laut.de-Biographie
Marilyn Monroe
"Zwischen Mitternacht und Morgengraun' / tanzte Norma Jeane vorbei / Sie lachte über Kennedy / und weinte über Marilyn / und starb ein letztes Mal".
Mit diesen Zeilen aus seinem Song "Träum Nicht Mehr Von New Orleans" ist Stefan Waggershausen Ende der Siebziger Jahre eine bis heute treffende Skizzierung der Star-Ikone Marilyn Monroe gelungen: Eine gebrochene Figur, die zwischen schillernder Außenfassade und tiefster innerer Verzweiflung pendelte. Der Star Marilyn blieb stets das zweifelnde junge Mädchen Norma Jeane.
Die Wurzeln der zeitlebens bestehenden Divergenzen in ihrer Seele sind tief in der Kindheit der am 1. Juni 1926 in Los Angeles geborenen Künstlerin zu finden. Sie kommt als Norma Jeane Mortenson zur Welt. Ihre zum Geburtszeitpunkt unverheiratete Mutter Gladys Pearl Mortenson, eine Filmcutterin, hat bereits zwei gescheiterte Ehen hinter sich. Die Großmutter Della lässt das kleine Mädchen später auf den Namen Norma Jeane Baker taufen. Über die Identität des Vaters von Norma gibt es bis heute nur unbewiesene Spekulationen.
Die Kindheit verläuft weitgehend freudlos. Bis zum Alter von sieben Jahren wächst das Mädchen bei Pflegeeltern auf, da die berufstätige Mutter nur wenig Zeit für ihr jüngstes Kind aufbringt. Der zwischenzeitliche Versuch, durch den Kauf eines großen Hauses ein richtiges Heim für sich und ihre Kinder zu schaffen, schlägt fehl. Norma wächst bei weiteren Pflegeltern und sogar in einem Kinderheim auf.
1942 flüchtet sich die herumgeschobene Jugendliche 16-jährig in eine Ehe mit ihrer fünf Jahre älteren Jugendliebe James Dougherty. Doch die Verbindung hat nur vier Jahre Bestand; Norma hält sich mit Jobs in einer Munitionsfabrik und als Fotomodell über Wasser. Mit ihrer natürlichen Ausstrahlung und ihrem attraktiveren Äußeren gelingt es ihr rasch, einen immer größer werdenden Erfolg als Model und Pin-Up-Girl zu erzielen.
1946 schlägt schließlich die Geburtsstunde von Marilyn Monroe: Bei der 20th Century Fox erhält sie zunächst einen Einjahres-Vertrag als Schauspielerin. Gemeinsam mit ihren Beratern entwickelt Norma ihren Künstlernamen. Bis zur ersten Filmrolle dauert es aber noch knapp zwei Jahre. Erst 1948 erhält sie erste Nebenrollen in verschiedenen kleinen Filmen. Dazwischen besucht sie eine Schauspielschule.
Die Rollen werden allmählich größer, die Namen der Regisseure bedeutender: Nach Auftritten in John Hustons "Asphalt-Dschungel" und Joseph L. Mankiewicz' "Alles Über Eva" übernimmt Marilyn ihre erste Hauptrolle: Das Melodram "Niagara" bedeutet gleichzeitig auch den entgültigen Durchbruch als Schauspielerin unter der Regie von Henry Hathaway.
Noch heute fasziniert Marilyn mit dem eindrucksvoll gespielten Porträt einer verheirateten, sinnlich-diabolischen Frau, die während eines Urlaubs ihren Liebhaber zum Mord an ihrem Ehemann anstiftet. Künstlerisch überzeugend und kommerziell erfolgreich, katapultiert der Streifen Marilyn in die erste Garde der gefragtesten Schauspielerinnen Hollywoods. Der Los Angeles Examiner verspricht den Kino-Besuchern überschwänglich "Zwei der größten Phänomene der Natur: Die Niagara-Fälle und Marilyn Monroe".
Obwohl Marilyn gerade einer ausgeprägten und glänzend gespielten Charakterrolle den Durchbruch verdankt, wird sie in den folgenden Jahren meist nur als Stereotyp des "naiven Blondchens" besetzt, womit ihre tatsächlichen Fähigkeiten zu wenig gefordert werden. Marilyn indes spielt das Spiel mit und begründet den Mythos als Traumfrau mit Streifen wie "Blondinen Bevorzugt", "Wie Angelt Man Sich Einen Millionär", oder an der Seite von Robert Mitchum in dem romantischen Western "Fluss Ohne Wiederkehr".
1955 ist Marilyn längst auf dem Zenit ihres Erfolgs, als sie in Billy Wilders "Das Verflixte Siebte Jahr" jene unvergessliche Szene mit ihrem hochwehenden Rock über der Lüftung eines U-Bahn-Schachtes dreht. Ebenfalls mit Billy Wilder entsteht später die Komödie "Manche Mögen's Heiß" an der Seite von Jack Lemmon und Tony Curtis – bis heute ein unangefochtener Klassiker seines Genres.
Ihr Gesangstalent setzt sie immer häufiger in den Filmen ein. Marilyns hauchzarte und doch ausdrucksstarke Stimme betört besonders das männliche Publikum mit einer sinnlichen Verspieltheit. Neben vielen anderen schreiben Cole Porter oder das legendäre Songwriter-Gespann Cahn/Heusen Marilyn Songs auf den Leib. Ob "Let's Make Love", "Heatwave", "My Heart Belongs To Daddy" oder "River Of No Return": Der Fundus der Monroe-Songs ist edel und erlesen.
Privates Glück ist der Künstlerin nur in wenigen Lebensmomenten beschieden, die beiden Ehen während ihrer Zeit als Star scheitern. Nicht einmal ein Jahr hält ihre 1954 geschlossene Ehe mit Baseball-Star Joe DiMaggio, die später einen melancholischen Widerhall in Simon & Garfunkels Hit "Mrs. Robinson" findet. Um ihre schauspielerischen Fähigkeiten zu verbessern, besucht Marilyn ab Mitte der fünfziger Jahre Lee Strasbergs berühmtes Actors' Studio. 1956 heiratet sie den Schriftsteller Arthur Miller. Diese Verbindung dauert bis 1961, ist aber überschattet von Fehlgeburten und Marilyns zeitweilig übermäßigem Alkohol- und Drogenkonsum.
Biographen deuten die drei unglücklichen Ehen als verzweifelten Versuch, neben einem adäquaten Gatten endlich auch einen Vater zu finden, den sie in ihrer Kindheit nie hatte. Für diese These spricht, dass sich Marylin ausschließlich mit älteren Männern verbindet. In ihrer Jugend zu oft alleingelassen, sucht die reifende Frau verzweifelt nach einer Schulter, an der sie sich anlehnen kann.
Zu behaupten, dass die Schauspielerin nur ein willenloser Spielball ihrer Studios und eine labile Persönlichkeit darstellt, ist allerdings falsch. Marylin zeigt sich besonders zu Beginn ihrer Karriere als ehrgeizige und harte Arbeiterin. Um schwachen Drehbüchern aus dem Weg zu gehen, wagt sie einen mutigen Schritt: Zusammen mit ihrem Freund und Leibfotografen Milton H. Greene gründet sie 1955 eine eigene Produktionsfirma, die Marilyn Monroe Productions Inc. So entsteht in Zusammenarbeit mit der Fox der Streifen "Bus Stop", der sie nach langer Zeit endlich einmal nicht als das übliche Blondchen präsentiert.
Zur Zeit des Korea-Kriegs arbeitet Marilyn engagiert als Truppenbetreuerin und hinterlässt nach ihren unzähligen Auftritten Heerscharen verzauberter GIs. Nach außen hin zeigt sich die Künstlerin weiterhin als Everybody's Darling, doch gegen Ende der fünfziger Jahre machen sich immer stärker Depressionen breit. Ausgelöst werden sie unter anderem von der Furcht vor dem Alter, denn Marilyn hat ihr dreißigstes Lebensjahr bereits überschritten. Sie stürzt sich in die Arbeit und dreht Filme wie "Der Prinz Und Die Tänzerin" mit Laurence Olivier. 1961 stellt sie mit dem Drama "Nicht Gesellschaftsfähig" Erneut unter Beweis, welch Potenzial als ernsthafte Schauspielerin tatsächlich ihr steckt.
In der Realität gesellschaftsfähig ist Marilyn indes bereits seit vielen Jahren und macht sogar die Bekanntschaft mit Amerikas jungem und charismatischen Präsidenten John F. Kennedy. Nie wirklich bewiesen, wird bis heute gemunkelt, es hätte eine geheime Liebesaffäre zwischen den beiden gegeben. Am 19. Mai 1962, Kennedys Geburtstag, haucht die von zuviel Alkohol sichtlich angeschickerte Marilyn während eines festlichen Banketts dem Präsidenten das wohl berühmteste und erotischste Geburtsständchen aller Zeiten ins Mikrofon.
Als Zeichen ihrer Wertschätzung überreicht sie Kennedy eine goldene Rolex mit persönlicher, eingravierter Widmung. Bereits seit April dieses Jahres laufen die Dreharbeiten an dem Film "Somethings's Got To Give" unter der Regie von George Cukor. Die Arbeit wird nie vollendet, denn am 5. August 1962 schockt eine traurige Nachricht die Welt: Marilyn Monroe ist tot. Die inzwischen 36-Jährige wird in Los Angeles leblos in ihrem Bett aufgefunden. Als offizielle Todesursache geben Ärzte Selbstmord durch eine Überdosis Schlaftabletten an.
Doch bis heute ranken sich viele Legenden und sogar Verschwörungstheorien um den Tod von Marilyn. So ist die Künstlerin gerade in ihrem Todesjahr nach Bewältigung von seelischen Problemen und der Beendigung übermäßigen Alkohol- und Drogenkonsums in einer Phase des persönlichen Aufschwungs. Foto-Sessions, die kurz vor ihrem Ende entstehen, zeigen eine glückliche und strahlend schöne Frau; auf ihr Umfeld wirkt Marylin gelöst und heiter. Solch ein Mensch bringt sich um?
Ein Mordkomplott des amerikanischen Geheimdienstes muss ebenfalls oft als Erklärung herhalten. So soll als gesichert gelten, dass Marilyn vor und in der Nacht ihres Todes geheimnisvolle Besucher empfing – darunter Robert Kennedy, der Bruder des amerikanischen Präsidenten. War der CIA eine Liason mit Mitgliedern der Familie des Staatsoberhauptes ein Dorn im Auge? Musste sie deshalb sterben? Allein zum Thema ihres Todes ist im Lauf der Jahrzehnte eine große Anzahl von Büchern erschienen.
Doch Marilyn Monroe lebt weiter – wie all jene Ikonen der Pop-Geschichte, denen die Maxime "Lebe schnell und sterbe jung" posthum aufgedrückt wurde: James Dean, John Lennon, Elvis Presley oder Curt Cobain. Marilyns Vermächtnis sind rund dreißig Filme, die immer wieder aufs Neue ihr zeitloses Charisma in Szene setzen, zahllose Vinyl- und CD-Alben, auf denen ihre Songs bis heute immer wieder neu zusammengestellt werden. Lebendige, stets abrufbare Erinnerungen an eine außergewöhnliche, begabte und wunderschöne Frau, die viel zu früh – wahrscheinlich - Opfer ihre stetigen, inneren Zerrissenheit wurde.
Der Star Marilyn versprühte eine einzigartige, bis heute in ihrer Art nie wieder erreichte Sinnlichkeit und ist deshalb mittlerweile Traum und Sex-Symbol bzw. Stilikone und Vorbild von Männern und Frauen mehrerer Generationen. Nur das Mädchen Norma Jeane bekam zeitlebens nie die Anerkennung und Wärme, nach der sie sich sehnte. "I Wanna Be Loved By You", bittet sie auf einem ihrer berühmtesten und berührendsten Songs – es wäre vielleicht doch so einfach gewesen. Hätten die Blicke der Männer doch nicht nahezu ausschließlich den Körper Marilyn Monroes fixiert! Sondern auch einmal ins Herz der Norma Jeane Baker geschaut.
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