laut.de-Kritik

Rostig bröselndes Gerödel.

Review von

Sieben lange Jahre nach "American Inquisition" gibt es wieder ein Lebenszeichen von Christian Death. Per Crowdfunding organisierte Valor Kand die notwendigen Produktionskosten von treuen Fans. Das Ergebnis ist in der Tat rekordverdächtig: Noch nie habe ich eine misslungenere Platte einer weltweit echten Goth-Legende gehört. "The Root Of All Evilution" geht als das mit Abstand schlechteste Album in die mit Tiefpunkten nicht gerade geizende Christian Death-Diskografie ein.

Bandchef Valor Kand ist seit Jahrzehnten ohnehin berüchtigt für seine unfassbar miesen Produktionen und Arrangements. Dieses rostig vor sich hin bröselnde Gerödel setzt seinen Untaten über eine Strecke von zehn Songs leider die unrühmliche Dornenkrone auf. Wucht, Dynamik und ein differenziertes Soundbild sind im saftlosen Gedengel praktisch nicht vorhanden. Schwarzkittel und Kuttenträger schreckt er mit solch unausgegorenen Trash gleichermaßen ab. Wandelte er seinen Namen in "Valor Can't" um, keiner würde es merken.

Seine Vocals verschlimmern den Eindruck noch. Das einzig Metallische - was der selbst verkündeten Einordnung als "Alternative Metal" unfreiwillig komisch nahe kommt - ist Kands Wackelkontakt-Gesang wie aus der eisernen Lunge. Als kraftvoller Sänger taugte er noch nie. Zwar steht das Konzept von Christian Death seit jeher schrägem und exaltiertem Einsatz der Stimme bewusst offen gegenüber. Das hier gebotene knurrige Geröchel hat gleichwohl nichts mit Avantgarde oder Kunst zu tun. Es klingt schlichtweg nach dem Unvermögen jener, die gern Regeln umwerfen, ohne sie zu beherrschen. Anspieltipp des Grauens: "We Have Become", in dem Valor wie ein Kehlkopf-amputierter Scott Walker klingt.

Es ist kein Spaß, den Niedergang einer ehemals verehrten Lieblingsband so harsch mitzuerleben. Dabei kann Valor so gut sein, falls er sich mit fähigen Kollegen anstelle von Claqueuren umgibt. Mit Rozz Williams und/oder Gitane Demone schuf er hervorragende Werke wie "Catastrophe Ballet" (1984), "Ashes" (1985), "The Wind Kissed Pictures" (1985) oder "Atrocities" (1986). Doch diese Zeiten liegen lang zurück und führen uns zum absoluten Sargnagel von Christian Death im allgemeinen und diesem 14. Studioalbum im Besonderen:

Letzterer hört auf den Namen Maitri und ist als Komponistin, Musikerin und Co-Sängerin seit mehr als 20 Jahren keine Hilfe. Genau so lang wie die Niederländerin als Möchtegern an Bord des Schiffes ist, seit 1992 nämlich, sinkt die Kogge unaufhaltsam. Christian Death haben seitdem keine einzige gute Scheibe zustande gebracht. Passend zum Titel der aktuellen Platte spielt Maitri einmal mehr die Wurzel allen kreativen Übels und versenkt den alten Seelenverkäufer vollends.

Statt einer schicken Kontrast-Chanteuse zu Valor, wie die großartige, Jazz-erfahrene Gitane ("Gloomy Sunday") als Königin der Nacht, gibt es bei der selbsternannten Black Metal-Queen Maitri lediglich effekthaschende Gewitterhexen-Vocals aus der audiophoben Vogelscheuchenabteilung aller Goth-Klischees. "Tar Black Liquid", "Illuminazi", "Forgiven" oder das endzeitfurchtbare "Deliver Us" verschaffen beim Hören Gänsehaut wie quietschende Kreide auf der Tafel.

Spätestens, wenn das Horrorduo sein schmieriges "This Cross" als fieses Touristen-Orient-Folk-Imitat zum Besten gibt und dabei wirkt wie ein drittklassiges Animateur-Gespann auf der Mallorca-Showbühne, ahnt man: Der 1998 verstorbene Rozz Williams würde einen Moment stoppen, in seiner Gruft zu rotieren, um beiden ordentlich ein paar zu kleben. Sie dürften sich nicht beschweren. Statt dieses Machwerks kann ich jedem nur die obig erwähnten CDs und den musikhistorisch einflussreichen Christian Death-Meilenstein "Only Theatre Of Pain" aus dem Jahr 1982 sowie die hervorragende Duo-Platte "Dream Home Heartache" (1995) von Williams/Demone empfehlen.

Trackliste

  1. 1. In The Garden Of Evilution
  2. 2. This Cross
  3. 3. Tar Black Liquid
  4. 4. Fema Coffins
  5. 5. Illuminazi
  6. 6. We Have Become
  7. 7. Forgiven
  8. 8. Penitence Forevermore
  9. 9. Deliver Us
  10. 10. Secrets Down Below

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6 Kommentare mit 20 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    what the fuck, The Root of All Evilution are one of the best Christian Death records,, c'mon , 9/10

  • Vor 9 Jahren

    i think that it has become a very fresh album of Valor. Style like: 'Insanus, Ultio, Prodito, Misericordiaque'/`Sex And Drugs And Jesus Christ!`

  • Vor 9 Jahren

    Huahuahuahuahua... Die Review ist wirklich amüsant geschrieben. Ich bin zwar ganz anderer Meinung, was dieses durchaus interessante Machwerk angeht, doch habe ich mich prächtig amüsiert! Meine Wertung: 7/10

    • Vor 9 Jahren

      Ich kann kaum glauben, daß der Rezensent sich die gleiche Platte wie ich angehört hat. Das Album ist kein Machwerk (die Besprechung doher eher), sondern ein Kunstwerk!

  • Vor 9 Jahren

    Ich frage mich, ob der Resenzent sich diese Platte wirklich angehört hat, oder ob er einfach aus irgendwelchem Grund Valor-Bashing betreiben will.

    Daß der obige Rezensent seine eigene Meinung vertreten darf, ist klar. Sachlich gesehen stimmen etliche Behauptungen doch überhaupt nicht.

    i.) Rein technisch gesehen ist die Stimme Valors einfach herrlich. Wie in einem langen Interview mit der britischen Zeitschrift „Bats and Red Velvet" aus dem Jahre 1992 dokumentiert ist, arbeitete Valor zirka 1983 zusammen mit Rozz am Klavier, um die Stimme Rozz' zu verbessern. Dies erklärt die Wandlung, die sich in seiner Stimme zwischen „Only Theatre of Pain" und „Catastrophe Ballet" vollzog. Ausgerechnet das Stück „We Have Become" auf dieser Platte zeigt, wie Valor hervorragend melodisch und emotionsgeladen singen kann - wie gesagt, rein technisch betrachtet, und einerlei, ob man Valors Stimme mag oder nicht.

    ii.) Die Behauptung, daß Valor „berüchtigt für seine unfassbar miesen Produktionen und Arrangements" sei, hält einer objektiven Betrachtung nicht stand. Allein Valors Alben _seit_ dem Weggang Gitanes strotzen vor einer Myriade von Stilen, die von Rock bis Klassik, Ambient bis Metal, Pop bis Akustik reichen, um nur einiges zu nennen. Die Arrangements sind luxuriös, oft orchestral und zeugen von äußerster peniblen Kleinarbeit. Weil er diese für mich „unfassbare" Meinung vertritt, wage ich zu meinen, daß der Rezensent weder Musiker noch Komponist ist.

    iii.) „Christian Death haben seitdem [d.h. seit dem Einstieg Maitris] keine einzige gute Scheibe zustande gebracht"? Auf keinen Fall. „Sexy Death God" und „Prophecies" und „American Inquisition" sind allesamt großartige Scheiben.

    Ich könnte weiterschreiben. Stattdessen weise ich aber auf eine englischsprachige Besprechung dieses Albums hin, die meiner Sicht der Dinge entspricht. Für mich ich diese Platte das stärkste Christian Death-Werk seit langer Zeit und verdient 9 bis 10 von 10 möglichen Punkten. Valor ist seit 1983 die treibende musikalische Kraft hinter Christian Death und seit 1985 auch die konzeptuelle. Für mich ist er einfach ein Genie!

    Bitte siehe: http://www.amazon.co.uk/gp/product/B0131FE…

    • Vor 9 Jahren

      Hallo,
      „Prophecies" ist aber wirklich kein gutes Album. Da ist, nach Valor`s eigener Aussage, einiges schief gelaufen und so klingt es auch. Der einzig einigermaßen gute Song auf „Prophecies" ist Without.
      Das neue Album dagegen gefällt mir bis auf einige gesangliche Ausreisser von Maitri sehr gut. l.g.

  • Vor 9 Jahren

    Im Übrigen: Die Band bezeichnet sich selbst nicht als „alternative Metal", und Maitri hat sich nie eine „Black-Metal-Queen" genannt. Wieder falsche Behauptungen in dieser „Besprechung"!

  • Vor 9 Jahren

    Gerade durchgehört. Das muss man nicht mögen (wie alles, was aus Valors Ecke kommt), aber das Material klingt schon stark nach dem Sound der besseren Zeiten dieser CD-Inkarnation (Scriptures / Sex, Drugs & Jesus Christ), ziemlich aufgeräumt für die alten Säcke... Der Rezensent wirkt, als hätte er gerade das erste Mal in seinem Leben etwas von Valor gehört und käme wie 99% der Menschheit mit dem gewöhnungsbedürftigen zerfahren-theatralischen Stil nicht zurecht. In einem Atemzug dann aber "Wind kissed Pictures", "Atrocities" und die Rozz-Sachen hochzuhalten, als wäre er größter Christian Death - Kenner seit anno dazumal, kaufe ich dem Ulf nicht ab (Poser...). Die Sachen würde er genauso scheiße finden, wenn er sie denn tatsächlich mal hören würde, denke ich. Fazit: Review vergessen, ist Quatsch. Die "Root" ist kein neuer Tiepunkt, sondern eher ein erfreulich solider "return to form". Wer generell mit den Sachen von Valor aus den späten 80ern klarkam, sollte mal wieder reinhören. Besser als vieles, was aus der Ecke seit 20 Jahren kam.