laut.de-Biographie
Cat Power
Rauchig, düster, sanft, erotisch. Worte, die eingrenzen, wie die Musik von Cat Power alias Chan (sprich: Shawn) Marshall klingt. Ausreichend sind sie deshalb noch lange nicht. Manchmal erinnert sie an Heather Nova - ohne deren extrem schrille und betont esoterische Momente. Dieses Rauchige, wie es auch bei Norah Jones fasziniert, zieht Hörer ihrer Musik in ihren Bann. Cat Powers Folk-Blues berührt, ohne invasiv oder aufdringlich zu wirken, und hält die Welt für einen kostbaren Moment an.
Am 21. Januar 1972 beginnt das Leben von Charlyn Marie Marshall in Atlanta in Georgia. Ihre Eltern lassen sich früh scheiden. Vater Charlie ist Wandermusiker, sein Schwerpunkt liegt auf dem Bluespiano. Die Karriere einer Musikerin schwebt Chan Marshall eigentlich gar nicht vor, als es sie nach abgebrochener High-School-Laufbahn in Richtung New York verschlägt.
Dort lernt sie Sonic Youth-Drummer Steve Shelley kennen. Er und Tim Foljahn (Two Dollar Guitar) bieten Marshall an, als Begleitmusiker mit ihr aufzunehmen. Daraus ergeben sich ihre ersten beiden Alben "Dear Sir" und "Myra Lee". 1996 wechselt sie zu Matador Records und veröffentlicht noch im gleichen Jahr "What Would The Community Think". Das 1998 folgende "Moon Pix" gilt als eines ihrer besten Alben. Es verschafft Chan erstmals etwas größere Beachtung. Zusammen mit den befreundeten Musikern Mick Turner und Jim White von den Dirty Three nimmt sie die Scheibe in Australien auf.
Es folgt die Ruhe nach dem künstlerisch großen Wurf. Ob sie sich sorgt, es auf einem weiteren Album nicht mehr mit sich selbst aufnehmen zu können? Spekulation. 2000 meldet Marshall sich mit "The Covers Record" zurück. Sie covert die Stones, Bob Dylan, The Velvet Underground, Nina Simone, macht sich deren Songs zu eigen. Dann wieder Stille.
"You Are Free" heißt ihre fulminante Rückkehr nach fünf Jahren ohne eigenes Material. Zeitlose Folksongs und berührende Balladen, das nervöse "Free" überzeugt ebenso wie "Evolution", ein Song, der nach tiefer Nacht, Kerzenschein und Whiskey klingt.
Der Alkohol hat zu diesem Zeitpunkt leider auch einen gefährlich hohen Stellenwert in ihrem Leben eingenommen. Auf der Bühne ist Cat Power seit Ende der 90er Jahre kaum ohne Scotch- oder Weinflaschen anzutreffen, was ihre Bühnenunsicherheit und sonstige Psychoticks nur verschlimmert. 2003 begibt sie sich in medizinische Behandlung und kommt dank Antidepressiva allmählich wieder auf einen guten, gesunden Weg.
"The Greatest", der Name ihres siebten Albums, klingt nach einer Hits-Zusammenstellung und nach Karriereende. Weit gefehlt. Während ihre Longplayer immer eine gewisse Lo-Fi-Attitüde an den Tag legten, folgt Cat Power nun ihrer Liebe zum Rhythm'n'Blues nach Memphis.
Die ausgefeilten Aufnahmen bergen Hörner, Streicher und Keyboards. Musiker wie Mabon "Teenie" Hodges, Gitarrist und Co-Songschreiber von Al Green, oder der Schlagzeuger Steve Potts (Booker T.) unterstützten Marshall bei den zwölf Songs voller Gefühl.
Bereits 2008 kehrt sie mit einem neuen Studioalbum zurück. "Jukebox" ist das erste Album, das sie mit ihrer Tourbegleitband Dirty Delta Blue aufnimmt, zu der Judah Bauer zählt, Gitarrist der Jon Spencer Blues Explosion. Erstmals seit 2000 interpretiert Cat Power darauf wieder die Songs eigener Idole, darunter erneut Dylan, aber auch Joni Mitchell und Frank Sinatra.
Auf "Sun" bringt Chan Marshall 2012 wieder ausschließlich Eigenkompositionen ein, die sie auch fast ausnahmslos alleine einspielt und produziert. Sie verlässt bekannte Terrains wie den zuvor betretenen Memphis Soul oder Delta Blues und nähert sich stattdessen modernen Soundscapes.
Kurz vor Fertigstellung des Albums trennt sich ihr Freund und Schauspieler Giovanni Ribisi nach sechs Jahren von ihr und heiratet im Juni 2012 das Model Agyness Deyn. Für die Sängerin ist "Sun" nun mehr als zuvor schon "ein zuversichtlicher Gang in die eigene Zukunft, hin zu persönlicher Kraft und Erfüllung". Bereits vor der Trennung nannte sie das Album eine "Wiedergeburt".
2015 und 2016 geht sie ohne neues Album wieder ausgiebig auf Welt-Tournee und sorgt parallel für Aufsehen mit ihrer Unterstützung für Bernie Sanders. Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat tritt gegen seine interne Gegnerin Hillary Clinton an, bezeichnet sich selbst als "demokratischer Sozialist" und schien zunächst chancenlos. In den Vorwahlen holte der parteilose Senator aus Vermont aber immer mehr auf. Gemeinsam mit den Red Hot Chili Peppers, Killer Mike von Run The Jewels, Diplo, Billy Bragg und vielen anderen Künstlern positioniert sie sich für den 74-jährigen Kandidaten.
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