laut.de-Kritik
Von den Dire Straits weit entfernt.
Review von Giuliano BenassiMark Knopfler hat einen Punkt in seiner Karriere erreicht, an dem er mühelos ein Album nach dem anderen aus dem Ärmel schüttelt. Überraschte er 2006 durch eine Zusammenarbeit mit Country-Star Emmylou Harris, meldet er sich ein Jahr später mit seinem typischen Sound zurück, der irgendwo zwischen Rock, Folk und Pop, nach wie vor der Versuchung widersteht, dem Kommerz zu verfallen.
"Wahre Liebe flaut nie ab", erklärt er im Opener, der auf drei akustischen Akkorden und einer einfachen Melodie gründet. Mit Bass und Schlagzeug im 4/4-Takt hört sich das Stück brav an. Eine Eigenschaft, die sich im weiteren Verlauf unwesentlich ändert. Die Moll-Akkorde zu Beginn von "The Scaffolder's Wife" könnten auch von Paul McCartney stammen. "Heart Full Of Holes" und "Let It All Go" weisen mit Ziehharmonika und Banjo dagegen irische Einflüsse auf, ähnlich dem besten Stück des Albums, "Secondary Waltz", das dem Titel getreu im 3/4 –Takt daher schunkelt.
Die Dire Straits schimmern höchstens einmal durch, in "Punish The Monkey". Doch von seiner ehemaligen Combo hat sich Knopfler mittlerweile so weit entfernt wie Sting von Police vor der Reunion. Der Twang seiner Gitarre ist immer noch unverwechselbar, richtige Soli sind auf dem Album aber keine vorhanden.
Im Vordergrund stehen Stimmung und Texte, die kurze, unverfängliche Geschichten erzählen, etwa von einem gescheiterten Schauspieler ("The Fizzy And The Still"), Jugendlichen, die eine Band gründen wollen ("We Can Get Wild"), einem Boxer, der nicht tanzen kann ("Secondary Waltz"), einem Angestellten, der anstelle seines Chefs bestraft wird, ("Punish The Monkey") oder einem Schriftsteller vergangener Tage, der seine Inspiration in der Gosse sucht ("Madame Geneva's").
"Kill To Get Crimson" bietet weder Schweiß noch Düsterkeit. Immer wieder erinneren die Stücke an Gordon Lightfoot oder den Bruce Springsteen von "Nebraska" und "The Ghost Of Tom Joad", wobei es sich eher um entfernte Echos als um Zitate handelt. Nicht wirklich spannend, aber nett anzuhören.
13 Kommentare
die stücke vom neuen album, die er letzten montag in berlin gespielt hat, fand ich ganz anständig. ich werde das album so oder so kaufen, aber die soliden und guten songs begründen das dann auch.
Zitat (« ... meldet er sich ein Jahr später mit seinem typischen Sound zurück, der irgendwo zwischen Rock, Folk und Pop, nach wie vor der Versuchung widersteht, dem Kommerz zu verfallen. »):
... also wenn "vor" auch die Dire Straits-Periode einschließt, ist dieses Statement aber doch etwas fehl am Platze. "Brothers in Arms" gehört mit 29 Millionen verkauften Exemplaren immerhin zu den niemals zu toppenden Top-20-Mega-Monstern.
Zitat (« ... also wenn "vor" auch die Dire Straits-Periode einschließt, ist dieses Statement aber doch etwas fehl am Platze. "Brothers in Arms" gehört mit 29 Millionen verkauften Exemplaren immerhin zu den niemals zu toppenden Top-20-Mega-Monstern. »):
Nun ja, erstens ist "niemals" grundsätzlich ein hartes Wort und zweitens besteht schon ein deutlicher Unterschied darin, ob man kommerzielle Musik macht oder ob sich Musik gut verkauft. AC/DC oder Led Zeppelin befinden sich meines Wissens auch irgendwo unter den Top 20 mit "Back In Black" bzw. "IV", aber als "kommerziell" würde ich weder das eine noch das andere Album bezeichnen ...
Gruß
Skywise
ich finde, dass er mit den straits einfach echt unglaubliche nummern geschrieben hat. ich denke an songs wie eben "sultans of swings", "telegraph road" oder "private investigations".
bei seinen solo-platten gabs auch highlights wie das album "ragpickers dream" und dem gleichnamigen track. oder man denke an geniale nummern wie "marbletown" oder "hill farmers blues". das ist geniale musik, unkonventionell, einfach anders! er ist einfach ein toller songwriter und hat lieder erschaffen, die immer toll sein werden.
aber das letzte album und auch die produktion mit emmylou harris, das ist einfach nicht mehr aufregend, er riskiert nichts mehr und bleibt in diesem unspektakulären gedudel hängen. da ist kein schönes ausphrasiertes solo mehr, da ist keine spannung mehr drin.
jetzt hat man das gefühl, er würde nur noch für sich vor dem kamin schreiben, ohne anspruch auf das gewisse etwas, das seine musik früher ausgemacht hat.
ich finde seine platte nicht schlecht (es gibt soviel müll auf diesem planeten), aber ich höre sie und kann mich an keinen song mehr namnetlich erinnern, weil es leider sehr gleich klingt. wenn man drei vier songs von der emmylou harris platte in der neuen platte übernommen hätte, würde es wohl ausser der frauenstimme nicht auffallen.
ich hoffe, dass er sich für die nächste produktion mehr zeit lässt und was spannenderes dabei rauskommt.
Mark Knopfler muss nicht mehr unbedingt spannende Alben im Sinne von "ich frickel jetzt mal rum und bringe dolle Sachen, die ich noch nie gebracht habe" auf den Mark schmeißen.
Seine Soloalben sind sicherlich keine wahren Meisterwerke oder beinhalten Musik, mit der er sich selbst neu erfindet.
Dafür ist der Mann zu sehr in seinem ureigenen Stil verhaftet.
Normalerweise oder zumindest oft nennt man sowas auch künstlerischer Stillstand. Bei Knopfler mag ich insoweit nicht davon reden, als er ganz locker und aus dem Handgelenk heraus in der Lage ist, seinen Stil permanent so zu variieren, daß dabei immer ein zumindest gutes Album rauskommt und gleichzeitig keine Kopie eines älteren Albums. Unverkennbar Knopfler, aber auch immer wieder ein wenig anders, als der Vorgänger.
Und so lange ich das bei seinen Solowerken spüre, so lange mich dieser Mann mit seinem unendlich lockeren und relaxten Spiel in Sphären des akustischen Wohlgefühls treiben lässt, so lange kann er von mir aus jedes Jahr ein neues Album bringen.
@Jan Dilba (« Mark Knopfler muss nicht mehr unbedingt spannende Alben im Sinne von "ich frickel jetzt mal rum und bringe dolle Sachen, die ich noch nie gebracht habe" auf den Mark schmeißen.
Seine Soloalben sind sicherlich keine wahren Meisterwerke oder beinhalten Musik, mit der er sich selbst neu erfindet.
Dafür ist der Mann zu sehr in seinem ureigenen Stil verhaftet.
Normalerweise oder zumindest oft nennt man sowas auch künstlerischer Stillstand. Bei Knopfler mag ich insoweit nicht davon reden, als er ganz locker und aus dem Handgelenk heraus in der Lage ist, seinen Stil permanent so zu variieren, daß dabei immer ein zumindest gutes Album rauskommt und gleichzeitig keine Kopie eines älteren Albums. Unverkennbar Knopfler, aber auch immer wieder ein wenig anders, als der Vorgänger.
Und so lange ich das bei seinen Solowerken spüre, so lange mich dieser Mann mit seinem unendlich lockeren und relaxten Spiel in Sphären des akustischen Wohlgefühls treiben lässt, so lange kann er von mir aus jedes Jahr ein neues Album bringen. »):
bin zu 100% deiner meinung.