laut.de-Biographie
Gayle
"Ein junger Popstar schafft es aus dem Nichts mit einem viralen Smash-Hit über TikTok an die Spitze und singt Alt-Pop-Hits über Selbst-Ermächtigung". Mensch, war das eine inspirierende Geschichte, als wir sie das erste Mal gehört haben. Auch beim zweiten oder dritten Mal. Aber im Zeitalter, in dem Billie Eilish, Olivia Rodrigo und Lil Nas X zu den größten Popstars am Firmament gehören, braucht es vielleicht doch ein bisschen mehr als den nächsten Gen Z-Zeitgeist-Verkünder, um uns wirklich hinter dem Ofen herzuholen.
Gayle könnte die erste Künstlerin sein, die mit diesem Rezept auf ein Gefühl der Ermüdung stößt. Vielleicht, weil es einfach schon ein paar Gayles gegeben hat, vielleicht aber auch deswegen, weil ihre Backstory doch ein bisschen zu archetypisch wirkt: Junges, unabhängiges Mädchen will nur ihre Musik machen, auf einmal geht einer ihrer Songs auf TikTok mega-viral und schon ist sie die neue-neue Stimme ihrer Generation.
Ja, der Erfolg von "ABCDEFU" muss ein Stück weit organisch gekommen sein, denn ein Song, den keiner mag, würde es auch mit allem Push der Welt nicht in die amerikanischen Top drei und auf Platz eins bei den Briten und uns Deutschen schaffen. Der Song hat seine Hörerschaft, er ist ja auch ein monströser Ohrwurm. Allerdings gibt es doch berechtigte Zweifel: Immerhin wurde Gayle, die als junger Teenager mitsamt der Mutter für die Gesangskarriere nach Nashville gezogen ist, schon 2019 von einem ehemaligen American Idol-Juror entdeckt und unter Arthouse und Republic Records unter Vertrag genommen.
Apropos Republic Records: Der Mythos zu "ABCDEFU" lautet ja, dass Gayle in einer TikTok-Fragerunde nach Songideen gefragt hat. Da antwortete dann ein Fan, sie solle doch einmal etwas mit dem Alphabet machen. Ein paar Tage später stand sie mit dem voll ausformulierten Song im Gepäck wieder auf der Plattform. Klingt süß. Nur muss man kein Sherlock Homes sein, um nachzurecherchieren, dass die Person, die diesen Kommentar geschrieben hat, selbst eine wichtige exekutive Rolle bei Republic Records spielt.
Vielleicht ist es das in Kombination mit dem doch sehr plakativ jovialen Sound von "ABCDEFU", der Gayles erster Come-Up-Geschichte ein bisschen Gegenwind verschafft hat. Nur wenig später erscheint ihre erste EP "A Study Of The Human Experience Vol. 1" und erregt durchwachsene Aufmerksamkeit. Zu einem gewissen Grat scheint sie den Fluch des One-Hit-Wonders also bereits auf sich genommen zu haben, die Folge-Single "Ur Just Horny" knüpfte trotz solider Streaming-Zahlen jedenfalls nicht an den ersten Erfolg an. Aber ganz abschreiben sollte man Gayle auch nicht: Denn es ist ja nicht so, als wäre da nicht ein gewisses Talent hörbar. Und sollte sie nur den richtigen Nachfolger finden, dann ist es gar nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Start nicht doch noch in eine veritable Karriere umwandelt.
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