Michael Schuh
Depeche Mode - "On The Crest Of A Wave"
Nur damit nach der Einführung von Kollege Klug niemand glaubt, Bootlegs seien nur für Freunde progressiver Gitarrenmusik interessant. Im zarten Alter von 15 erstand ich auf meiner ersten Plattenbörse mein erstes Depeche Mode-Bootleg. Eine Live-Doppel-LP der "Construction Time Again"-Tour aus dem Frühjahr 1984, von der es offiziell gar keine Liveaufnahmen gibt? Die Band spielt B-Seiten? Für nur 40 Mark? Sensationell! Und dann gleich eine "historic show, Italian debut". Hammer! Nach dem Opener "Everything Counts" brüllt Dave Gahan tatsächlich: "Good evening, Milano!" Ansonsten war es eine waschechte "Bootleg-Erfahrung": Das erste Italien-Konzert der Band war es nämlich gar nicht, historisch auch eher nicht, ein gelisteter Song fehlte, auf Seite drei war kein Prince-Konzert und die Tonqualität nicht halb so genial, wie es mir der hochseriöse Verkäufer versprochen hatte.
The Velvet Underground - "The Velvet Underground & Nico"
Für das bierernste Sammler-Thema Erstpressungen bin ich normalerweise nicht empfänglich, aber als mir eine Freundin Ende der 90er von einem New Yorker Flohmarkt dieses betagte Exemplar von "The Velvet Underground & Nico" mitbrachte, eingesteckt für ein paar Dollar, blieb mir doch einigermaßen die Luft weg. Mit! Dem! Originalaufkleber! Apropos Luft: Der nach Kellerverlies müffelnde Karton belegt eindeutig die jahrzehntelange Lagerung abseits von ordentlich gepflegten Plattensammlungen. Die Scheibe muss somit ehemals im Besitz enttäuschter Factory-Starlets gewesen sein, die sie ihrerseits weiterverschenkten, in verrauchten Stuben zwischenparkten, interessierten Nachteulen im Max's Kansas City übergaben, bis der letzte Besitzer sie aus Mangel an Hintergrundwissen (und Internet) mit 50 anderen Scheiben auf einen Straßenflohmarkt in Manhattan karrte. Genau so muss es gewesen sein.
Die Ärzte - "Uns Geht's Prima"
Mit ihrer ersten Mini-LP legten sich Die Ärzte aufgrund des Artworks mit dem Roten Kreuz an, weshalb die Platte bald nach 1984 statt mit rotem mit blauem, gelbem, schwarzem, grünem, braunem und goldenem Kreuz erschienen ist. Ein El Dorado für Sammler. Als sie noch in dezentralen Kleinstädten wie Appenweier spielten, erwischte ich die Berliner nach dem Konzert am Hallenausgang. Und selbstverständlich weist man in solch historischen Momenten weder den neuen Bassisten darauf hin, dass er eigentlich gar nicht unterschreiben müsste, und schon gar nicht den Sänger, dass er ungefähr eine Minute zuvor bereits an selber Stelle unterschrieben hat.
2 Kommentare
Schön, das gelbe Kreuz! Irgendwann muss ich mir eine der "Uns geht's prima"-Ausgaben auch noch zulegen.
Ar***loch (von puren Neid getrieben)