Noch nie durfte ein Popmusiker im britischen Unterhaus auftreten. Seit Freitag ist das anders. Auf Initiative der Parlaments-Mitglieder David Lammy und Stephen Hepburn trat die fünffache Grammy-Gewinnerin Alicia Keys dort auf.
London (vbu) - David Lammy ist mit 29 Jahren das jüngste Mitglied des englischen House of Commons. Er ist Abgeordneter für den nördlichen Londoner Stadtbezirk Tottenham. Dort ist die Politikverdrossenheit ähnlich groß, wie die Probleme der vorwiegend farbigen Bevölkerung. Dass Politiker auch anders können, wollte der junge Parlamentarier mit einem Gig der fünffachen Grammy-Gewinnerin Alicia Keys vor dem hohen Haus beweisen.
150 Schüler, Gewinner eines Wettbewerbs, und einige Journalisten hatten sich am vergangenen Freitag im "Atlee Room" des britischen Parlaments eingefunden, um mit der schönen Amerikanerin einen außergewöhnlichen Abend zu verbringen. Ungefähr eine Stunde lang spielte Keys - neben ihren eigenen Songs auch Roberta Flacks Superhit "Killing Me Softly". Während des Gigs fragte eine 16-jährige Schülerin aus Tottenham, ob sie mit dem Star ein Duett singe dürfe. Klar, durfte sie.
Mürrische Parlaments-Mitglieder argwöhnen, Lammy sei von Keys' Plattenfirma gekauft worden, da es kaum einen besseren Ort für ein Konzert gebe als das Unterhaus. In den britischen Medien ist der Event heute das große Thema. Doch der Parlamentarier winkt ab. Er habe das alles nur gemacht, um den jungen Menschen zu zeigen, dass das Unterhaus ein "house of the people" sei. Er sei eben noch jung, habe eigene Ideen und wolle sich dem Trott der älteren Abgeordneten nicht anpassen. Unterstützung gabs vom Kollegen Stephen Hepburn, Vorsitzender der "All Party Music Group".
Auch Unterhaus-Mitglied Paul Tyler äußerte prompt die Befürchtung, das Parlament könne in Zukunft als Venue für Werbekampagnen oder Miss-Wahlen missbraucht werden, wenn genügend Geld fließe. Und wie siehts mit Popmusik im deutschen Parlament aus? Nachdem Bro'Sis schon zum Bundespräsidenten gebeten wurden, sind Auftritte von Popstars im Bundestag auf Dauer nicht so abwegig. Vielleicht steht schon bald Xavier Naidoo vor dem Bundesadler, um für mehr Toleranz, die Legalisierung von Haschisch oder gegen Ausländerfeindlichkeit zu singen.
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