laut.de-Biographie
Die Krupps
Die Bedeutung von Jürgen Engler für die deutsche und internationale Elektro-Musik abzuschätzen, erscheint beinahe unmöglich. Neben den Einstürzenden Neubauten gelten die Krupps als die wichtigsten Wegbereiter des Industrials und dessen Verschmelzung mit Metal. EBM-Bands wie Front 242 oder Nitzer Ebb betonten nicht selten, dass sie definitiv von den Krupps beeinflusst wurden.
Die Krupps entstehen 1981, als Jürgen Engler, der vier Jahre lang in der Punk-Band Male als Sänger und Gitarrist aktiv war, auf Ralf Dörper trifft. Die erste Scheibe "Stahlwerksinfonie" die noch im gleichen Jahr auf den Markt kommt, kürt der englische NME (New Musical Express) zur LP der Woche: für eine deutsche Band bis dato recht ungewöhnlich und quasi ein Ritterschlag.
Die Verbindung aus monotonem, Industrial-lastigem Drumming und derbem Gesang klingt bahnbrechend. Auch die nächste Veröffentlichung "Wahre Arbeit Wahrer Lohn" wird Single der Woche bei NME. Zu dieser Zeit experimentiert Engler mit einem sogenannten "Steele-o-phone" herum, das mit industrieartigen Sounds den musikalischen Horizont der Band erweitert.
Nach dem Album "Volle Kraft Voraus" verlässt Dörper die Krupps, um sich seiner Band Propaganda zu widmen. Engler bringt mehr oder minder im Alleingang neue Versionen von "Wahre Arbeit ..." und "Goldfinger" für den englischen Markt heraus und deutet schon dort die Verbindung von tanzbaren elektronischen Sounds mit Metal-orientierten Drums an, die auf der Mini-LP "Entering The Arena" ihre konsequente Fortführung findet.
Danach widmet sich Engler weitgehend seinem Plattenlabel und Studio ATOM H, das er zusammen mit Gabriele Körner und Christina Schnekenburger betreibt, die auch bei Die Krupps Mitglied ist. Dabei spezialisieren sie sich auf Speed-, Thrash-Metal und Alternative Acts. 1989 kommt Ralf Dörper wieder zurück. Zusammen mit Bass-Neuzugang Rüdiger Esch veröffentlichen sie die Single "Machineries Of Joy", die in Kooperation mit Nitzer Ebbs Douglas McCarthy bis auf Platz 25 der amerikanischen Billboard Charts stürmt.
1992 sieht die Veröffentlichung von "I", das in Zusammenarbeit mit den Gitarristen der Thrash-Band Accu§er entsteht. Während der Tour wächst Englers Begeisterung für die damals noch thrashlastigen Metallica, was zum "Tribute"-Album führt. Daraufhin lädt Lars Ulrich persönlich Sänger Engler zu einer Metallica-Platin-Verleihung nach Dortmund ein, der US-Drummer sorgt auch dafür, dass Die Krupps einen Deal mit Hollywood Records an Land ziehen.
1993 markiert ein entscheidendes Jahr für die Band, da mit Lee Altus und Darren Minter der Gitarrist und der Drummer von Heathen, einer der ehemaligen Thrash-Größen der Bay Area, zur Band stoßen. Während Minter kurze Zeit später wieder aussteigen muss, weil er in den USA in den Knast wandert (der Richter bot ihm an, die Strafe auf Bewährung auszusetzen, wenn er sich die Haare schneiden lässt), prägt Altus die Musik fortan mit seinen groovebetonten Riffs, die den Krupps-Sound noch einzigartiger machen.
Mit ihm schreibt Engler die bis dato erfolgreichste Scheibe "II - The Final Option". Die ermöglicht es der Band, auf dem holländischen Dynamo Open Air aufzutreten. Auf "The Final Remixes" interpretieren ein Jahr später 16 Bands von den Sisters Of Mercy, Biohazard, KMFDM bis zu Paradise Lost Songs der Düsseldorfer.
Nach "Odyssey Of The Mind" (1995) macht sich auf dem Album "Paradise Now" im Jahr 1997 erstmals eine gewisse Stagnation bemerkbar, die zunächst zum Split mit Lee Altus und letztendlich zur Auflösung der Band führt. Bald darauf ruft Jürgen Engler das Projekt DKay.com ins Leben, das sicher auch wegen Neu-Keyboarder Dirk Krause (Armageddon Dildos) eine unerwartete Kehrtwende von Industrial-Metal hin zu Elektro-Pop vollzieht. Mit dabei ist außerdem Ex-Boa-Gitarrist Chris van Helsing, Kurzzeit-Nitzer Ebb-Mitglied Julian Beeston und Adam Grossman. 2000 erscheint das Album "Dkay.com", das nicht im Ansatz an Englers alte Erfolge anknüpft. Ein ähnliches Schicksal erleidet 2002 der zweite Wurf "Deeper Into The Heart Of Dysfunction".
2005 feiern Die Krupps ihr 25-jähriges Bandjubiläum. Wie es sich für alte Freunde gehört, rückt man an so einem Datum wieder enger zusammen. Im Mai spielt die Band ihre ersten Reunion-Gigs in Belgien und Holland. Mit an Bord sind außer Engler, Dörper und Esch Gitarrist Marcel Zürcher und Drummer Oliver Röhl. Nach weiteren Festival-Gigs sondiert Jürgen Engler seinen Stellenwert in der Szene für ein Maxisingle-Comeback. Mit Client gewinnt er ein erfolgreiches Synthie Pop-Duo für die Zusammenarbeit an "Der Amboss". Douglas McCarthy, der mittlerweile das Projekt Fixmer/McCarthy am Start hat, besucht seinen alten Freund für eine Neuaufnahme von "Wahre Arbeit, Wahrer Lohn/Machineries Of Joy".
Anfang 2006 legt die Band mit einer Clubtournee mit Lluther und Undergod nach. Die Doppel-Best-Of "Too Much History" konzentriert sich auf der einen Seite auf die elektronischen, auf der anderen Seite auf die metallischen Jahre. Alle Songs wurden neu eingespielt, mit "5 Millionen" und "The Great Divide" sind sogar zwei neue Stücke vertreten. Auch die Coverversionen "Der Amboss" und "Ich Bin Ein Ausländer" gab es bislang noch nirgends sonst.
Trotz diverser Remix-Projekte und ein paar neuer Maxis tut sich jahrelang nichts an der Longplayer-Front - bis 2013. "The Machinists Of Joy" verknüpft den abgehangenen EBM-Ansatz der Krupps mit typischer DAF/Laibach-Pose und ebensolchen Texten. Auch die Tanzbarkeit spielt eine größere Rolle als zuletzt.
Der Release kam nicht durchweg gut an, aber Engler hat anscheinend Blut geleckt. So folgt schon zwei Jahre später "V - Metal Machine Music", das für Freunde der metallischen Phase ein Freudenfest darstellt.
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