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Bob Dylan - "Die Philosophie des modernen Songs"

Worum gehts?

Cover und Titel wecken Erinnerungen an schlimmste Philosophiestunden in der Schule. Dabei ist "Die Philosophie des modernen Songs" gar nicht so furchtbar, ganz im Gegenteil. "Tutti Frutti", "My Generation", "Truckin'", "London Calling" - klingelt es? Genau, anhand von 66 Stücken von Künstlern wie Little Richard, The Who, Grateful Dead oder Clash versucht Dylan zu erklären, was einen guten Song von einem weniger guten unterscheidet und was wie mit wem zusammenhängt. Sehr unterhaltsam, dazu noch aufgelockert von vielen Bildern. Letztlich ist der Titel irreführend, "Lieblingslieder von Bob und seinem Anglerkumpel Eddie" (Gorodetsky, den Dylan als ersten in der Danksagung erwähnt) träfe es besser, zumal gerade einmal vier Frauen vertreten sind und nicht einmal ein Viertel der Lieder von Schwarzen Künstlern oder Bands stammen. Latinos? Einer. Hip Hop? Fehlanzeige. Auch gut zu wissen: Der Meister hat von seinen vielen Songs keinen einzigen mit reingenommen.

Wer hats geschrieben?

"Ich bin berühmter als Jesus Christus" - ein Satz, den Robert Zimmermann alias Bob Dylan nie gesagt hat (das war John Lennon in Bezug auf die Beatles), der durchaus aber zutraf, zumindest in den 1960er Jahren. Lange hat er versucht, die Liebe von Fans und Kritikern abzuschütteln, musikalische und textliche Streubomben zu werfen, in der Versenkung zu verschwinden. Vergeblich. 2016 hat er als erster Singer/Songwriter überhaupt den Nobelpreis für Literatur gewonnen. Warum? Die Antwort weiß ganz allein der Wind.

Wer solls lesen?

Freunde und Verwandte, die aufmerksam ebendiesem lauschen. Alle, die mit Rudi Dutschke demonstriert haben. Diejenigen, die die Geschichte hinter "Diamonds And Rust" aus dem Stegreif kennen (übrigens ein Lied und eine Künstlerin, die ganz gut in die Liste gepasst hätten). Wer dazu noch des Englischen mächtig ist, sollte die Originalversion in Betracht ziehen, denn Dylans Sprachwitz zu übersetzen, erscheint unmöglich (auch wenn sich Conny Lösch viel Mühe gegeben hat). Außerdem ist das Cover mit Little Richard, Eddie Cochran und der vergessenen Alis Lesley wesentlich schöner. Wer zu faul ist zum Lesen ist, oder eine gute Ausrede findet, kann sich das Werk auch als Hörbuch reinziehen, gelesen von Wolfgang Niedecken.

Das beste Zitat:

... gibt es in dem Sinne nicht. Dafür lässt sich das Spiel mit Rhythmus und Worten an vielen Stellen genießen. "Hitting and running, butchering and exterminating, taking the grand prize and finishing in front. Then being big hearted, burying the hatchet, apologizing, kissing and making up. It's about the hustle" schreibt Dylan zu Mose Allisons "Everybody Cryin' Mercy". "Zuschlagen und sich aus dem Staub machen, Abschlachten und Auslöschen, den Hauptgewinn einheimsen und als Erster durchs Ziel gehen. Danach heißt es großherzig sein, das Kriegsbeil begraben, bedauern, küssen und vertragen. Es geht um Hetze", so die Übersetzung.

Wertung: 4/5

Text von Giuliano Benassi

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