laut.de-Biographie
Ben Harper
"Won't you help me sing, these songs of freedom, 'cause all I ever had, redemption songs" Es ist anzunehmen, dass Bob Marley auch diesen Song an jenem Abend des Jahres 1977 vorträgt, als der kleine Ben mit seinem Papi im Konzert des Reggae-Idols steht. Ben ist gerade acht Jahre alt und spielt bereits seit zwei Jahren Gitarre. Mami und Omi können schließlich auch die sechs Saiten zupfen, Papi war Perkussionist, und die Großeltern führen seit 1957 das von Musikern rege frequentiertes Folk Music Center in Harpers Heimat Claremont, einige Meilen östlich von Los Angeles.
Von Marley guckt sich Ben ein bisschen die artistische Magie seiner Bühnenpräsenz und die Liebe zur Spiritualität ab, doch auch inhaltlich werden später Bezüge erkennbar. Nicht nur Reggae und Roots berühren den Knaben, auch Jimi Hendrix, die Auswüchse des Delta Blues, die Rap- und Hip Hop-Szene von Los Angeles und natürlich die Folk-Musik gehören zu seinen Favoriten.
Mit siebzehn macht er die schicksalhafte Bekanntschaft mit einer Bottleneck Slide-Gitarre. Der Weissenborn (sein Markenzeichen) bleibt er seine ganze Karriere über treu. Mit ihr um den Hals trägt er im LA-Circuit erste Blues-Nummern vor, die keines Verstärkers bedürfen. Zur Belohnung wird er 1993 entdeckt, erhält einen Deal mit Virgin und veröffentlicht ein Jahr später sein selbst produziertes Debutalbum "Welcome To The Cruel World", das positive Reviews nach sich zieht. Harpers großes Talent kommt besonders in den Liveshows zum Tragen, in denen er durch sein Charisma und seine Leidenschaft jeder noch so großen Location das Gefühl eines intimen Clubs einhaucht.
Zusammen mit seiner Band, den Innocent Criminals, beginnt eine lange Tournee-Phase, dank der sich Harper vor allem in den Staaten eine ergebene Fangemeinde erspielt. Spätestens mit der Veröffentlichung seines zweiten Studioalbums "Fight For Your Mind" (1995) ist er auch in Australien, Neuseeland, Italien und Frankreich ein Seller. Die Bühne teilt er u.a. mit solch illustren Kollegen wie Pearl Jam, Dave Matthews Band und Blues-Legende John Lee Hooker. Als schöne Anekdote gilt Harpers Auftritt von 1996, als er vor 30.000 Pearl Jam-Fans sein rebellisches "I'll Rise" anstimmt, woraufhin die Menge spontan den Text mitsingt, Fäuste ballt und den Kalifornier aufrichtig ins Herz schließt.
"The Will To Live" (1997) erweitert Harpers folkorientierten Songwriter-Stil um die Komponenten Blues, Gospel, Country und Funk; die Aufnahmesessions werden absichtlich mit Konzerten gekoppelt, um ein Feeling für die neuen Sachen zu bekommen. 1999 erscheint das sehr Groove- orientierte "Burn To Shine", das mit Jazz-Arrangements ("Suzie Blue") und Beatbox-Einlagen ("Steal My Kisses") wieder neue Einflüsse integriert.
Nach dem relativ glatten "Diamonds On The Inside" (2003) erfolgt eine schicksalsträchtige Begegnung mit den Blind Boys of Alabama, einer der bekanntesten Gospel-Gruppen der USA. Mit der Studiobemühung "There Will Be A Light" (2004) begeben sie sich auf Tour. Die CD/DVD "Live At The Apollo" (2005) dokumentiert das Ergebnis der Zusammenarbeit, die den Beteiligten auch einen Grammy einbringt.
Auch auf den folgenden Alben bleibt er seinem typischen Crossover aus Blues, Funk, Jazz und Rock treu. Harpers Standing in der Musikszene kann man allein schon an den Gästen auf seinen Platten ablesen: Da schaut mal ein Ringo Starr, mal ein Charlie Musselwhite vorbei. Mit der Mundharmonika-Legende entstehen auch zwei gemeinsame Alben, "Get Up!" (2013) und "No Mercy In This Land" (2018).
2014 blickt Harper zusammen mit seiner Mutter Ellen und dem gemeinsamen Album "Childhood Home" in den Rückspiegel : "Es war einfach an der Zeit, Danke zu sagen. Ohne meine Mutter, die mich als Kind zum Blues geführt hat, wäre ich heute nicht der der ich bin." Grund zur Dankbarkeit hat aber auch Ellen, denn dank der Einkünfte ihres Sohnes ist die Zukunft des von ihr geführten Folk Music Centers gesichert.
2015 trommelt Harper nach sieben Jahren wieder die Innocent Criminals zusammen und begibt sich mit ihnen auf Tour, unter anderem für Festivalauftritte in Deutschland. 2016 erscheint dann das gemeinsame Studioalbum "Call It What It Is", auf dem Harper wie gewohnt eine breite musikalische Bandbreite abdeckt. Und klar Stellung bezieht: Der Tod zahlreicher Afroamerikaner durch Polizeigewalt in den vorangegangenen Jahren sei nichts anderes als Mord, erklärt er im Titeltrack.
2020 verzichtet Harper auf jegliche Begleitung und sogar auf seine Stimme: Auf "Winter Is For Lovers" widmet er sich dem Instrument, das ihm am nächsten liegt, der Lap-Steel-Gitarre. Auf 15 wie immer hörenswerten Instrumentalstücken zeigt er, dass er auch hier ein Meister seines Fachs ist.
Noch keine Kommentare