laut.de-Kritik

Pink findet in Dallas Green ihren Singer-/Songwriter-Hero.

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Normalerweise präsentiert sich Pink in schriller Garderobe und mit rotzig frechem Schmirgel-Pop im Gepäck auf den Bühnen dieser Welt. Doch die "Funhouse"-Queen aus Pennsylvania kann auch anders. Musikalisch inspiriert wurde die extrovertierte Entertainerin nämlich einst von ihrem Vater. Und der hatte seinerzeit alles andere als pompös aufbereiteten Glam-Pop zu bieten: "Ich hockte als Kind oft mit meinem Dad zusammen, wir haben Akustikgitarre gespielt, gesungen, zweistimmige Harmonien entwickelt und Storys erfunden", erinnert sich die Sängerin.

Diese Momente ruft sie sich auch heute noch öfter vor Augen. Einer ihrer Lieblings-folkigen Singer/Songwriter ist der ehemalige Alexisonfire-Gitarrist und heutige City And Colour-Chef Dallas Green. Wenn Pink an Green denkt, gerät sie regelrecht ins Schwärmen: "Dallas hat diese anbetungswürdige, engelhafte Stimme. Und ich dachte immer, eines Tages, wenn ich irgendwann gut genug bin, wird er vielleicht mit mir singen."

Vor einigen Monaten war es dann soweit. Nachdem Pinks Ehemann Carey Hart den Kontakt hergestellt hatte, wollten beide gemeinsam ein Musik-Projekt aus der Taufe heben. Man einigte sich auf den Projektnamen You+Me, steckte die Köpfe zusammen und nahm in gerade mal acht Tagen zehn Songs auf, die unter dem Albumtitel "Rose Ave." all das zum Vorschein bringen, was in der nun schon 15-jährigen Pink-Laufbahn leider immer nur am Rande stattfand. Die Rede ist von berührendem Kammermusik-Gezupfe, bei dem sich das voluminöse Organ der Sängerin erst so richtig entfalten kann - man erinnere sich nur an Pinks musikalische Bush-Ohrfeige "Dear Mr. President" aus dem Jahr 2006.

Die Songs auf "Rise Ave." wandeln auf ähnlich leisen Pfaden. Hier legt die sonst so toughe Rockröhre nicht nur ihren Künstlernamen beiseite sondern auch alles andere, was die Amerikanerin in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu einem internationalen Mega-Star werden ließ. Fernab von altbewährtem Bombast, macht es sich Pink unter ihrem Geburtsnamen Alecia Moore in einem imaginären Kornfeld gemütlich, umgeben von Moll-lastigen Akustik-Akkorden und der einen oder anderen zartbesaiteten Rhythmus-Spielerei. Diese werden hauptsächlich von Dallas Green beigesteuert, der sich mit seinem glasklaren Gesang zudem noch als perfekter Duett-Partner erweist.

So entsteht ein zutiefst berührendes Yin und Yang-Spiel zweier Stimmen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Mal schwer melancholisch und nach Zweisamkeit schluchzend ("Capsized", "Gently", "Love Gone Wrong"), mal beschwingt im Folk-/-Country-Gewand ("You And Me", "Unbeliever"): Hier trifft gezähmte Energie auf pure Leidenschaft.

Mit eingängigen, aber nie zu poppigen Harmonien, jeder Menge unaufgeregter Cowboy-Chords sowie punktuell eingestreuten Streicher- und Orgel-Sequenzen, lassen sich die beiden Verantwortlichen von einer tiefenentspannten Herbstwelle zur nächsten tragen. Das "Funhouse" ist vorerst geschlossen. Zeit, mal runterzukommen, ehe sich Alecia Moore wieder in Pink verwandelt.

Trackliste

  1. 1. Capsized
  2. 2. From A Closet In Norway (Oslo Blues)
  3. 3. Gently
  4. 4. Love Gone Wrong
  5. 5. You And Me
  6. 6. Unbeliever
  7. 7. Second Guess
  8. 8. Break The Cycle
  9. 9. Open Door
  10. 10. No Ordinary Love

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6 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 10 Jahren

    Der Name des Projekts ist so einfallsreich, der könnte auch von den Produktdesignern von Majorlabels erschaffen worden sein. Dann hört man die Musik und merkt, dass es auch ebenjene Zielgruppe erreichen soll. Seicht, sehr seicht.

  • Vor 10 Jahren

    Hab mich etwas gelangweilt. Eine der weiblichen Stimmen der letzten 15 Jahre, ihrer Power beraubt. Wie gesagt langweilig.

  • Vor 10 Jahren

    Man sollte schon ein Faible für die Musik von Dallas Green haben um das gut zu finden. Pink ist halt eher schmückendes Beiwerk, verleiht dem Ganzen aber eine zweite Komponente die den City & Color Werken manchmal abhanden gehen, so dass eher Letztere (und nicht dieses Album) als langweilig bezeichnet werden könnten...wie gesagt, steht man nicht auf die Art von Musik findet man es sicherlich langweilig

  • Vor 10 Jahren

    Hach, mein Alexisonfire-Fanboy-Herz weint beim anhören dieser Platte. Nur leider nicht positiv.

  • Vor 10 Jahren

    "tiefenentspannte Herbstwelle" trifft es - ein angenehm seichtes Werk für die Jahreszeit :)

  • Vor 10 Jahren

    Also der Gedanke, dass Dallas Green ein Album mit Pink (mag auch Ihre Stimme nicht) macht gefällt mir schonmal ganz und gar nicht. Und das Lied, dass ich dann neulich im Radio von den beiden gehört habe, hat mich in meiner Voreingenommenheit 100% bestätigt. Ziemlich langweiliges Stück Musik, dass man sich gut hätte sparen können. Dann doch lieber ein neues City and Colour Album. Schlimm genug, dass er bei Alexisonfire ausgestiegen ist :-(