Porträt

laut.de-Biographie

Morning Benders

Chris Chu scheint nicht gerade ein wählerischer Mensch zu sein. Mit einer billigen Fender-Akustikgitarre und seinem alten Computer beginnt der Musikstudent an der Universität von Berkeley 2005 damit, Songs aufzunehmen.

Die ersten Musiker, die er in dem kalifornischen Küstenort kennen lernt, holt er direkt zu seinem Soloprojekt hinzu, darunter mit Van Pierszlowski ein späteres Mitglied der Indie-Folker Port O'Brien.

Wann immer sich in den Anfangstagen die Möglichkeit auftut, Gigs zu ergattern: Chris Chu und Band nehmen an. Nicht aus lauter Verzweiflung spielen sie zunächst in ranzigen Bars und auf chaotischen Hauspartys, sondern im Wissen der Bedeutung einer lokalen Fanbase, mit der man in der großen Musikszene im benachbarten San Francisco bestehen kann.

Außerdem betreibt man virales Marketing in eigener Sache, indem man die Fans mit kostenlosen Demos neuer Songs versorgt und sich mit Bloggern und Promotern in der Bay Area vernetzt. Der Plan geht auf.

Bald hat jeder Musikfan an der Westküste zumindest schon einmal von den bienenfleißigen Morning Benders und ihrem leichtfüßigen, sehnsüchtigen Indie-Pop gehört, dessen Referenzen bis in die 60er Jahre zurückreichen.

Mit ihrem ersten Album "Talking Through Tin Cans" macht die Band noch einmal einen großen Schritt nach vorne. Die Reviews mit Vergleichen mit den frühen Beatles, The Shins oder Phantom Planet fallen bisweilen euphorisch aus, das "Indie Spotlight" von iTunes erhebt das Album gar in einem Atemzug mit dem Debüt von Vampire Weekend zu einem der besten des Jahres 2008. Im Netz gehören sie ohnehin längst zu den "Most Blogged Artists".

Nach großer US-Tour zieht es die Morning Benders nach New York, was ihren musikalischen Fokus noch einmal erweitert. Sound-Nostalgiker Chris Chu ist mittlerweile auch von neuen Indie-Bands begeistert, von den Dirty Projectors, Beach House und Grizzly Bear.

Deren Mitglied Chris Taylor produziert mit Chu das zweite Album "Big Echo", das mit zurückgelehntem Surf-Pop, experimentellem Rumpel-Rock und orchestralen Folk-Balladen spielfreudig und mutig zugleich ausfällt.

Die Musikpresse ist jedenfalls durchweg begeistert von dem Reifeprozess, den der Bandname ja nicht unbedingt vorweg genommen hat. Denn wer morgens Saufgelage veranstaltet, spielt am Nachmittag allerhöchstens Punk.

Die vom Bandnamen implizierte Unreife hat die Jungs nie gestört. Doch im Jahr 2012 geben sie ihrem Musikprojekt dennoch einen neuen Namen. Mit der Erkenntnis, dass das Wort "Bender" auch eine homophobe Bedeutung besitzt, können sie sich nicht anfreunden. Deshalb nennen sich die inzwischen in den Big Apple umgesiedelten Musiker zukünftig schlicht POP ETC. Ein gleichnamiges Album soll folgen.

Doch damit nicht genug der Zäsur. Auch der musikalische Output driftet hörbar in andere Genres ab. Statt dem so liebgewonnenen Indiefolk wagen sich die Ex-Kalifornier nun in Synthpop- und New Wave-Gefilde. Das begeistert die Kritiker nicht mehr in dem Maße wie das Vorgängeralbum: Ihr drittes Werk bleibt größtenteils unbeachtet.

Die Jungs um Konstante Chrisopher Chu bleiben also immer für eine Überraschung gut. Nach Namens-, Genre- und auch gelegentlichem Besetzungswechsel darf man gespannt sein, was der Wundertüte aus Brooklyn als nächstes entspringt.

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