Best of 1965: 60 Jahre, 60 Alben

Franz Josef Degenhardt - "Spiel Nicht Mit Den Schmuddelkindern"

"August, der Schäfer, hat Wölfe gehört
Wölfe mitten im Mai
Zwar nur zwei
Doch der Schäfer, der schwört
Die hätten zusammen das Fraßlied geheult
Das aus früherer Zeit."

Jede Zeit ist die richtige, um Franz Josef Degenhardt zu hören, doch in manchen Zeiten erscheint seine kluge, scharfsichtige Lyrik noch wertvoller als in anderen. Genau jetzt zum Beispiel, wenn weltweit, auch in Deutschland, die Wölfe das Fraßlied aus früherer Zeit wieder immer lauter und unverhohlener heulen. "Rasch, holt die Sensen, sonst ist es zu spät", und bringt auch gleich diese Platte mit, sie ist ein wahrer Augenöffner. Degenhardt verhandelt und seziert auf "Spiel Nicht Mit Den Schmuddelkindern" schon 1965 absolut schonungslos die kleinbürgerliche Spießigkeit, die Standesdünkel und die Geschichtsvergessenheit, die das Land fest im Griff haben. Er beschreibt zwar die Nachkriegsjahre, doch an der deutschen Befindlichkeit hat sich seither wenig geändert.

Des Liedermachers Gesellschafts- und Konsumkritik wirkt ungebrochen angebracht: Noch immer verbarrikadiert sich die Masse in der trügerischen Sicherheit stumpfer Routinen, blickt verächtlich auf die vermeintlichen "Schmuddelkinder" herab, ergötzt sich an der chromglänzenden neuen Espressomaschine und verlangt, "Ein Schönes Lied" zu hören, während draußen auf dem Meer gebrannte Kinder auf leck geschlagenen Booten ums pure Überleben kämpfen. Sich wieder vor einem drohenden Atomkrieg zu fürchten, erscheint 2025 auch gar nicht mehr so furchtbar weit hergeholt wie auch schon. Wir hätten es wirklich gerne anders, aber: Dieses Album ist leider aktueller denn je. Seid also auf der Hut, denn:

"August, der Schäfer, hat Wölfe gehört
Wölfe mitten im Mai
Mehr als zwei
Und der Schäfer, der schwört
Die hätten zusammen das Fraßlied geheult
Das aus früherer Zeit."

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Franz Josef Degenhardt - "Spiel Nicht Mit Den Schmuddelkindern"*

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