laut.de-Biographie
D.R.I.
Um es mal beim Namen zu nennen: Houston, ihr habt nicht nur ein Problem, ihr habt jede Menge davon! Selbst, wenn wir von der Raumfahrt und der Cowboymentalität mal absehen, habt ihr immer noch den Ursprung einer Band zu verantworten, die schon seit Mai 1982 in Spring Branch ihr Unwesen treibt: D.R.I.
Vier jugendliche Freizeitalkoholiker namens Kurt Brecht (Gesang), sein Bruder Eric (Schlagzeug), Spike Cassedy (Gitarre) und Dennis Johnson (Bass) verbreiten nachmittags im Hause der Brechts jede Menge Lärm und beschließen in einem Anfall spontanen Größenwahns, diesen einen Song zu nennen.
Als schließlich Daddy, den alle nur zärtlich "The Madman" nennen, nach Hause kommt und beim Öffnen der Haustür mit schlappen 120 Dezibel beschallt wird, denkt der sich auf die Schnelle den Kosenamen "you bunch of dirty rotten imbeciles" aus. Das hat Stil, damit kann man leben. Der Praktikabilität halber machen die Vier D.R.I. draus.
Zwei Monate später spielen D.R.I. die erste Show, und im November des selben Jahres stehen die Jungs im Studio und prügeln ihre erste Veröffentlichung, die "Dirty Rotten"-EP ein, die kurze Zeit später als LP noch mal erscheint. 22 Songs in 18 Minuten legen die Vermutung nahe, dass es sich dabei um Hardcore handelt.
Im folgenden Jahr verlegen sie ihren Wohnsitz nach San Francisco und hausen dort größtenteils in ihrem Van. Zur Nahrungsaufnahme begeben sie sich meist zu irgendwelchen Armenspeisungen, doch scheint Dennis von diesem Diätplan auf Dauer nicht viel zu halten. Er kehrt nach Houston zurück, seinen Job übernimmt Sebastian Amok.
Amok zupft somit auf der Rock Against Reagan-Tour mit den Dead Kennedys den Bass, muss dann aber doch die Axt an Josh Pappe überreichen. Dieser ist auf der nächsten EP "Violent Pacification" zu hören, die '84 erscheint.
Im selben Jahr heiratet Eric und verabschiedet sich ebenfalls, da er fortan für seine Familie sorgen muss (etwas später steigt er allerdings bei Hirax ein). Für ihn übernimmt Felix Griffin, der auf dem '85 Output "Dealing With It" zu hören ist. Schon während der Aufnahmen beginnt ein Tourmarathon, dem sich Josh nicht gewachsen fühlt. So spielen auf dem Album letztendlich Mike Offender (Offenders) und Spike die Bassspuren ein. Josh kehrt aber kurz darauf zu D.R.I. zurück.
Obwohl sich hier schon einige Tendenzen Richtung Metal andeuten, ist der Sound noch definitiv im Hardcore verwurzelt. Legendär ist die Aufnahme von "Madman", bei der wirklich Kurts Vater (der Madman, ihr wisst schon) reinplatzt, rumschreit und ordentlich sein Fett wegbekommt: In Zeilen wie "change my Nazi dad" bezieht Kurt auch politisch Stellung
Der Kultstatus der Band wächst, und sogar Dave Lombardo von Slayer gibt öffentlich zu, dass er D.R.I. zu seinen Faves zählt. Bevor sie 1987 "Crossover" aufnehmen und damit mehr oder minder einem Stil einen Namen geben, erscheint noch das Live-"Live At The Olympic". Auf "Crossover", ihrem Debüt für das renommierte Metal Blade Label, ist der Metalanteil deutlich höher, die Songs sind langsamer und komplexer.
Da Publikum aus allen Szenen bei den Konzerten auftaucht, entwickeln sich so langsam Dinge, die man heute als Stagediven und Slamdance kennt. Das zweite Video "Live At The Ritz" schneiden sie in New York mit und brettern einmal um den Globus, ehe sie sich im Februar 1988 an die Aufnahmen zu "Four Of A Kind" machen.
Die Tatsache, dass sie ihre Instrumente immer besser beherrschen, lässt sie mehr ins Metallager steuern, was ihnen so manch alter Fan übel nimmt. Ungeachtet dessen setzen sie zunächst nach Europa über, ehe sich Josh nach einer US-Tour in Richtung Gang Green verabschiedet. John Menor ist der Mann, der auf "Thrash Zone" den Viersaiter bedient. Das Album zählt wahrlich nicht zu den besten, was wohl auch Griffin so sieht, denn er packt kurz darauf seine Koffer.
Zu alter Form laufen D.R.I. wieder mit dem '92er Album "Definition" auf, das über Spikes Label Rotten Records erscheint. Rob Rampy vermöbelt die Drums. Für das Album gehen sie zunächst als Opener von Testament auf Tour, ehe sie einige Headlinershows dran hängen. Dabei entstehen die Aufnahmen für ihre "Live"-Scheibe ('94), die sich auf altes Material konzentriert.
"Full Speed Ahead" nennt sich das '95er Album, das sie mit Acid Bath in Amerika promoten. Als sie in Kanada spielen wollen, macht ihnen die Einwanderungsbehörde einen Strich durch die Rechnung, denn Spike und Rob sind schon mit Dope und Alkohol hinterm Steuer erwischt worden, was man in Kanada nicht gerne sieht.
Also verlagern sie ihre Touraktivitäten einfach in die entgegengesetzte Richtung und ziehen die nächsten paar Jahre neben Europa, Asien und den USA auch durch Südamerika. Im August '99 packt Chumley seine Koffer, weil er die ständigen Touren satt hat. Für ihn springt Harald Oimoen ein, der bis dato als Mädchen für alles mit den Jungs unterwegs war.
Konzertreisen sind eigentlich das Einzige, was die Jungs in der folgenden Zeit machen, wenn man von dem langwierigen Prozess absieht, den Spike gegen den ehemaligen Manager Ron Peterson führt, an den er sein Label Rotten Records verloren hat.
Erst 2002 unterschreiben D.R.I. einen neuen Deal bei Beer City Records. Aber anstatt neues material zu featuren, legt das Label einfach die alten Veröffentlichungen neu auf, die Band zieht ein weiteres Mal rund um den Globus. Für Dave Grohls "Probot" singt Kurt den Track "Silent Spring ein", ansonsten sind Neuheiten Mangelware. Auch bei "Thrashkore Retrospektif" handelt es sich nur um eine Best Of der ersten drei Scheiben.
Zwar nehmen D.R.I. im Sommer 2004 in Europa vier Songs für ein neues Demotape auf, doch diese führen nicht zu weiteren Studiosessions. Gesundheitliche Probleme durchkreuzen die Pläne: Bei Spike wird im März 2006 Darmkrebs diagnostiziert. Er muss sich einer Operation und einer Chemotherapie unterziehen.
Ende 2006 scheint er die Krankheit überwunden zu haben. Doch auch zum 25-jährigen Bandjubiläum gibt es nichts Neues zu hören, weil die Bandmitglieder mittlerweile in den USA verstreut leben und so selten zusammen spielen können.
Noch keine Kommentare