Dennis Rieger
Bisschen mager war es aus meiner Sicht schon, das musikalische 2023. Zum Glück lieferte wenigstens unser liebster Wunderwuzzi (falls noch jemand fragen sollte: Steven Wilson, wer sonst?) nach einer zwei Soloalben währenden Durststrecke mit "The Harmony Codex" wieder auf sehr hohem Niveau ab. Das in meinen Ohren beste diesjährige Album veröffentlichte allerdings ein anderer Künstler, dem ich das nicht mehr zugetraut hätte. Nach dem überragenden Debüt aus dem Jahr 2006 (mit dem mindestens unempathischen und daher von mir nicht zitierten Titel) überzeugte mich kein Beirut-Album mehr vollends – bis jetzt. "Hadsel" klingt völlig anders als das siebzehn Jahre zuvor erschienene "Weltmusik"-Debüt, reiht eine orgellastige, melancholische Ballade an die nächste und sticht doch ebenso wie einst das Debüt nicht nur durch hervorragende Songs hervor, sondern auch durch seine musikalische Homogenität und Stimmigkeit.
- Beirut - "Hadsel"
- Steven Wilson - "The Harmony Codex"
- Mitski - "The Land Is Inhospitable and So Are We"
- Squid - "O Monolith"
- Morlockk Dilemma - "Am Grund"
Falls mir noch jemand meine "i/o"-Rezension übelnehmen sollte (zu der ich nach wie vor stehe, auch zu dem Vergleich der Bridge des Openers mit Silbereisenshowliedgut), darf dieser Jemand gerne einen Blick auf meine Top-Five-Songliste werfen. Platz eins gebührt aber Mitski. Eigentlich gebührt ihr auch Platz zwei, aber aufgrund unserer "Nur ein Song jedes Künstlers"-Regel musste ich zwischen "Buffalo Replaced" und "My Love Mine All Mine" wählen. Letztlich habe ich mich trotz der fragwürdigen Einbettung der großen Ballade in zahlreiche an Banalität nicht mehr zu überbietende TikTok-Videos seitens der dortigen Userschaft für "My Love Mine All Mine" entschieden.
- Mitski - "My Love Mine All Mine"
- Steven Wilson - "The Harmony Codex"
- Peter Gabriel - "Four Kinds Of Horses"
- Squid - "The Blades"
- LA Priest - "It's You"
Live überzeugten mich in diesem Jahr vor allem alte Hasen (und eine mittelalte Häsin). Steve Hackett mit Orchester, Chor und alten Genesis-Klassikern wie "Dancing With The Moonlit Knight" im Gepäck machte sogar Wuppertal einen Tag lang zu einem lebenswerten Ort. Wer da kein Pipi in die Augen bekommt, besitzt entweder kein Herz oder einen äußerst verdorbenen Musikgeschmack (eine Verlinkung erspare ich mir an dieser Stelle aus … äh … Pietätsgründen). Auch der ewig unterschätzte Grand Homme der angeschmalzten Pianoballaden begeisterte mich auf seiner "Farewell Yellow Brick Road"-Abschiedstour unerwarteterweise. Und die gute PJ Harvey zeigte mir im Berliner Admiralspalast nicht nur einmal mehr, dass sie die größte lebende Musikerin ist, sondern auch, dass man ein Indoorkonzert auch ohne Ohrenstöpsel schadlos überstehen, ja, sogar die Musik aufgrund der moderaten Lautstärke durchweg genießen kann. Liebe Damen und Herren an den Mischpulten dieser Welt, nehmt euch daran ein Beispiel! Merci beaucoup!
Noch keine Kommentare