Platz 5: Nick Cave And The Bad Seeds - "Ghosteen"
Nick Cave & The Bad Seeds leiteten 2013 dank des zunehmenden musikalischen Einflusses des Filmkomponisten Warren Ellis mit "Push The Sky Away" eine Neuerfindung ein. Schon diesem Werk drückte Ellis mit seiner reduzierten wie auch orchestralen Herangehensweise seinen besonderen Stempel auf. 2015 kam es dann zum Unfalltod von Caves Sohn Arthur, der unter Einfluss von LSD mit nur 15 Jahren von einer Klippe in Brighton stürzte. Mit "Skeleton Tree" legte Cave schonungslos seine Trauer über den Verlust offen, die sich auch auf dem diesjährigen "Ghosteen" immer wieder Bahn bricht. Nur weicht die Trostlosigkeit einer gewissen Zuversicht, die stets in den sowohl minimalistischen als auch filmisch sakralen Kompositionen mitschwingt.
Auch die bebende Stimme des gebürtigen Australiers erreicht vor allem in der orchestral geprägten ersten Hälfte dieser als Doppelalbum angelegten Platte, die sich in eine "children"- und eine "parents"-Seite einteilt, immer wieder unerwartete Höhen, etwa im Klagelied "Waiting For You". Textlich setzt Cave auf eine metaphernreiche Bildsprache, die nicht nur schaurig schöne Naturszenarien vor dem inneren Auge des Hörers entstehen lässt, sondern auch von religiösen Motiven lebt, die er autobiografischen Erlebnissen gegenüberstellt. In der zweiten Hälfte, die aus epischen, nahezu erdrückend schweren Ambient-Tracks besteht, gibt er seinen Hörern schließlich einige bedeutsame Erkenntnisse auf dem Weg. Im Titelstück heißt es: "There's nothing wrong with loving something / You can't hold in your hand."
Am Ende wartet "Hollywood" neben der Aufarbeitung der Todes-Geschehnisse und der Akzeptanz noch obendrein mit einer Sage aus dem Buddhismus auf: "And I'm just waiting now, for my time to come. And I'm just waiting now, for peace to come. For peace to come." Trauer sollte man auf jeden Fall so viel Zeit geben, wie sie braucht.
Nick Cave & The Bad Seeds - Ghosteen*
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3 Kommentare mit 3 Antworten
5/5 AOTY, Rest kann eigentlich auch wieder nach Hause gehen. Bright Horses zum Sterben schön.
Wundervoll! Spricht nicht für die Liste, wenn die ersten zwei Plätze von kalkulierter Produktmusik besetzt werden und ein Meister wie Cave weiter hinten ist. Ihm und eigentlich allen anderen wirds egal sein.
Glaub mir, der kalkuliert auch!
Das ist der Unterschied: ER kalkuliert. Und auch weniger an der Frage, was der Musikmarkt von ihm verlangt. Der wäre sicherlich leichter bedient, wenn er mit jeder neuen Platte bloß sein Erbe aus den 80ern und frühen 90ern verwaltete.
Brillante Platte, in der Musikpresse wird es in Jahreslisten aber sehr stiefmütterlich behandelt. Anderswo ist es nicht mal in der Top 10 vertreten.
Wahrscheinlich ist Cave einfach zu alt, zu weiß, zu lange dabei für eine höhere Platzierung.
Der Rolling Stone, irgendwann mal eine ernstzunehmende Musikzeitschrift gewesen, hat Ariana Grande auf die 1 gewählt.
Hab schon Schülerbands gehört die besser waren.
Und was haben die immer mit ihren Zigaretten?
Alles muss man nicht verstehen.