26. April 2010

"Peter Steele muss man nicht nacheifern"

Interview geführt von

Tobias Sammet stürmt mit seinem All-Star-Projekt Avantasia die Charts. Selbst die einschlägige Boulevard-Presse interessiert sich mittlerweile für den hyperaktiven Frontmann. Mit laut.de sprach der 32-Jährige über abstruse Klassik-Vergleiche, Ritterschläge der Bild-Zeitung und die Unmoral im Rock'n'Roll-Zirkus.Tobias Sammet kreiiert Bombast-Metal vom Feinsten, sagen die einen. Die anderen werfen ihm Augenwischerei vor. Metal Oper oder High School Musical? Fakt ist: Mit Edguy und Avantasia führt Sammet zwei ausgesprochen erfolgreiche Metal-Institutionen an, deren Fanschar sich über den halben Globus erstreckt.

Trotz aller Verführungen, die Ruhm und Star-Dasein mit sich bringen, bleibt der als Plaudertasche verschriene Frontmann auf dem Boden. Leisetreterei war jedoch noch nie das Ding des 32-Jährigen, wovon die zahlreichen selbstbewussten Statements zeugen. Aber überzeugt euch selbst.

Hi Tobi, ich freue mich darauf mit einem ausgewiesenen Exponenten für gitarrenorientierte und handgemachte Musik plaudern zu dürfen.

Das hast du sehr schön gesagt. Aber ich kenn das ja. Erst tust du so, als fändest du mein Zeug gut, und dann stichst du zu mit kritischen Fragen zum Thema kommerzieller Ausverkauf. Ich weiß doch, wie der Hase läuft. Nein, war ein Scherz (lacht).

Bist du derzeit von der Promoarbeit gestresst, oder gönnst du dir auch mal eine Pause?

Entspannen, das klingt so, als hätte ich davor wahnsinnig viel gearbeitet. Ich gehe ja nur meinem zeitintensiven Hobby nach. Jeder, der einen Fulltime-Job hat, sich bei der Freiwilligen Feuerwehr engagiert und abends Löschübungen absolviert, wendet mehr Zeit auf. Wir müssen halt viel reisen, was stressig sein kann. Nachdem die Platte fertig gestellt war, begab ich mich direkt auf Promotion-Tour. Innerhalb von sieben Tagen fliegst du durch sieben europäische Länder und sprichst jeden Tag mit zwanzig Leuten über das Album. Das Interesse der Leute adelt mich, und man will ja auch viel Presse bekommen.

Bei deiner Arbeitswut kommt trotzdem die Frage auf, ob du nicht mehr alle Tasten im Schrank hast. Kannst du etwas zum Entstehungsprozess sagen? Hast du zwei Alben im Vorfeld geplant?

Ein Doppel-Album war für mich nur unter dem Gesichtspunkt akzeptabel, wenn die zwei Platten in einer Box wahrgenommen werden. Deswegen haben wir beiden Platten unterschiedliche Titel gegeben. Ich wollte, dass sich die Leute mit jedem Album wirklich intensiv auseinander setzen. Diese Doppel-Album-Assoziationen mit vielen Instrumentals und Hörspielcharakter wollte ich vermeiden.

Kommerziell intelligenter wäre es gewesen, ein Album mit zehn oder elf Songs zu veröffentlichen, den Rest zurückzuhalten und in zehn Monaten so zu tun, als stamme das Ganze frisch aus dem Studio. Es wäre falsch gewesen, das fertige Material nachzulegen. Ich wollte einfach jetzt damit abschließen.

Wobei ich mir auch nicht vorstellen könnte, dass du in den nächsten Monaten nicht wieder neues Material komponierst.

Ein Künstler ist wie ein Vulkan. Ich bin jetzt nicht auf Teufel komm raus kreativ. Ich habe immer noch wunderbar viel Freizeit in meinem Leben. Egal was ich mache, die Ideen kommen zwischendurch immer mal wieder durch.

Worin liegt der Hauptunterschied zwischen den beiden Alben?

Ich kann nicht sagen, dass es einen bewussten Unterschied zwischen den beiden neuen Alben gibt. Rein Story-mäßig sind "The Scarecrow", "The Wicked Symphony" und "Angel Of Babylon" genau in dieser Reihenfolge eine Trilogie. Die Songs sind eigentlich auch in einer großen Songwriting-Phase entstanden. Im Prinzip war das ein langer Prozess. Manche Songs haben schon gut dreieinhalb Jahre auf dem Buckel, manche erst ein halbes Jahr.

Der Begriff Story führt fast schon in die Irre ...

Ich wollte den Interpretationsspielraum bewusst größer halten, als das oftmals bei Konzeptalben der Fall ist. Ich wollte die innere Zerrissenheit und die inneren Konflikte des Protagonisten einfach schildern. Der Song "Your Love Is Evil" ist für mich das absolute Paradebeispiel dafür, das im abstrakten Sinne mit der Story verknüpft ist. Er drückt das Gefühl im Protagonisten total gut aus. Dennoch ist es eigentlich ein Song, der aus dem Konzept heraus gerissen werden kann. Dies wird anhand eines ganz einfachen Beispiels illustriert: Ein Typ verliebt sich in eine Schaufensterpuppe und redet sich ein, dass sie ihm nachguckt. Er steht vor der Puppe und fragt sich, warum sie ihn nicht ansieht, warum sie ihren Kopf nicht dreht, wenn er vorbei läuft. Und er sagt: "Deine Liebe ist böse, du erwiderst meine Liebe nicht, deine Liebe ist nicht die, die ich gerne hätte".

Man fragt sich sicherlich im ersten Moment, was dieser Song mit einer Story zu tun hat, die im 18. Jahrhundert angesiedelt ist. Die Schaufensterpuppe aus Silikon, die ich da konkret beschreibe, gab es in dieser Zeit tatsächlich gar nicht. Aber trotzdem passt der Song ins Konzept. Ich spreche in Bildern, und die sind viel universeller. Was Faust für Goethe war, das wollte ich so ein bisschen für mich schildern, auch wenn ich nicht so anmaßend sein will und mich qualitativ auf eine Stufe mit Goethe stellen möchte.

"Avantasia ist meine Modelleisenbahnbahn".

Du hast Avantasia in Bezug auf die Charts-Platzierung als Bayer Leverkusen der Musik-Szene bezeichnet.

Ich habe das ein wenig schmunzelnd gemeint. Meine Plattenfirma wollte ein Statement zu dieser grandiosen Chart-Platzierung. Spontan musste ich dabei an Bayer Leverkusen denken, weil die ja schon einige Male Vize-Erster waren.

Als Fan von Bayern München müsste dich doch vor allem die Pole-Position reizen.

Die Platzierung sagt nicht zwangsläufig etwas über die Qualität aus. Viele meiner absoluten Helden gehen nie in die Top 10. Und die Top 10 sind echt oft voll von irgendwelcher Grütze. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass anscheinend viele unserer Fans das Album gut finden und beide Alben gekauft haben. Das war Mund zu Mund Propaganda. Unter diesem Aspekt ist der zweite Platz noch viel mehr wert. Mir wäre es lieber mit einem großartigen Album nicht ganz so gut abzuschneiden, wie mit "Tinnitus Sanctus" von Edguy, als mit einem beschissenen Album Nr. 1 zu sein. Da würde ich mich eher schämen.

Du hast das letzte Edguy-Album angesprochen. Wenn man sich mal einen Song daraus anhört wie "Pride Of Creation", dann ist da schon eine gute Portion Jim Steinman oder auch Musical-Einflüsse auszumachen. Da gibt es durchaus stilistische Analogien zum Avantasia-Material. Worin liegt denn deiner Ansicht nach der Unterschied? Oder ist er mittlerweile verschwindend gering?

Die Unterschiede sind in erster Linie das Konzeptionelle und dass ich mit Avantasia meine eigene Modellbahn kreiere. Ich mache exakt das, was ich will und natürlich mit vielen Musikern, vor allem mit anderen Sängern. Du schreibst automatisch anders als würdest du nur für dich komponieren. Es gibt Songs, die sowohl für Edguy als auch Avantasia funktionieren. "9-2-9" von der letzten Edguy-Platte war ursprünglich ein Avantasia-Song.

Avantasia ist ein wenig mein Freizeitprojekt. Ich muss nichts regelmäßig machen, je nachdem wie ich Lust habe. Und das macht es in einer gewissen Hinsicht zu einer Modelleisenbahn, an der man herumbastelt, wann man will. Man baut sich seine kleine heile Welt, mit verschiedenen Sängern und einer Story. Da bin ich halt wie ein großes Kind (lacht).

Die Modelleisenbahn ist letztes Jahr durch Europa getuckert. Zuvor gab es die strikte Trennung: Auf der einen Seite Edguy, ständig auf Tour, auf der anderen Seite Avantasia, gewissermaßen dein Baby. Als dann das Projekt auf die Bühne gekommen ist, haben sich viele gefragt, wo ist da jetzt eigentlich der Unterschied?

Avantasia hat etwas Epischeres, und Edguy hat etwas Schelmischeres, auch wenn ein und derselbe Kasper am Mikrofon steht. Bei Avantasia haben die Leute erst einmal gestaunt. Es gab ein großes Bühnenbild, und plötzlich kam Jørn auf die Bühne, dann Bob Catley, auch mal Kai Hansen (Gamma Ray), einem Musical nicht unähnlich. Bei Edguy spielen wir zwei Minuten und die Leute machen eine Polonaise. Das hat einen ganz anderen Charme. Für mich persönlich sind die beiden Dinge ganz weit voneinander entfernt und trotzdem finde ich beide Sachen großartig.

Wie lukrativ müsste denn ein Angebot sein, um das Projekt wieder auf die Bühne zu bringen?

Wir warten ab, bis es wirklich unmoralisch wird (lacht). Dann ist damit zu rechnen, dass wir es durchziehen. So ehrlich muss ich sein. Ein Projekt mit so vielen Leuten und so einer großen Crew kannst du nicht durch irgendwelche Clubs schicken. Das ist finanziell nicht machbar. Wir müssen dabei kein Geld verdienen, absolut nicht, aber ich möchte auch kein Geld damit verlieren.

Mit Edguy seid ihr im Vorprogramm der Scorpions-Abschiedstournee unterwegs. Möchtet ihr auch die Kooperation mit Klaus Meine "Dying For An Angel" auf die Bühne bringen?

Ich gehe nicht davon aus. Ich hätte damit überhaupt kein Problem. Aber versetzen wir uns mal in die Lage von Klaus. Der spielt seine Abschiedstour, der wird die zwei Stunden Vollgas geben. Ich glaube nicht, dass er dann Bock drauf hat, schon eine Stunde vorher auf die Bühne zu gehen. Aber ich meine, wir werden das auf uns zukommen lassen. Wir werden genügend Abende haben, wo wir darüber diskutieren können.

Vielleicht einfach auch mal bei dem ein oder anderen Bier. Da lässt sich manches Versprechen abringen, quasi wie bei Mephisto, der dem Faust die Seele abgeluchst hat.

Meinst du, dass das auch bei einem Bier passiert ist?

Ich glaube, da wars wohl eher der Wein, der den Ausschlag gegeben hat.

Hiermit verkaufe ich meine Seele im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte für 1,10 Euro.

Um mal auf Mephisto zu sprechen zu kommen. In deiner Story wird er von Jørn Lande verkörpert, der nach dir am häufigsten zu hören ist. Dabei kommt die Frage auf, ob du eine besondere Affinität zum Bösen hast? Oder gab schlicht die Stimme des Norwegers den Ausschlag?

Ich liebe die Stimme von Jørn, und mir macht es Spaß, ihm Passagen auf den Leib zu schneidern. Mephisto nimmt eine tragende Rolle ein. Er ist der Verführer und vermittelt zwischen dem Protagonisten und seinen Dämonen. In meiner Story ist Mephisto nicht böse. Er spricht die Wahrheiten auf eine sehr zynische Art und Weise aus und serviert dem Protagonisten andere Seiten der menschlichen Existenz auf dem Tablett und fragt schnippisch "willst du oder willst du nicht"!

In unserer kirchlich geprägten Gesellschaft wird das als "böse" dargestellt, aber im Endeffekt entscheiden wir, was wir daraus machen. Aber nur weil man Dinge wegdiskutiert, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht existieren. Wenn wir kleine Engel hätten werden sollen, dann hätten wir kleine Flügelchen. Die haben wir aber nicht, also muss man sich mit den dreckigen Seiten von uns beschäftigen.

Natürlich habe ich auch eine Affinität zum Bösen. Ich habe Bücher vom Teufel noch und nöcher. Es gibt eine Seite an mir, die viele Leute gar nicht kennen und auch gar nicht kennen lernen wollen. In meiner Gegenwart riecht es durchaus mal nach Schwefel.

"Der muss schwul sein, der zieht Kuhhosen an".

Wie bist du denn diesmal bei der Wahl der Gastmusiker vorgegangen? Steht bei dir zuerst der entsprechende Song, und dann schaust du dich nach einem geeigneten Sänger um, oder musstest du manchen Song aus Mangel an geeigneten Sängern streichen?

Songs streichen musste ich gar nicht. Wenn ich beispielsweise für Michael Kiske (Ex-Helloween) oder Bob Catley (Magnum) schreibe, dann habe ich die Stimme im Kopf. Wenn ich weiß, dass ich einen Song für Bob Catley schreibe, dann geht der automatisch in die Magnum- und Meat Loaf-Richtung. Die Assoziationen kommen von selbst, schließlich bin ich ein großer Magnum-Fan. Bei Michi denke ich immer an "Eagle Fly Free" und schreibe dann in diese Richtung.

Bei anderen Songs, wie bspw. "Death Is Just A Feeling" oder "Scales Of Justice" hatte ich den Song und einen entsprechenden Charakter im Kopf, hatte aber noch keinen Sänger und musste dann einen richtigen finden. Das ist mir mit Jon Oliva (Savatage) und Tim "Ripper" Owens (Ex-Judas Priest, Ex-Iced Earth) in beiden Fällen gut gelungen.

In dem Song "The Edge" gibt Mephisto dem Protagonisten eine Idee davon, was passieren könnte, wenn er die ganze Anerkennung aufgibt und seine Flasche und die abgenutzten Klaviertasten das letzte sind, was ihm bleibt. Den Charakter in dieser Zukunftsvision wollte ich eigentlich von Sebastian Bach (Ex-Skid Row) proträtiert haben. Das hat sich aus unerfindlichen Gründen zerschlagen. Ich hatte ihm jedoch die Sachen schon einmal vorgesungen und aufgenommen. Meine Demo-Version klingt zwar nicht ganz wie Sebastian Bach, aber ich habe es natürlich versucht. Und so scheiße sing ich nun auch nicht, deswegen haben wir einfach meine Sebastian Bach-Imitation drauf gelassen (lacht). Wenn du dir den Song noch mal unter dem Aspekt anhörst, dass er eigentlich eine Demo für Sebastian Bach war, dann hört man auf jeden Fall die Parallelen heraus.

Wenn man die Melodien zum Maßstab nimmt, dann ist eine gewisse Eingängigkeit bei deinem Songwriting nicht von der Hand zu weisen. Andererseits wechselt du auch munter die Tonarten innerhalb eines Stückes. Welche Ansprüche stellst du denn an dich als Songwriter?

Ich will einfach schöne Songs schreiben. Ich will mich jetzt nicht mit Richard Wagner vergleichen, aber dieses Runterfahren, leise Passagen schaffen und dann mit richtiger Wucht aufs Ganze zu gehen, ist eine ähnliche Verfahrensweise. Das geschieht bei mir meistens im Chorus.

Gerade dieses Desmond Child-Old-School-Hit-Songwriting basiert ja eigentlich darauf, ein bisschen was zusammen zu friemeln, im Chorus richtig abzugehen und am Ende dann drei Halbtonschritte höher zugehen. So funktioniert seit Ende der Achtziger eigentlich kein Hit-Songwriting mehr. Ich persönlich finde das immer noch geil. Für mich hat das in den Achtzigern eine wahnsinnige Ausstrahlung gehabt. Im Refrain müssen einfach die Engel singen und der Himmel aufgehen.

Den Richard-Wagner-Vergleich hat ja auch der Stern bemüht, als er das Projekt mit den Worten beschrieb: "Als hätte man Richard Wagner Speed gegeben und eine E-Gitarre in die Hand gedrückt".

Das fand ich super. Das war wahrscheinlich der sympathischteste Verriss, den ich in meiner gesamten Karriere gelesen habe.

Wenn du dich in die Rolle eines Journalisten versetzen würdest, der deine Arbeit bewerten sollte, würdest du wahrscheinlich auch keine bessere Metapher finden.

Ich weiß es nicht. Dieser Vergleich hat auf jeden Fall was Rock'n'Rolliges, sozusagen die Rock 'n' Roll-Version der Klassik. Gut, Wagner war jetzt auch nicht der typische Klassiker. Zumindest bei Media Markt steht er unter Klassik. Aber die Art von Musik, wie ich sie mache, ist sehr opulent und stellenweise auch kitschig. Das ist für mich erst mal nicht abwertend. Es kommt immer auf den Grad des Kitsches an. Bei uns hörst du genauso viel Kitsch, dass du noch eine Gänsehaut bekommst.

Und was sagst du zu dem Kompliment, dass dir die Bild-Zeitung gemacht hat und dich als "Ikone des Metals" bezeichnet hat?

Die Bild muss es ja wissen. Was die schreiben, muss man auch glauben. Die haben einfach begriffen, was so viele Leute nicht wahrhaben wollen. So lange ich nicht als Viagra-Kalle oder Mallorca-Paule aufm Cover bin, dann kann ich auf jeden Fall damit leben.

Während meiner Vorbereitung auf das Interview habe auf der Suche nach Infos und Interviewmaterial deinen Namen gegoogelt. Einer der ersten Suchvorschläge lautete "Tobias Sammet Freundin". Das scheint ja fast ein größeres Reizthema als deine Musik an sich zu sein.

Das geben anscheinend viele ein. Tja, da siehst du mal. Es ging ja lange das Gerücht um, ich sei schwul. Jetzt interessiert man sich für meine Freundin. Irgendein Interesse ist immer da. Mal gucken, was als nächstes noch an Gerüchten ansteht. Fakt ist, dass ich derzeit eine Freundin habe, und ich habe auch die letzten zehn Jahre immer eine Freundin gehabt, aber das hat die Leute nicht interessiert. "Der muss schwul sein, der zieht Kuhhosen an", so lautete lange Zeit die einhellige Meinung. Aber ich glaube, jeder Sänger, der wie ein Kastrat klingt, ist automatisch schwul. Wir sind alle schwul. Jørn ist auch schwul und Andre Matos ist auch schwul. Bei ein paar von Edguy ist es tatsächlich so. Ich bin der einzige, bei dem das nicht der Fall ist. Bei den anderen schon. Felix und Dirk, die treibens auch mal gerne zusammen (lacht). Das kannst du auch so schreiben.

Wenn man sich die letzten sechs Jahre vor Augen führt, in denen sechs Alben unter deiner tatkräftigen Mitwirkung erschienen sind, dürfte der Rock 'n' Roll-Lifestyle doch arg zu kurz gekommen sein.

Verstehst du darunter Saufen, Vögeln und Drogen?

Joggen und in die Natur gehen gehören sicherlich auch dazu.

Das mach ich total gerne. Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich wahnsinnig gerne Wein trinke und das ist alles in einem gesunden Rahmen, soweit man drei Fläschchen Wein pro Woche noch als gesund bezeichnen kann (lacht). Ich trinke abends einen schönen Wein und wenn ich richtig gut drauf bin, dann rauche ich einen Vanillezigarillo dazu. Das ist ungesund, aber vertretbar. Alles darüber hinaus finde ich total scheiße. Jeder Depp kann sich volllaufen lassen und ein Hotelzimmer zerlegen. Wenn ich die ganzen skandinavischen Bands auf Tour erlebe, die sich ins Koma saufen, finde ich das dämlich. Das kann jeder Hund.

Du musst dir nur mal durchlesen, was junge Rock 'n' Roll-Bands, die einen auf AC/DC machen, in irgendwelchen Interviews erzählen. Wie geil die sich fühlen, was die sich alles hinter die Binde kippen und dann einem noch auf die Fresse hauen. Die bekommen zwei Seiten Aufmerksamkeit und alle feiern das. Und in der nächsten Ausgabe liest man einen Nachruf auf Peter Steele. Dieser arme Kerl kam nicht damit klar und hat sich mit Alkohol und Drogen zugrunde gerichtet. Es gibt Millionen von Menschen und etliche Musiker, die sich aufgrund dieses glorifizierten Lifestyles zugrunde gerichtet und sogar umgebracht haben. Ich finde es absolut scheiße und absolut infantil, diesen Lebensstil zu feiern, und es ist eine bodenlose Doppelmoral, Jugendlichen zu vermitteln, dass es total geil ist, sich mit Alkohol in die Nähe des Selbstmordes zu begeben. Ich habe, als ich jung war, auch verschiedene Sachen ausprobiert, die nicht wirklich so gesund sind. Ich bin sowieso hyperaktiv und brauch dazu keine unterstützenden Mittelchen mehr.

Man muss nicht die Jugend dazu animieren Jimi Hendrix oder einem dieser tausend tragischen Typen nachzueifern, weil sie diesen Lifestyle gelebt haben. Ich fänds geiler, wenn Bon Scott noch ein paar Platten gemacht hätte. Meinetwegen hätte er nicht an seiner Kotze ersticken müssen. Aber wenn du irgendwelche Zeitschriften aufschlägst, dann war das genau richtig so, dann war das total cool. Der wird dann als richtiger Rock'n'Roller dargestellt, nicht als cleanes Arschloch wie ich.

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Avantasia

Avantasia nennt der Edguy-Fronter Tobias Sammet im Frühjahr 1999 sein Projekt, das gemeinhin als Metal-Oper bezeichnet wird. Mit einer Oper im klassischen …

Noch keine Kommentare