19. Januar 2016

"Ich denke halt auch in Mundart"

Interview geführt von

Gerade mal ein halbes Jahr nach dem grandiosen "Kirsch" haut Ignaz K. zusammen mit Producer-Buddy Wandl schon die nächste Scheibe raus. Im Interview erzählen uns die beiden, was es mit dem Stilwechsel bei "Geld Leben" auf sich hat. Außerdem verrät Ignaz, wessen Villa er vom Albumvorschuss kauft, wo man in Wien den besten Thailänder findet und was er von der hiesigen Rapszene hält.

Der König der Alpen hätte das bewährte Cloud-Rap-Rezept einfach neu aufkochen können. Nach den Jubelstürmen, die "Kirsch" mit seinem zuckersüßen Schlager-Kitsch auslöste, wäre ihm wohl erneut ein Platz in unserer Jahresbestenliste sicher gewesen. Der Salzburger hat aber keine Lust auf Schubladen und serviert auf "Geld Leben" stattdessen lieber einen samplelastigen Trip, der keine Hooks mehr nötig hat. Im Interview erklären uns Ignaz und Wandl, wer sie bei der Arbeit am Album dazu inspirierte.

Vor kurzem lief bei "Arte Tracks" ein Beitrag über LGoony und Yung Hurn. Habt ihr den gesehen?

I: Nein, aber der Wandl hat ihn gesehen.

Wandl, was hälst du davon, dass eure Kollegen in den öffentlich-rechtlichen Medien stattfinden?

Wandl: Ich hab es schon cool gefunden, weil es Arte ist. Aber ich bin jetzt nicht so heiß drauf.

Wenn ihr eine Anfrage bekämt, würdet ihrs machen?

I: Ich schon, ja. Auf jeden Fall.

Im Beitrag wurde wieder der Begriff Cloud-Rap strapaziert. LGoony ist nicht so begeistert von der Wortneuschöpfung. Was haltet ihr davon?

I: Bei mir ist es ähnlich. Mir ist der Ausdruck eigentlich wurscht, aber ich selbst würde das nicht so nennen.

Wie würdest du es denn nennen?

I: Ich würde es gar nicht benennen. Für mich ist das einfach Hip Hop.

Wir haben in der Redaktion unsere Top 25 Rap-Alben des Jahres gewählt. "Kirsch" hat es neben LGoonys "Grape Tape" in die Liste geschafft. Trotzdem wurde über diese Alben heiß diskutiert, weil oft gerade die alteingesessenen Rap-Heads wenig damit anfangen können. Müssen die Realkeeper endlich akzeptieren, dass diese Art der Musik da ist und auch da bleiben wird?

I: Das ist mir ziemlich egal. Die Realkeeper können ruhig nur ihre Sachen hören. Ich habe nicht den Wunsch, den Leuten etwas aufzudrängen, was ihnen nicht gefällt. Das ist völlig okay und kann von mir aus auch so bleiben.

Die Hater kanzeln Cloud-Rap als kurzlebige Modeerscheinung ab. Glaubst du an eine Etablierung im Rap-Spiel?

I: Ich glaube, es ist schon etabliert.

Ist dir das wichtig?

I: Nee, das ist mir nicht wichtig.

Also ist es dir egal, ob sich Leute für deine Musik interessieren?

I: Natürlich freut es mich, wenn sich jemand für das, was ich mache, interessiert. Aber was mit dieser "Szene" passiert, ist mir egal.

Gerade LGoony rechnet auf seinem Tape mit der Deutschrap-Szene ab und entpuppt sich dabei als wahrhafter Nerd. Bist du auch dauerhaft up to date?

I: Ich bin kein Deutschrap-Nerd und auch leider nicht up to date. Ich picke mir ganz selten einzelne Artists raus, die ich dann geil finde. Aber allgemeines Wissen darüber habe ich nicht.

Woran liegt das? Kannst du mit Deutschrap einfach nicht viel anfangen und bist eher in amerikanischen Gefilden unterwegs? Oder was läuft bei dir auf Spotify?

I: Ich hör alles, was dope ist. Ist mir nicht wichtig, wo das her kommt. Rap aus den USA ist schon immer dabei. Englische, britische Sachen. Japanische Sachen. Französische Sachen. Alles dabei.

In der Deutschrap-Szene ist also nicht so viel dope?

Deutschrap-Szene auch. Aber eben nicht so nerdig wie LGoony.

Was findest du denn in Deutschland dope?

I: 187 Straßenbande finde ich zum Beispiel extrem geil. Und natürlich Goony. Juicy Gay ist auch sensationell. Hm ... wen gibt es noch? Mir fallen jetzt gerade ganz viele nicht ein, die mir sonst einfallen würden.

"Frauen, Geld, Drogen. Autos sind jetzt bisschen mehr zum Thema geworden."

Jetzt mal eine Frage an Wandl zum neuen Album: Im Gegensatz zu "Kirsch" sind da sehr viel sample-lastigere Beats drauf. Wovon hast du dich inspirieren lassen?

W: Also erstens mal von den Samples selbst. Und zweitens: Wir wollten nach "Kirsch" mal was ganz anderes machen. Und mit einem Impuls in eine andere Richtung gehen und experimentieren. Wir sind beide riesige Quasimoto-Fans. Die Alben sind echt ein einziger Film, das ist ein Trip. Und in die Richtung wollten wir experimentieren. Madlib und Quasimoto waren große Einflüsse. Aber genauso auch Drill-Sachen, die mir der Ignaz zeigt. Oder Spoken Word-Sachen.

Du hast es angesprochen: "Geld Leben" hat nichts vom "Kirsch"-Sound. Das hat mich zunächst mal vor den Kopf gestoßen. Steckt dahinter Kalkulation, oder ist dieser Richtungswechsel ganz natürlich entstanden?

W: Eine konkrete Überlegung gab es nicht. Wir wollten einfach ein Album machen. Ich habe zu der Zeit angefangen, wieder sehr viele Samples zu diggen. Die einzige Überlegung war eigentlich, dass wir was Neues machen. Wir wollten uns selbst beweisen, was wir in so einem anderen Gebiet schaffen können. Das war ein sehr persönlicher Ansporn.

"Kirsch" klang sehr professionell und ausproduziert. "Geld Leben" hat für mich fast schon wieder Mixtape-Charakter. Seht ihr das ähnlich?

I: Ich nicht. Für mich hat es keinen Mixtape-Charakter. Für mich ist es vom Klang sehr zusammenhängend.
W: Für mich eigentlich auch gar nicht. Es ist zwar sehr raw, aber ich finde das Album schon sehr schlüssig und stimmig.

Wenn ihr euch entscheiden müsstet: "Kirsch" oder "Geld Leben"?

I: Bei mir ist es so, dass ich meistens, nachdem ich ein Album abgeschlossen habe, ziemlich lange brauche, bis ich mich wieder damit anfreunden kann. Und deswegen ist es bei mir zur Zeit "Kirsch".

Du hattest dieses Jahr einen Auftritt auf dem Splash. Ein großer Moment für dich?

I: Ja, Splash war turn up. Man könnte auch sagen: lit. Ich war sehr überrascht von der Bühne. Ich hab so was noch nie vorher gesehen. So eine Bühne auf einem Container oben drauf, ziemlich hoch. Und ich muss sagen, es war ziemlich geil, von so weit oben zu spielen. Das Splash war allgemein sehr dope. So viele Leute, die sich dafür begeistern können. Damit hätte ich eindeutig nicht gerechnet. Das war auch meine erste – ich sag jetzt mal – Dusche in der Deutschrap-Szene. Von den schaffenden Leuten, also den Künstlern. Mich hat der Vibe sehr positiv beeindruckt und auch inspiriert. Da ist einfach eine sehr gute Stimmung und extrem spannende und interessante Leute, die da eben im Deutschrap zur Zeit am Schaffen sind. Vor allem in dem Bereich, den viele Leute als Cloud-Rap bezeichnen würden.

"Geld Leben" bricht mit diesem Stil. Fühlst du dich aber immer noch als Teil dieser Bewegung?

I: Ich habe mich nie als Teil dieser Bewegung gesehen. Ich bin für mich eigenständig. Ich kann mir gar keine Labels geben, weil ich einfach die Musik nicht von außen betrachten kann. Und deshalb kann ich das einfach nicht so zuordnen, wie es vielleicht Andere tun.

Splash-Auftritt, die anstehende Tour mit LGoony – Ist Crack Ignaz eigentlich eine Bühnensau?

I: Vor dem Splash war ich natürlich sehr nervös. Aber allgemein genieße ich die Auftritte schon sehr. Und Splash ist eben noch glatt verlaufen. Doch, macht viel Spaß, mache ich gerne.

Hattest du denn auch mal Auftritte, die nicht so glatt verlaufen sind?

I: Bis jetzt zum Glück noch nicht.

Musikalisch war der Sprung zu "Kirsch" groß, thematisch bewegst du dich in gewohnten Gefilden. Beschäftigen dich immer noch hauptsächlich Frauen und Geld?

(Lacht) Frauen, Geld, Drogen. Autos sind jetzt bisschen mehr zum Thema geworden, nachdem "Kirsch" jetzt so gut gelaufen ist. Ich glaube im nächsten Album wird es um Wohnungen gehen. Oder gleich ganze Grundstücke. Das übernächste Album wird "Yacht Leben" heißen. Fischen auf der Adria (lacht).

"Ich habe ja im Laufe meiner Karriere noch nie eine negative Rezension gekriegt."

Was gönnt sich ein Crack Ignaz vom Albumvorschuss denn?

I: Den Mercedes habe ich jetzt halb abbezahlt. Gucci, Louis, Ralph. Immer Ralph. Wandl und ich – wir sind das Gödlife Racing Team. Beide auf diesen Pferden unterwegs. Was gönne ich mir noch so? Ja, gutes Essen. Ganz wichtig.

Selbst gekocht oder lieber vom Restaurant?

I: Beides, aber natürlich gönne ich es mir, dank dem Vorschuss, bekocht zu werden. Das suche ich mir dann schon ein feines Schnitzel raus, mit Preiselbeermarmelade (lacht). Zur Zeit bin ich sehr auf Thai-Essen hängen geblieben. Ich habe einen wunderbaren Thailänder in Wien entdeckt, da geh ich relativ oft hin in letzter Zeit.

"Kirsch" hat durch die Bank weg überaus positive Kritiken bekommen. Was denkst du, werden Fans und Kritiker zum Stilwechsel auf "Geld Leben" sagen?

I: Das weiß ich eigentlich überhaupt nicht. Das ist aber für mich Teil der Vorfreude zu sehen, wer wie reagiert.

Bedeuten dir positive Rezensionen etwas?

I: Es ist natürlich schön, wenn das passiert. Ich habe ja im Laufe meiner Karriere noch nie eine negative Rezension gekriegt, von daher weiß ich nicht, wie das ist (lacht).

Unsere Redaktion hat gelegentlich auch schon Drohbriefe von Rappern bekommen, die unzufrieden mit einer Rezension waren. Sowas haben wir von dir nicht zu erwarten, oder?

I: Was ist das jetzt, All Good?

Nee, laut.de.

I: Ah, okay laut. Naja, ich weiß nicht, wo ihr euer Büro habt...

In Konstanz.

I: Am Bodensee? Ja, ich sag jetzt nichts mehr (lacht).

Wirst du in Österreich genauso positiv wahrgenommen?

I: Bis jetzt habe ich das Gefühl, dass ich in Deutschland auf jeden Fall mehr wahrgenommen werde. Aber ich hab da einen ganz schlechten Eindruck, also ich wüsste nicht, wie ich das messen sollte.

Du rappst in Mundart – wieso gehst du das Risiko ein, von vielen Leuten nicht verstanden zu werden?

I: Für mich hatte das gar nichts von Risiko eingehen. Wenn ich was mache, muss ich das so machen, wie ich bin. Deshalb kann ich nicht von Risiko reden, wenn es die einzige Option ist, das so zu machen.

Steckt da aber auch eine gewisse Heimatverbundenheit oder Representer-Attitüde dahinter?

I: Na, gar nicht. So was mag ich nicht, und so etwas mache ich nicht. Mir ist es völlig egal, wo wer her ist. Mir ist es auch ganz egal, wo ich her bin. So zu reden liegt einfach näher in meinem Kopf. Ich denk halt als erstes so, bevor ich zum Beispiel hochdeutsch denke.

Wann kommt denn ein Kollabo-Album à la "CLA$$IC" mit LGoony zusammen?

I: Ein Album à la "CLA$$IC"?

Ja, "CLA$$IC von Bushido und Shindy.

I: Achso, ja, sollten wir machen, oder?

Fände ich super.

I: Ja, wir sind die ganze Zeit schon am reden. Wäre schon geil. Also ich bin auf jeden Fall ready.

Hast du "CLA$$IC" gepumpt?

I: Hab ich nicht gehört, na. Ist es denn gut?

Ich habe zwei von fünf Sternen vergeben.

I: Zwei von Fünf? Sheeesh!

Man hat "Kirsch" auf der einen und "Geld Leben" auf der anderen Seite...was kommt als Nächstes?

I: Als nächstes kommt Crack Ignaz auf Wohnungssuche.

W: Auf Vox.

I: Auf Vox? Na, nicht im Fernsehen. Das wird ein Hörbuch. Man begleitet mich dabei, wie ich den Scheck von "Geld Leben" einlöse, um mir die Wohnung von Karl Heinz Grasser zu kaufen. Das ist der ehemalige österreichische Finanzminister. Das ist auf jeden Fall schon in Planung.

Kann man aber auch irgendwann wieder so einen Sound wie auf "Kirsch" von dir erwarten?

I: Ja, alles, was ich bis jetzt gemacht hab, sind Sachen, die auf jeden Fall wieder nächste Sachen beeinflussen werden. Also so was wie "Kirsch" in genau der Form mache ich natürlich nicht noch mal. Aber den Flavour mag ich noch immer.

Aber es steuert alles auf das große Endziel Schlageralbum zu?

I: Das wäre auch geil, ja (lacht).

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