Best of 2021: Die Musikbücher des Jahres

Nick Cave - "Stranger Than Kindness"

Worum gehts?

Kotztüten, Briefpapier mit Hotellogos, Zettel, Notizbücher und Hefte. Beklebt, bemalt, beschrieben mit Tinte, Blut, Stiften, Heiligenfiguren, Haaren, Abbildungen von weiblichen Geschlechtsteilen. Jede Idee, jedes Detail kann wichtig sein, hat Nick Cave schon zu Beginn seiner Karriere erkannt und deshalb unermüdlich alles gesammelt, was er womöglich irgendwann gebrauchen könnte, ob Reime, Gegenstände oder Gedanken. Die königliche Bibliothek in Kopenhagen kam auf die lobenswerte Idee, eine Ausstellung aus diesem Sammelsurium zu erschaffen.

Die Texte sind auf Englisch, doch ist ein kleines Heft in Reclam-Format beigelegt, mit gelungenen Übersetzungen von Christian Lux.

Wer hats geschrieben?

Mit dem vorliegenden Katalog haben sich Nick Cave, der die Ausstellung mitgestaltet hat, und Kuratorin Christina Back viel Mühe gegeben. Der aus Australien stammende Musiker und seine Bad Seeds spielten in den 1980er Jahren wüsten, blutgetränkten Indie-Rock. Dem sind sie nach wie vor nicht abgeneigt, doch Cave hat auch am Klavier wunderbare Stücke komponiert.

Wer solls lesen?

Wer in diesem Katalog den Sinn von Caves Schaffen sucht, wird fündig. Nicht nur dort, denn kaum ein Künstler pflegt ein so inniges Verhältnis zu seinen Fans, sei es mit der Auftrittsreihe "Conversations With Nick Cave" oder der Webseite The Red Hand Files, auf der er Fragen beantwortet. Hier sind seine Gedanken jedoch bebildert, seine scheinbar chaotischen, in Wirklichkeit akribisch komponierten Arbeitszimmer gleichen Wimmelbildern, in denen sich viel entdecken lässt.

Das beste Zitat:

"Ich habe stets eine sehr motivierende Energie in dem Gedanken gefunden, dass ich mein Leben damit verbringe, mich nach etwas zu sehnen, nennen wir es Gott, das aller Wahrscheinlichkeit nach nicht existiert … meine Songs sind Gespräche mit dem Göttlichen, die letztlich nichts anderes sein könnten als ein Wahnsinniger, der mit sich selbst spricht."

Beim Versuch, diesen Satz zu verstehen, lässt es sich in "Stranger Than Kindness" wunderbar schmökern.

Wertung: 4/5

Text von Giuliano Benassi

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