffen haben. Wie bist du mit diesem Schicksalsschlag umgegangen?
Es traf uns gänzlich unerwartet, und das hat mich und die anderen in den Grundfesten erschüttert. Du musst dir vorstellen, dass gewissermaßen unser Bruder gestorben ist, jemand der uns unglaublich nahe stand. Es riss uns für einige Monate förmlich in die Dunkelheit. Es war äußerst hart, aber ich habe versucht über die Musik meine Stärke wieder zu gewinnen und ich habe mich in die Arbeit gestürzt. Gerade die nächste Lunatic Soul wird sehr eng mit den Gefühlen verbunden sein, die ich zu dieser Zeit hatte.
Dieses Jahr war ziemlich hart für mich und ist es weiterhin. Mein Vater ist ebenfalls ein paar Monate später verstorben und somit fehlte mir die Zeit, mich von einem Todesfall zu erholen. Im September nachdem ich mir auch mal Ferien gegönnt hatte, fühlte ich, dass ich langsam wieder Fuß fasse und zurück komme ins Leben. Nun bin ich auch bereit, darüber zu reden oder fühle mich für einen weiteren Riverside-Release gewappnet. Wir haben bislang immer zwei, drei Jahre im Voraus geplant. Aber mit dem Verlust eines Bandmitgliedes haben sich alle Pläne zerschlagen, auch wenn wir mit der 5.1.-Edition zu "Love, Fear And The Time Machine" und "Eye Of The Soundscape" zeigen konnten, dass wir noch da sind.
Aber was soll ich sagen. Es war unglaublich schwer. Als Trio weiterzumachen ist möglich und ein richtiger Weg. Ich glaube, dass wir das hinkriegen und Riverside am Leben erhalten können. Wir blicken auf eine über zehn Jahre währende Karriere zurück. Ehrlicherweise muss ich aber erwähnen, dass ich es in Erwägung gezogen habe, Riverside Lebewohl zu sagen, da das Band zwischen uns so stark gewoben war und ich viele Dinge für und mit Piotr durchgezogen habe. Ich dachte durchaus, das ist das Ende und ich sollte mich auf Lunatic Soul fokussieren oder etwas unter meinem Namen an den Start bringen. Aber wesentlich später realisierte ich, dass wir mit Riverside noch einiges zu sagen hätten und zu unserem Genre beitragen könnten. Ich denke mal, dass wir nochmals drei Alben herausbringen sollten (lacht). Wir wollen schließlich einmal auf eine lange Karriere zurückblicken und nicht nach zehn Jahren das Handtuch schmeißen.
Es gibt noch einiges zu tun und wir machen weiter, eingedenk der Tatsache, dass Piotr immer bei uns sein wird. Ansonsten würden die Leute ihn vergessen. Denn wenn Riverside aufhören zu existieren, würde auch die Erinnerung an Piotr verblassen. Deswegen ist es eine gute Entscheidung weiterzumachen.
Was sicherlich auch die meisten Riverside-Fans begrüßen, die viel aus eurer Musik ziehen können.
Was mich mittlerweile auch sehr berührt ist, wenn ich es schaffe anderen Menschen zu helfen. Ich möchte in der Tat noch etwas in meiner Wahrnehmung verändern und zwar nicht nur Alben für mich zu kreieren, sondern dass jeder etwas daraus ziehen kann und seinen Problemen einen Ausdruck verleihen kann. Das letzte Riverside-Album behandelte die Thematik, wenn etwas Schreckliches passiert, ändere deine Richtung und gehe woanders hin. In Bezug auf mein neues Rock-Projekt bedeutet dies, mit Gewohnheiten zu brechen und etwas anderes auszuprobieren. Auf der neuen Lunatic Soul-Platte möchte ich ausloten, wie man mit dem Verlust eines geliebten Freundes umgeht und lernt, wieder auf eigenen Füßen zu stehen. Ich möchte nicht darüber schreiben wie traurig ich bin und dunkel es um mich herum scheint, sondern darüber, wie man damit umgeht und wieder zurück ins Leben findet.
Diese positiven Dinge stehen nun im Vordergrund, aber natürlich möchte man auch Klischees vermeiden. Denn es ist einfach, sich ein paar Kalendersprüche auszudenken, mit der Anleitung 'Tue dies und du wirst glücklich'. Es muss schon passend sein.
Und nun erscheint noch eine Biographie über euch. Jetzt wo klar ist, dass es mit Riverside weitergeht, scheint der Zeitpunkt nicht sonderlich glücklich gewählt.
Ich stimme dir zu. Der Autor hat uns nun mal zum jetzigen Zeitpunkt angeboten, eine Biografie über uns zu schreiben. Wir hatten auch Bedenken, denn es fühlte sich zu früh an. Wir befinden uns ja hoffentlich erst auf halber Strecke und stehen noch mit Sechzig auf der Bühne (lacht). Aber er meinte, man weiß ja nie, was passiert. Und jetzt ist schlicht der Zeitpunkt gekommen, da sich jemand bereit erklärt, das Buch zu schreiben. Wenn Riverside in Zukunft nicht mehr existieren, würde sich niemand dazu bereiterklären, das zu tun. Viele Bands bringen ihre Biografie schon nach einem Album heraus, warum nicht wir an diesem Zeitpunkt, der ja nicht schlecht gewählt ist. Denn nun können wir viele Dinge über Piotr erzählen und ihm eine Geschichte geben. Das ist auch ein wichtiger Punkt. Die Gelegenheit war uns dann doch zu wichtig. Und wir können ja noch einige Biografien in Zukunft nachschieben, wenn es passt (lacht).
Du hast ja auf dem letzten Iamthemorning-Album einen Gastbeitrag abgeliefert.
Die Sängerin ist ein großer Fan von Lunatic Soul und fragte mich einfach, ob ich einem Track meine Stimme leihen könnte. Wir kennen uns, da wir bereits in Russland gespielt haben. Aufgrund der Distanz zu St. Petersburg hat sie mir die Files geschickt. Klar hätte ein gemeinsames Duett seinen Reiz gehabt, aber schließlich habe ich die Vocals hier in Warschau aufgenommen.
Das Duo – eine Sängerin und ein Pianist – stammen aus Russland. Insofern liefert hier einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung. Gerade wo derzeit ein neuer West-Ost-Konflikt schwelt, setzt ihr mit der Musik ein Zeichen und lasst euch von politischen Irrwegen nicht beeindrucken.
Auf jeden Fall. Musik überwindet Grenzen und was mich für die Band sehr freut, ist das sie auf den Prog Awards ebenfalls geehrt wurden (bestes Album für "Lighthouse"). Kulturell ändert sich etwas, was sich hoffentlich auf Gesellschaft und Politik überträgt.
1 Kommentar mit einer Antwort
Klingt sehr sympatisch, der Herr Duda. Hab schon richtig Bock auf die neue Lunatic Soul!
oh ja