laut.de-Biographie
Gacha Bakradze
"I don't really like the state of perfection, since the errors you make are often much more exciting". Es ist eine ziemliche Plattitüde, die Gacha Bakradze im Interview mit Inverted Audio da vom Stapel lässt, insbesondere in der elektronischen Musik. Beim Georgier, der von der Hauptstadt Tiflis aus agiert, macht sie aber ausnahmsweise Sinn, führt man sich vor Augen, wie divers sein Output stilistisch daherkommt. Da reihen sich Debütalben für das R&S-Sublabel Apollo in Ambient-Pop-Manier an relativ klassischen House an jüngere Experimental- und IDM-Werke.
Die Komplexität, mit der Bakradze seine Alben und EPs angeht, hat über die Jahre definitiv zugenommen, wie die obige Aufzählung schon vermuten lässt. Zwischen seinem LP-Debüt "Send Two Sunsets" und "Obscure Languages" von 2021 finden sich kaum noch Parallelen. Es verwundert durchaus, dass hinter all diesem Facettenreichtum, ob nun gelungen oder nicht, derselbe Künstler steckt.
Ein roter Faden findet sich aber doch: Der Hang zum Kitsch, der sich über die Jahre subtiler ausbildet. Wo auf dem Debüt teils noch Schlafzimmer-Funk nach dem Muster Rhyes erklingt, verbindet "Western Arrogance" oder das eben genannte "Obscure Languages" konzeptueller Anspruch und situative Anmut gleichermaßen.
Ballernder Techno, wie man ihn aus der Szene rund ums Bassiani, dem bekanntesten Club Georgiens und zeitgleich Nukleus der Feierkultur in Tiflis, erwarten würde, fließt Bakradze nicht aus der Feder. Der Familienvater mag es ruhiger, bezieht organische Klangerzeuger in sein Repertoire mit ein. Der Grat zwischen elektronischer Musik und Indie ist ohnehin ein schmaler, der allzu oft in seichtem Schmalz endet.
Das dürfte auch Bakradze selbst erkannt haben, der sich über die Jahre musikalisch immer mehr Akteuren wie Telefon Tel Aviv oder Lanark Artefax annähert. Der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten scheint für ihn immer mehr an Reiz verloren zu haben. Inzwischen verbinden A und B zackige, hektische Linien, die bei aller Verworrenheit trotzdem mit dem feinen Bleistift gezogen sind.
Als Lautsprecher oder besonders streitbarer Künstler, an dem man sich abarbeiten könnte, fällt der Georgier nicht auf, wieso auch. Auf die Frage, was ihn glücklich macht, antwortet er: "Meine Frau und mein Kind. Und die Möglichkeit zu haben, mit einer schönen Tasse Kaffee ins Studio zu gehen und dort den ganzen Tag zu arbeiten." Das scheint die Grundlage für eine stilistische Varianz zu sein, um die ihn viele Kolleg*innen beneiden dürften.
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