Porträt

laut.de-Biographie

Frost

Frost* (mit Sternchen!) tauchen 2004 auf der Bildfläche auf und wirbeln die Progrock-Szene 2006 mit ihrem Debüt "Milliontown" ordentlich durcheinander. Aber wo zur Hölle kommen die Herrschaften so plötzlich her?

Frost - Life In The Wires Aktuelles Album
Frost Life In The Wires
Dystopisch-frostige Oper: Das Progrock-Album des Jahres.

Kopf der Band ist Jeremy 'Jem' Godfrey, und der ist in der britischen Musikszene wahrlich kein unbeschriebenes Blatt. In der Öffentlichkeit fast unbekannt, agiert er weitgehend hinter den Kulissen. Und das mit überwältigendem Erfolg, aber der Reihe nach.

Godfrey, Jahrgang 1971, muckert weitgehend unbeachtet von der breiten Masse in seiner eigenen Band herum und beschließt irgendwann, das mit dem Profi-Musiker sein zu lassen und widmet sich einem 'richtigen' Job. Als Produzent von Radio- und Werbejingles verdingt er sich bei der Firma Wise Buddhah, ehe es ihn Anfang der Neunziger zu BBC Radio 1 verschlägt, dessen Programm sich an eine jüngere Hörerschaft richtet.

Einem Job bei Capitol Radio folgt ein abermaliges Engagement bei Wise Buddah. Dort geht die Post für Godfrey dann so richtig ab. Als Produzent und Songwriter zeichnet er Anfang der Nullerjahre für diverse Hits in Großbritannien verantwortlich. Unter anderem hat er seine Finger beim Welthit "Whole Again" von Atomic Kitten im Spiel.

Auftragsarbeiten unter anderem für Ronan Keating, Holly Valance und Jeanette folgen. 2005 schreibt er den Song "That's My Goal" für Shayne Edwards, den Gewinner der zweiten Staffel von The X-Factor. Die Single geht an Weihnachten steil, belegt die Spitzenposition der UK-Charts und bringt Edwards einen Ivor Novello-Award für die meistverkaufte Single 2005 ein.

Mit so einem Erfolg könnte Godfrey sich getrost zur Ruhe setzen und seine Rechnungen von den eintrudelnden Tantiemen bezahlen lassen. Stattdessen widmet er sich seiner alten Liebe Progressive Rock und hebt Frost* aus der Taufe. Aufgrund seines Produzenten-Jobs ist er im Business bestens vernetzt und übernimmt die Knöpfchen gleich selbst. John Jowitt am Bass (IQ, Arena), Andy Edwards am Schlagzeug sowie die Gitarristen John Boyes und John Mitchell (IQ, Arena, It Bites) komplettieren das Line Up im Studio. Godfrey selbst bedient die Tasten und singt.

Die Motivation dahinter: "Ich habe mich schon immer für progressive Rockmusik interessiert und deshalb habe ich beschlossen, genau das zu tun und ein Album nach meinem Geschmack zu schreiben." Das sechs Songs starke Debüt "Milliontown" basiert lose auf dem Buch "The Apprentice" von Gordon Houghton. Es handelt davon, wie die Leiche des Protagonisten wiederbelebt wird und sieben Tage bei den vier Reitern der Apokalypse in die Lehre geht. Im Laufe der Woche versucht er, sich an seinen Tod zu erinnern, begleitet den Tod auf seinem täglichen Rundgang und lernt, was es bedeutet, untot zu sein. Alles klar? Alles andere als untot klingt das Album, denn es strotzt nur so vor Spielfreude, unzähligen tollen Melodien und technischer Raffinesse. Der Titeltrack hat eine Spielzeit von über 26 Minuten, muss auf der Vinyl-Version in zwei Teile gesplittet werden und beinhaltet so viele Ideen, aus denen andere Musiker gut und gerne ein halbes Dutzend eigenständiger Songs basteln würden.

Nach dem Release des Album geht die Band auf eine kleine Tour, nach deren Ende Godfrey auch das Aus für Frost* verkündet. So widmet er sich wieder seinem Schaffen in der Pop-Welt. 2007 interessiert ihn sein Geschwätz von gestern aber nicht mehr und er verkündet, dass er am zweiten Album arbeitet. 2008 erscheint "Experiments In Mass Appeal" und bestätigt den guten Eindruck des Debüts. Die Songs müssen sich in keinster Weise hinter den Werken der bekannten Genre-Größen verstecken. Im Gegenteil. Dank Godfreys feinem Händchen für Melodien, die ins Ohr gehen wie das heiße Messer durch die Butter, bringen Frost* ein weiteres Highlight an den Start, das in der kleinen Fangemeinde abgefeiert wird. Im Anschluss an den Release geht es als Support-Act für Spock's Beard auf Tour. Dass Frost*-Songs auch live hervorragend funktionieren, kann man auf dem Live-Album "The Philadelphia Experiment" nachhören, das 2010 erscheint. Erweitert wird die Doppel-CD um den 16-Minuten-Track "The Dividing Line", den Godfrey zu Ehren des gleichnamigen Radiosenders schreibt, der die Band stets unterstützte.

In der Folge rotiert das Personal-Karussell mit Godfrey als einzigem Fixpunkt. Bis zu einem neuen Studio-Output dauert es aber noch bis ins Jahr 2016, als "Falling Satellites" das Licht der Welt erblickt. 2020 kommt mit "13 Winters" eine acht CD starke Compilation in die Läden, die alle Alben remastert umfasst und außerdem Live-Aufnahmen und Demos enthält. 2021 folgt das vierte Studio-Album "Day And Age".

Lediglich drei Jahre nach dem letzten Output erscheint mit "Life In The Wires" das bislang ausgereifeste und oplenteste Werk der Engländer. Frost* ziehen auf der Länge von fast 90 Minuten alle Progrock-Register.

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