24. März 2004

"Unsere Songs werden killen ..."

Interview geführt von

Nachdem es beim ersten Termin aufgrund einer defekten Telefonanlage nicht geklappt hat, meldet sich Rob beim zweiten Anlauf gut gelaunt und zum Gespräch bereit.

Seit wann seid ihr denn in Deutschland?

Seit fünf Tagen, aber morgen mach ich wieder den Abgang. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie viele Interviews ich gegeben habe, aber es macht nach wie vor Spaß.

Schön zu hören, aber erzähl doch mal, wer hatte als erstes die Idee, Death Angel zu reformieren?

Ich denke mal, dass das eine sehr spontane und gemeinsame Idee und Entscheidung war, da es eigentlich überhaupt nicht geplant war. Ursprünglich wollten wir nur auf diesem Benefiz Festival für Chuck Billy (Testament-Sänger, der an Krebs erkrankt war, d.Verf.). Wir wurden schon davor des öfteren gefragt, ob wir uns nicht mal für irgendwelche Festivals reformieren wollen, und wir sagten jedes mal: NO! Bei Chuck war das ganz was anderes, da wir den Kerl schon ewig kennen, er ein super Typ ist, und wir ihm einfach helfen wollten. Außerdem waren da so viele großartige Bands dabei, dass wir unbedingt ein Teil davon sein wollten. Also sagten wir zu, und als wir dann auf die Bühne sind, hat es uns total umgehauen. Wir hatten nur zweimal geprobt, und nicht nur, dass das Publikum total ausgerastet ist, auch für uns war es unglaublich. Die Chemie zwischen uns war sofort wieder da, und es fühlte sich an, als wären wir nie auseinander gegangen. Es war einfach umwerfend.

Warum war es für euch vorher unvorstellbar, euch noch mal für einen Gig zusammen zufinden?

Rob, Andy (Galeon, dr) und ich waren mit unserer anderen Band Swarm auf Tour, und irgendwie gab es keinen Grund für uns, wieder mit Death Angel anzufangen. Als wir dann diesen großartigen Gig zusammen spielten und die Reviews des Konzertes rauskamen, sah die Sache dann aber schon ein bisschen anders aus.

Apropos Swarm. Nach Death Angel gab es ja jede Menge anderer Bands, in denen mindestens zwei von euch gespielt haben. Nachdem du weg warst, haben die anderen unter The Organization weiter gemacht. Aber gerade Swarm mit euch dreien: warum habt ihr das nicht einfach Death Angel genannt, obwohl nicht alle mit dabei waren?

Das stand eigentlich nie zur Diskussion. Immerhin war der Sound von Swarn und Death Angel doch sehr unterschiedlich. Mit Death Angel hatten wir so etwas wie den Höhepunkt erreicht und uns dann aufgelöst. Mit den drei Alben, die wir veröffentlicht haben, hatten wir uns eine Menge Respekt in der Szene verdient, und das wollten wir nicht kaputt machen. Als ich die Band verlassen habe, wollte ich mit der ganzen Musikszene eigentlich nichts mehr zu tun haben. Ich wollte nicht mal mehr Musik machen. Die andern haben dann unter The Organization weiter gemacht. Als wir damals mit Death Angel angefangen haben, waren wir alle noch sehr jung, und wir entwickelten uns musikalisch sehr schnell und in viele Richtungen. Deshalb klingen unsere Alben auch so unterschiedlich. Das hat sich so weit entwickelt, dass die Musik auf keinen Fall unter das Banner von Death Angel gepasst hätte. Als sich Death Angel dann auflösten, hatte einfach jeder von uns die Möglichkeit, all diese verschiedenen Einflüsse auszuleben. The Organization konnten ohne mich als Sänger genauso wenig Death Angel sein, wie irgendein Projekt von mir ohne Rob an der Gitarre. Jeder von uns hatte einfach ein paar musikalische Ideen im Kopf, die erst einmal ausgelebt werden mussten, ehe wir den Kopf wieder frei hatten, um mit Death Angel solche Musik zu machen. Jetzt können wir uns einfach auf diese Art Musik konzentrieren und wieder astreine Death Angel-Mucke komponieren.

Du hast gerade erwähnt, dass du Death Angel verlassen hast, weil du die Schnauze voll hattest von Musik. Du bist daraufhin nach New York gezogen. Wie ging es da weiter?

Ich war eigentlich nur kurz in New York und habe danach Europa für ein Jahr bereist. Ich hab mir dort drei Basislager errichtet: London, Mailand und Paris. Von da aus sind meine Freunde und ich mit dem Zug überall hin gefahren, das war eine verdammt schöne und interessante Zeit. Auf Tour kommt man zwar auch viel rum, aber man ist meist nur für einen Tag an einem Ort. Das war dann aber ganz was anderes, denn wir konnten so lange bleiben, wie wir wollten und uns alles anschauen. Da hat man doch wesentlich mehr von.

Wann hast du dann gemerkt, dass es ohne die Musik doch nicht so ganz geht?

Eigentlich gleich, nachdem ich wieder in den Staaten war. Der Trip durch Europa war einfach hilfreich, um mir klar zu werden, wo meine Vorlieben und Stärken liegen. Es war ein Herzenswunsch von mir diesen Trip zu machen und danach war mein Kopf wieder frei, um mich auf Musik zu konzentrieren. Nicht, dass mich die Musikindustrie nicht immer noch angekotzt hätte, aber ich wollte einfach wieder auf der Bühne stehen und rocken. Ich hab dann mit ein paar Jungs aus New York eine Band namens Silver Circus gestartet, die nicht allzu lange überlebt hat. Das klang in etwas nach Velvet Underground meets The Stooges. Danach war mir dann klar, dass ich keinen Bock darauf hatte, Energie in eine Sache zu stecken, an welche die anderen nicht wirklich glauben. Ich hab daraufhin weiter Musik gemacht, aber eigentlich nur just for fun. Mit der Zeit hatten sich bei mir aber einige gute Ideen angesammelt, und ich wollte die auch dementsprechend umsetzen. Also rief ich Rob an und fragte ihn, ob er nicht wieder mit mir in einer Band spielen wolle. Für mich ist Rob der beste Gitarrist, mit dem ich je zusammen gearbeitet habe. Ich wollte aber eine straight ahead Rock Band machen, die mit Death Angel nicht viel zu tun hat. Er war einverstanden, uns so gründeten wir Swarm.

Stehen auf "Art Of Dying" jetzt komplett neue Songs, oder sind da auch ein paar Ideen von früher oder sogar von anderen Projekten dabei?

Nein, überhaupt nicht. Das sind alles komplett neue Song, die ausschließlich für Death Angel geschrieben wurden.

Wie lief den das Songwriting ab? Gab es da Unterschiede zu früher?

Ich denke der wesentlich Unterschied lag wohl daran, dass wir als Musiker erwachsener geworden sind. Jeder von uns hat sich in anderen Sachen ausgetobt und es hat keiner mehr das Gefühl, den anderen etwas beweisen zu müssen. Wir wissen alle, dass jeder von uns ein guter Songwriter ist, deshalb haben wir jetzt einen wesentlich größeren Respekt voreinander. Die Lyrics stammen alle von Rob, Andy und mit. Bei der Musik ist das genauso, aber die Kombination von beidem ist anders. Mal hat Andy die Musik geschrieben und ich den Text, dann stammt ein Text von Rob, zu dem ich die Musik geschrieben habe, oder Robs Musik wird von Andys Texten unterstützt, das ging wild durcheinander. Natürlich kam es auch vor, dass einer mit einem kompletten Song aus Musik und Texten ankam, aber wir haben einfach besser zusammen gearbeitet.

Was wollt ihr eigentlich mit einem Titel wie "The Art Of Dying" sagen?

Das ist mehr oder minder ein Wortspiel. "The Art Of Dying" ist einfach ein Umschreibung für Leben. Wie man sein Leben führt, wohin es einen bringt, einfach der ganze Lebensprozess.

Warum hat sich Gus nicht an der Reunion beteiligt?

Wir haben ihn gefragt, aber er hat sich einfach für einen anderen Weg entschieden. Er hat seit sechs oder sieben Jahren schon keine Musik mehr gemacht und hat auch nicht das Bedürfnis, daran etwas zu ändern. Er ist auf die Philippinen zurück gezogen und ist da glücklich.

Ihr wart jetzt seit eurer Reunion zweimal auf Deutschland-Tour, ohne dass auch nur einer hier einen Ton vom neuen Album gehört hätte. War das nicht etwas riskant?

Naja, es war weniger für uns riskant, als vielmehr für unseren Promoter, hahaha. Wir hatten ja nicht viel zu verlieren, außerdem haben wir auf unsere Stärke vertraut, und die ist es nun mal, live zu spielen. Und es fühlt sich einfach wieder so geil an, mit den Jungs auf der Bühne zu stehen. Der Funke zwischen Publikum und uns springt immer noch sofort über, und es ist einfach großartig auf der Bühne. Wir verstehen uns blind, jeder weiß, was der andere macht und es passt alles perfekt zusammen.

Das musst du mir nicht erzählen, ich hab euch in Münster/Breitefeld gesehen.

Yeeaaahhh, das war eine geil Show und wir hatten so viel Spaß an dem Abend. Das war echt eine coole Sache.

Das Gefühl hatte ich auch.

Ich will hier ja jetzt keine auf dicke Hose machen, aber wir wissen einfach, dass wir live eine absolute Macht sind. Deswegen hatten wir auch keinen Bedenken, mit auf die No Mercy Festivals zu fahren. Als wir jetzt im November wieder auf Tour waren, kamen immer wieder ein paar Fans auf mich zu und sagten: Wir haben von euch bis vor der No Mercy Tour noch nie was gehört, aber nach dem Konzert sind wir in den nächsten Plattenladen und haben uns alle drei Scheiben geholt. Und so was ist einfach ein verdammt schönes Kompliment.

Wie alt ist euer Drummer denn jetzt? So um die 28?

Ne, er ist schon ein bisschen älter. Er hatte vor kurzem Geburtstag und ist jetzt 32.

Verdammt, jetzt bin ich aber beruhigt, dann bin ich doch noch jünger als er. Ich war schon kurz vor den Depressionen, weil ihr immerhin eine Pause von 14 Jahren mit Death Angel hinter euch habt. Und wenn der Kerl dann immer noch jünger als ich gewesen wär, hätte ich mir die Kugel gegeben. Aber egal, was mir in Münster noch aufgefallen war, ist dass ihr ständig im Publikum unterwegs wart und alle zwei Meter Autogramme auf alte Platten oder T-Shirts gegeben habt. Wie fühlt sich das an, wenn man sieht, dass einen die Fans trotz immerhin 14 Jahren Pause nicht vergessen haben.

Unbeschreiblich. Das ist einfach ein großartiges Gefühl. Das ist auch eigentlich der Grund, warum wir überhaupt wieder als Band zusammen gefunden haben, deswegen erscheint das Album. Die Nachfrage der Fans ist nach wie vor enorm, und seit klar ist, dass es ein neues Album gibt, noch größer. Bevor wir eine Show spielen, gehen wir immer ins Publikum, schauen uns die Leute an und reden mit ihnen. Wir freuen uns mindestens genauso auf die Leute, wie sie sich auf uns.

Inzwischen sind ja fast wieder alle guten Thrash-Bands aus den 80ern wieder da. Gibt es da eine, die du gerne reformiert sehen würdest?

Wooha, da muss ich richtig überlegen. Die meisten, die mir auf Anhieb einfallen, haben das Problem, dass mindestens einer von denen inzwischen tot ist. Mal überlegen, auf Judas Priest bin ich gespannt, hahaha, aber ansonsten, hm. Ich würde Faith No More nochmal gern live sehen.

Öh, ok, ich meinte aber eher Thrash-Bands.

Ach so, Thrash Bands, hm. (Pause)

Bist du noch da?

Ja, klar, ich überlege noch, aber mir fällt nichts ein.

Ich hätte da zwei Bands, die ich unbedingt wieder live sehen will.

Dann schieß mal los.

Die einen wären Forbidden und die anderen Evil Dead.

Stimmt, verdammt. Mit Forbidden haben wir auch schon getourt, und das war witzig. Trag mich für Forbidden ein, hahaha.

Ich hatte letztes Jahr im Sommer ein Interview mit Kirk Hammet von Metallica, und wir sprachen auch über euch.

Hatte er ein paar nette Sachen über uns zu sagen?

Ja, er meinte, dass er schon sehr gespannt auf euer neues Album sei. Du solltest ihm wohl eine Kopie schicken ...

Schon lange geschehen, ich habe ihm direkt meine erste Kopie geschickt, hahaha. Er bekam sozusagen das Advance-Advance-Tape. Als wir das letzte Mal miteinander darüber gesprochen haben, war er sehr begeistert davon, was mich sehr gefreut hat.

Wann kann man denn das nächste Mal mit euch auf deutschen Bühnen rechnen?

Im Sommer, wir werden auf ein paar Festivals spielen. Wir sind auf dem Bang Your Head Festival sowohl auf der großen Bühne, als auch auf der kleinen Pre-Show Bühne im WOM am Donnerstag. Danach sind wir auch noch auf dem With Full Force und auf dem Wacken Open Air. In Finnland sind wir auch noch auf nem Open Air, und zwischendrin werden wir bestimmt noch ein paar Clubs spielen. Im November/Dezember steht dann eine komplette Clubtour durch Europa an.

Werden da auch ein paar Songs von The Organisation oder Swarm gespielt werden?

Nein, ausschließlich Death Angel-Songs. Aber damit werden wir killen, glaub mir, hahaha.

Das Interview führte Michael Edele

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