laut.de-Biographie
Young Paul
"Ich bin schon ein ziemlich alter, hängengebliebener Dude." Young Pauls Hip Hop-Sozialisation vollzieht sich zwischen den US-Küsten von Tupac Shakur bis zum Wu-Tang Clan. "Wer mich dann komplett abgeholt hat, war Jay-Z." Mit Sean Price und Juelz Santana bilde dieser seine persönliche "Heilige Dreifaltigkeit". Vor allem Letzterer beeinflusst seine Jugend im ästhetischen Sinne: "Ich bin tatsächlich auch herumgelaufen wie ein weißer Juelz Santana mit 5XL-Shirts, zwei Bandanas und Durag. Ganz kriminell, wirklich furchtbar." Zumindest davon löst er sich mit den Jahren erfolgreich.
"Obwohl Berliner im Pass steht, bin ich schon ein ziemlicher Rheinländer." Zwei Jahre nach seiner Geburt 1986 in der geteilten Stadt zieht es seine Familie nach Nordrhein-Westfalen. Mit 15 Jahren beginnt Paul im Freundeskreis erstmals Musik aufzunehmen. "Selbstverständlich eher schlecht als recht, aber für die damalige Zeit hat uns das gereicht und auch Spaß gemacht." 2005 lernt er Rapper Veedel Kaztro kennen. Zusammen bilden sie eine Crew und veröffentlichen Songs auf einem professionelleren Niveau, auch wenn es mit Abstand "überhaupt nichts von Relevanz" darstellt.
2009 zieht er vom Bergischen Land nach Köln, um Marketing und Unternehmenskommunikation zu studieren. Mit den sich verschiebenden Prioritäten schließt er innerlich vorerst mit den eigenen musikalischen Ambitionen ab. Stattdessen verfolgt er Rap als Konsument aus der Distanz und gründet eine Werbeagentur. Seine Vorstellung von der Arbeit entpuppt sich jedoch als "romantische Version" dessen. "Zu wenig 'Mad Men', zu viel 'Stromberg'", fasst er den realen Arbeitsalltag zwischen stressigen Deadlines und überschaubarer künstlerischer Entfaltung zusammen.
Die Marketing-Tätigkeit endet, ein finanzielles Polster bleibt. Paul kann sich fortan gezielt aussuchen, welcher Arbeit er nachgeht. "Das ist auf jeden Fall sehr gut für meinen Seelenfrieden", schildert er einen Zustand, den er auch anderen gönnt. So plädiert er für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Mit dieser Absicherung würde sich "die Gesellschaft wirklich grundlegend ändern", gibt er sich sicher: "Leute würden einfach mehr ihrem Happyness-Index, als ihrem Kontostand hinterherrennen." Für Young Paul bedeutet das, den verloren gegangenen musikalischen Faden wieder aufzunehmen.
2015 tritt er als Gastrapper auf der "Fussball EP" und "Fenster Zur Strasse" von Veedel Kaztro auf. Bei Konzerten des Kollegen übernimmt er die Rolle des Back-Up-Rappers: "Das war der Wiedereinstieg für mich." Mit dem Produzenten Exzem entsteht die EP "Ein Grosser Apfel", die Anfang 2016 erscheint. Zudem veröffentlicht er als Teil der Sektorwestbüdchengang "Dat Mixtape". Die eigentlich eher als "loser Verbund" auftretende Crew besteht unter anderem aus ihm, Kaztro, Ammo und Sparky. Letztgenannter vermittelt Young Paul den Kontakt zum Kölner Label Heart Working Class.
Ende 2017 erscheint über die neue geschäftliche Heimat "The Album EP", eine Kollaboration mit dem Produzenten Mels. Gemeinsam lassen sie im März 2020 "Panama Papers" folgen. Wer ihn kenne, habe ihn lange als den Rapper eingeordnet, "der nie auch nur einen Hauch von Message in den Texten hatte." Vielmehr habe in der fehlenden Aussage die Message gesteckt. Erstmals habe er nun das Bedürfnis verspürt, "ein bisschen was Reiferes zu schreiben." So umfassen die akustischen Dokumente neben gewitzter Pose auch betont ernsthafte Songs à la "Timestretch" und "Liebe".
"Ich hab' Bock, weiter Mucke zu machen, mehr live zu spielen und mich auch auszuprobieren", formuliert Young Paul seine Wünsche für die Zukunft. Was über die unmittelbare Umsetzung von Plänen hinausgeht, liegt ihm jedoch eher weniger: "Ein Mensch mit langfristigen Zielen bin ich tatsächlich überhaupt gar nicht." Letztlich geht es dem Kölner ganz simpel darum, möglichst zufrieden zu sein. Und das lässt sich verhältnismäßig einfach erreichen: "Im Endeffekt bin ich solange zufrieden wie ich Musik machen und veröffentlichen kann."
Noch keine Kommentare