laut.de-Biographie
Fayzen
Farsad Zoroofchis repräsentiert so etwas wie das Yin und Yang der Musikvertriebswege. Jahrelang verdient der Sohn iranischer Einwanderer auf den Shoppingmeilen Hamburgs ein mehr als respektables Kleingeld. Er setzt Passanten Kopfhörer auf und bringt so seine fünf Demos (am erfolgreichsten: "Du Bist So Groß …") über die Jahre unglaubliche 20.000 Mal unter die Leute.
Trotzdem strebt der Künstler, der sich gleichermaßen als Rapper und Singer-Songwriter versteht, nach Höherem. Er kontaktiert einen A&R vom Majorlabel Universal, spielt ihm neue, noch unfertige Songs vor, wobei er sich selbst zum Gesang an Gitarre und Klavier begleitet. Ein paar Tage später kommt der Anruf: Farsad Zoroofchis alias Fayzen erhält einen Plattenvertrag.
Spätestens jetzt geht jedem externen Beobachter ein Licht auf: Es musste so kommen. Farsad wird die Musik beinahe in die Wiege gelegt. Mit gerade einmal fünf Jahren singt der Jahrgang 1983 traditionelle persische Lieder. Mit neun erlernt er das Klavierspielen. Dann, mit 15, entdeckt der Hamburger die Liebe zum Hip Hop.
Seinen Weg in die Szene der Hansestadt beschreibt er so: "Nicht jeder in der Clique durfte rappen. Ich hab' zu Hause geübt und mich irgendwann getraut, mit den Jungs zu freestylen. Irgendwann kamen sie mit einem Pulli, da stand der Crewname und Fayzen drauf."
Die erwähnte Einkaufsstraßenkarriere folgt. Fast das gesamte verdiente Geld überlässt Fayzen seinen Eltern – für ihn eine Selbstverständlichkeit: "Sie haben mir immerhin mit viel Mühe eine unbeschwerte Kindheit ermöglicht." Nach ungefähr fünf erfolgreichen Jahren als Straßenrapper wächst die Lust auf Veränderung.
Der MC ist inzwischen 25, er möchte "einfach mehr auf den Punkt kommen. Musikalisch mutiger und versierter werden und weniger rumschwafeln. Mit weniger mehr sagen." Rund um die Uhr bastelt er Beats, übt an Gitarre und Klavier, schreibt Texte, dreht und wendet jedes Wort.
Mit dem Albumdeal unterm Arm (sein Album "Meer" erscheint im April 2013) beschließt Zoroofchis einen Stilwandel. Er wendet sich ab vom Hip Hop früherer Tage und beginnt, introspektiven Songwriter-Pop zwischen Xavier Naidoo, Cr7z und Bosse zu produzieren. Und zu singen.
In den teilweise aus Hip Hop-Zeiten mitgebrachten Texten verarbeitet Fayzen melancholische Gefühle, thematisiert den Wunsch nach innerer Emigration oder eskapistischem Davonlaufen. Letzteres ist auch im von Kim Frank dirigierten Musikvideo "Richtung Meer" der Fall. Darin flieht der Künstler in cineastischen Bildern vor dem Druck des Alltags an die Weite des Meeres.
Erst 2017 geht er den nächsten Schritt: "Gerne Allein" erscheint, er wird zum Geschichtenerzähler. Geschichten über Fernweh, enttäuschte Erwartungen, Selbstzweifel, über Emotionalität in ihren vielen Facetten. Und die Stimme des Sohns iranischer Einwanderer passt dazu perfekt. Zerbrechlich scheint der Klang, ein Oszillieren an der brüchigen Grenze zwischen erfüllend und übersteuert. Mal rau und kratzig, mal sanft. Aber immer tief berührend.