24. November 2000

Warum zur Hölle wollt Ihr Euch auflösen?

Interview geführt von

Dreadful Shadows-Sänger Sven nahm sich am Rande der Tour in Frankfurt die Zeit, LAUT Rede und Antwort zu stehen.

Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum. Warum zur Hölle wollt Ihr Euch auflösen?

Sven:
Die Sache ist so: Wir sind inzwischen an einem Punkt angelangt, wo es schwierig ist, musikalisch weiter zu machen, ohne sich zu wiederholen. Gemerkt haben wir das vor allem beim Schreiben von "neuen" Songs. Wir haben schon angefangen, uns selbst zu kopieren, die Weiterentwicklung, die auf jedem unserer Alben zu hören war, ließ sich nicht mehr verwirklichen. Irgendwie war musikalisch alles gesagt, was wir mit den Shadows zu sagen hatten. Wir hätten natürlich noch ein, zwei oder noch mehrere Alben als Dreadful Shadows aufnehmen können, aber das wäre nicht mehr ehrlich gewesen, weder uns selbst, noch den Fans gegenüber. Es hat mich bei vielen Bands immer genervt, dass sie sich irgendwann nur noch selber kopiert haben, den Fehler will ich nie machen. Außerdem ist es doch schön, mit einem starken Album aufzuhören, und ich denke, dass "The Cycle" sich nicht verstecken muss. Es ist ein harter Schritt und auch ein schmerzhafter, aber wir sind der Meinung, er ist notwendig.

Wann kamen die Auflösungsgedanken eigentlich zum ersten Mal auf?

Im Sommer, August irgendwann, und ab da gewannen sie immer mehr an Gewicht, schließlich ist so was keine leichte Entscheidung, die man so nebenbei trifft.

An der Stärke der letzten Scheibe gibt es wohl keinen Zweifel und auch nicht daran, dass der Schritt schmerzhaft ist. Aber das bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass Ihr Euch aus der Musikszene verabschiedet. Wie sehen Eure Pläne aus?

Natürlich machen wir irgendwie weiter, schließlich ist die Musik der Hauptbestandteil unseres Lebens, eigentlich können wir auch nichts anderes. André (g) und Ron (dr) haben schon ein Projekt am laufen, welches Coma 51 heißt und es wird auch von uns anderen wieder was zu Hören geben.

In welche Richtung geht das Material von André und Ron?

Ich weiß nicht, wie es sich letztendlich anhören wird und ob ich Ihnen mit dieser Einschätzung einen Gefallen tue, oder ob sie mich dafür hassen werden, ich finde aber es geht etwas in die Marylin Manson Ecke.

Also eher Industrial-lastig?

Nö, eigentlich gar nicht, eher so wie die letzte Manson. Das ist jetzt aber sehr weit gefasst und recht oberflächlich betrachtet. Lasst Euch einfach überraschen.

Was wird's bei Dir geben?

Keine Ahnung. Ich arbeite zur Zeit in einem Tonstudio, wobei ich da sowohl als regulärer "Angestellter" meine Zeit verbringe, als auch meine Ideen etwas bearbeite.

Irgendwelche Reunion-Gedanken?

Nee, gar nicht, lass uns doch erst mal auflösen. Von Reunions halte ich nicht sooo viel.

Was hat es eigentlich mit der Wiederveröffentlichung von "Estrangement" und der "Homeless EP" als Doppel-CD auf sich. Kann man das als Abschiedsgeschenk an die Fans sehen?

Nein, eigentlich gar nicht. Die Scheiben waren nur sehr lange vergriffen und wir wurden immer wieder danach gefragt. Die Plattenfirma, die die Rechte daran besessen hat, war finanziell nicht in der Lage, die Platten neu aufzulegen. Als dann unsere Rechte wieder frei waren, hat Jens die CDs auf seinem Label veröffentlicht. Für die Aufmachung bin ich übrigens verantwortlich zu machen.

Die find ich eigentlich ganz o.k.. Habt Ihr noch Kontakt zu Gitane DeMone, die ja auf "The Cycle" bei jedem Song die Backing Vocals gesungen hat?

Seit 'nem halben Jahr überhaupt nicht mehr. Sie ist irgendwann nach Amerika zurück, da ihre Mutter sehr krank wurde, was sie jetzt macht, weiß ich leider auch nicht.

Ihr wart doch auch beim diesjährigen Wave Gotik Treffen in Leipzig und habt dort dann als eine der wenigen Bands auch ohne Gage gespielt. War's schön?(grins)

Oh ja, war sehr lustig (lacht).

Lustig dürfte nicht das meist benutzte Wort im Zusammenhang mit dem letzten WGT sein.

Ja gut, war halt mal 'ne ganz andere Situation, ich fand's lustig. Wir haben zwar auch keinen Pfennig gesehen und mussten sogar unsere Hotelzimmer räumen, dachten uns dann aber: "Wenn wir schon hier sind, können wir auch spielen". Allzu oft sollte man so was mit uns zwar auch nicht machen, aber es war 'ne Erfahrung wert.

Sind die Veranstalter eigentlich mal wieder aufgetaucht, oder sitzen die mit 'nem dicken Geldkoffer auf irgendeiner Insel?

Ganz und gar nicht. Die sind alle noch im Lande und außerdem hoch verschuldet. Die haben keinen Pfennig verdient, sondern die Kosten gnadenlos unterschätzt und das halt in einer Größenordnung, die nicht so ohne weiteres zu verkraften ist. So wie ich das verstanden habe, war zu knapp kalkuliert worden und das ging halt nicht auf, aber mit irgendwelcher Kohle ist da keiner abgehauen. Mit was für 'ner Kohle auch.

Da besteht wohl doch noch ein gewisser Klärungsbedarf. Kommen wir also zur finalen Frage: Was war die letzte von Dir gekaufte CD?

Apotygma Berzerk. Die nächste wird aber definitiv die neue Placebo sein.

Das Interview führte Michael Edele.

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