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Grenzkontrolle

"Liebe ist heute schwer zu greifen / und ne Bude kann sich kaum jemand leisten / Wo kommen wir dahin?" Das ist 2025 die Neue Deutsche Welle aus Köln. Grenzkontrolle, auch so ein Bandname, den man nicht einfach googeln kann. Ähnlich wie bei International Music. Aber eine gute Option, wenn man nicht sofort auf dem Präsentierteller liegen will, um die "Revolution" zu starten. Am Ende findet jeder den Weg zu seiner neuen Lieblingsband. Hier muss man kurz auch mal Instagram loben. Denn dort wurden viele zum ersten Mal auf den Song "Revolution" aufmerksam.

Eine neue Formation aus der Stadt am Rhein, bestehend aus Lara Melissa Roth (Schlagzeug), Klaus Bouwer (Bass), Tybalt Bischoff (Gitarre) und Don L. Gaspár Ali (Gesang, Gitarre). Pünktlich zum Tag der Arbeit veröffentlichen Grenzkontrolle ihre EP-"Edelweiß". "Edelweiß-pirats know how to rock!" Diese Songzeile stammt von einem anderen kölschen Event, dass Anfang der 2000er bereits an die Edelweißpiraten erinnerte. Diese Gruppe von Jugendlichen war im deutschen Reich aktiv und versuchte durch Flugblätter und Anti-Nazi Sprüche an Häuserwänden gegen die Nationalsozialisten zu mobilisieren. Viele der Teenager wurden verhaftet, gefoltert und ermordet. 13 Mitglieder erhängte man allein in Köln-Ehrenfeld im November 1944. Darunter auch den 16-jährigen Barthel Schink. Ein Wandgraffiti im Stadtteil Ehrenfeld erinnert an die Hinrichtung.

Der Name der EP passt also zum politischen Statement von Grenzkontrolle. Bereits vor dem 1. Mai 2025 rotieren Ausschnitte des "Revolution"-Clips in gut sortierten Timelines: "Zerstörende Bilder, there is no Planet B / Du wählst hellblau, die Faschos applaudieren." Die volle Packung Punkrock-Motz mit Style und pädagogisch besonders wertvoll.

Der Kopf der Formation, Don L. Gaspár Ali, ist in Kölnberg aufgewachsen. Eine Hochhaussiedlung in Köln mit zu vielen Menschen auf engem Raum und keinerlei Perspektiven. Ein schwieriger Bezirk für den heranwachsenden Teenager. Bis heute trägt er einige Narben aus dieser Zeit mit sich herum, die ihn immer daran erinnern, woher er kommt. Fußball holt ihn zunächst raus aus der Misere. Mit 17 Jahren wird er Profi und verdient sein erstes Geld. Doch schon bald merkt Gaspár, dass er sich in dieser Welt gar nicht wohl fühlt.

Er hört auf seine innere Stimme und geht mit Anfang 20 nach Berlin. Hier versucht er es als Autor, Musiker und Schauspieler. Nina Hagen gehört zu seinen größten Inspirationen. Der Switch vom Profifußballer zum Künstler ist allerdings hart. Das Geld reicht kaum aus, aber er gibt nicht auf und arbeitet hart. Als Menschenrechtsaktivist organisiert er 2015 Black Lives Matter-Demos in Berlin. Sein politisches Engagement erbt er von seiner Mutter, die sich ebenfalls aktiv für Menschenrechte einsetzt.

Mit der Zeit lernt Don L. Gaspár Ali, ehrlich zu sein und offen mit seinen Gefühlen umzugehen. Das hilft ihm, aber auch seinem Gegenüber. Er schreibt sich alles von der Seele. Musik und Schreiben sind seine Passion. Von dieser Liebe zu Texten profitiert später die Band Blumengarten, für deren Album "Ich Liebe Dich Für Immer" er einige Songzeilen beisteuert.

"Blues auf Eis" heißt sein lyrisches Debütwerk, das im November 2024 als Hardcover erscheint. Darin bricht der Musiker das Eis und schreibt sich die Wut seines Lebens von der Seele. Eine oft düstere und sehr emotionale Wortwahl, die optisch durch eine ästhetische kunstvolle Covergestaltung umgesetzt wird. Ein Gedichtband über Begegnungen und Abgründe der menschlichen Existenz. Tiefgründige und direkte Einblicke in eine Welt, die oft feindlich und bedrohlich ist. Das Leben eines schwarzen Mannes in Deutschland hinterlässt viele prägende Spuren, aber sorgt auch für Kraft, Hoffnung und positive Energie. Niemals aufgeben und sich den Herausforderungen stellen. Den Leser zieht Ali sofort in seinen Bann. Seine Texte treffen mitten ins Herz.

So auch musikalisch. Mit seiner Formation Grenzkontrolle spricht er die Worte exzentrisch ins Mikrofon. In "Schlechter Mensch" haut Gaspár verbal auf seine Gegner ein. Er kämpft gegen die inneren Dämonen, gegen Faschismus und den Rechtsruck. Die AfD betont er dabei immer wieder im Speziellen: "Fick die AfD und lass mich in Ruh / Wenn ich dir auf die Fresse hau' / bin ich ein schlechter Mensch?" Eine Ansage, die sicherlich von der Kunstfreiheit gedeckt ist.

Kampfansagen von Danger Dan sind schließlich auch juristisch abgesegnet: "Faschisten hören niemals auf, Faschisten zu sein. Man diskutiert mit ihnen nicht, hat die Geschichte gezeigt." "Schwarzes Schaf" ist der dritte Song der EP und beginnt mit einer selbstbewussten Bassline. "Bin optimistisch / aber das Leben will mich zerstören". Hier treffen Gaspárs nachdenkliche Zeilen auf eine ruhigere Melodie, die aber immer kurz vor dem wütenden Ausbruch steht.

Pünktlich zur Festivalsaison 2025 präsentieren sich Grenzkontrolle auch live auf der Bühne, etwa auf dem Maifeld Derby. Ihre Auftritte vermitteln Wut, Stärke und eine gewisse Lässigkeit. Das beweisen die Musiker:innen auch bei einem TV-Auftritt in der Carolin Kebekus Show im Mai 2025. Darin erinnert Kebekus an den von der Polizei erschossenen Lorenz A. Diesen Anlass unterstützen Grenzkontrolle und performen ihren Song "Revolution". Auf Instagram erfährt man nach der Aufzeichnung, dass der Westdeutsche Rundfunk bei der finalen Ausstrahlung die erste Strophe aus dem Song heraus genommen hat. Ein Grund mehr, bald den ersten Longplayer nachzuschieben.

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Surftipps

  • Instagram

    Neue Deutsche Welle-Punk aus Köln.

    https://www.instagram.com/diegrenzkontrolle/

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