Porträt

laut.de-Biographie

BBno$

Artists, die viral bekannt geworden sind, haben oft eine in fünfzehn Sekunden auserzählte Geschichte und eine Karriere, die vermutlich in weiteren fünfzehn auch schon wieder vergessen sein dürfte. Doch es gibt auch Leute wie Bbno$, hinter denen sich ein so reicher Straus an Alben, Erfahrungen und aberwitzigen Anekdoten versteckt, dass man gar nicht weiß, wo man zu erzählen beginnen soll.

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Bbno$ "Immerhin bin ich der 'La La La'-Typ!"
Bbno$ über TikTok, das Streaming-Zeitalter und Nickelback.

Schon seine Anfänge sind schwer festzumachen: Das Kollektiv der Broke Boy Gang besteht 2015 eigentlich nur aus seinen Unifreunden in Vancouver, die mit Garage Band herumspielen, während Alexander Leon Gumuchian aka Bbno$ sich damit abfinden muss, dass der professionelle Sport nichts für ihn wird. Denn bis dahin plante der 1995 geborene Kanadier, sich irgendwann mal als professioneller Schwimmer zu verdingen. Parallel dazu studiert er das Fach der Kinesiologie (was nichts mit China zu tun hat, sondern die Lehre der Körperbewegungen beschreibt) und scheint einen sehr respektablen Lebensweg vor sich zu haben,

Nichts da. Aus den Teenagerjahren weg entwickelt sich sein Musikgeschmack vom Dubstep in den Hip Hop, er hört Gucci Mane, Tupac und Chief Keef, findet aber ästhetische wie musikalische Vorbilder in weißen Sonderlingen wie Yung Lean oder Pouya. Und auch wenn Bbno$ (sprich: Baby no Money, anfangs nennt er sich noch Bbnomula) deren emotionale Tiefe sicher nicht zu teilen plant, inspirieren die Außenseiter mit eigener Nische ihn mehr dazu, sein eigenes Ding zu machen. Der kohlelose Neugeborene macht sich auf den Weg in die Unterhaltungsindustrie.

Dieser Weg wird ihm aber nicht leicht gemacht. Zwischen 2015 und seinem Durchbruch 2019 stehen fünf Alben, die erst einmal nicht besonders abheben. Stattdessen erlebt er 2017 eine kurze virale Phase auf dem chinesischen Markt, weil ein berühmter chinesischer Tänzer auf seiner Geburtstagsparty seine Affinität für die Bbno$-Single "Tokyo Yoyo" teilt. Er spielt eine Headlining-Tour durch China und kehrt revitalisiert nach Nordamerika zurück.

Dort an greift er zu allen Registern, um sich auf die Karte zu setzen, findet in Yung Gravy einen Seelenverwandten und hilfreichen Verbündeten, um den eigenen Stil zu entwickeln, und kollaboriert mit jedem Menschen, der Lust darauf hat. Von Andy Lewis bis zu Soundcloud-Untergrund-Veteran Warhol.Ss darf jeder einmal ran. Ab 2018 kommen die Tapes im Akkord. Aber trotzdem braucht es nur den einen Song, um ihn so richtig auf die Karte zu setzen. Wie sagt er es da so schön? "He from the north, he from the Canada, la la la". "La La La" entsteht mit Produzent Y2K und zeigt sofort das Potential, auf TikTok abzugehen. Gemeinsam mit einer clever ausgeheckten Werbekampagne schaffen sie es bis in die Top 20 der Charts und nähern sich 2022 fast der Milliarden-Streams-Marke an.

Das Momentum lässt sich auch vom folgenden Lockdown nicht ausbremsen. "I Don't Care At All", "Good Luck Have Fun", "Eat Ya Veggies" und "Bag Or Die" sind Alben noch und nöcher, dazu kommt die Yung Gravy-Kollaboplatte "Baby Gravy 2". Aber an den Tapes hängt die Beliebtheit überhaupt nicht, denn Bbno$ avanciert schnell zu so etwas wie dem Goldstandard für einen TikTok-Rapper: Songs wie "Edamane" mit Rich Brian oder "Piccolo" gehen viral und halten die Klickzahlen oben.

Der Mann befindet sich an dem Punkt schon in einem ganz anderen Kosmos als viele Rap-Kolleginnen und Kollegen. Und wer ihn nur als TikTok-Artist vor Augen hat, der unterschätzt eben auch, wie viel Geschichte und reflektiertes Szene-Wissen dieser Kerl über die Jahre angehäuft hat. Will man verstehen, wie Viralität funktioniert, kann man genau auf die Labels schauen – oder einen genaueren Blick auf dieses Ein-Mann-Kreativteam richten, das allen anderen irgendwie stets einen Schritt voraus scheint.

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