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Ingo Scheel - "Schlussakkord"

Worum gehts?

Wie so oft, lässt der Untertitel den Inhalt erahnen: "Schlussakkord" erzählt, "wie Musiklegenden für immer verstummten". Ganz ehrlich? Naja. Musikjournalist schreibt über das Ableben größtenteils sattsam bekannter, allesamt aber natürlich toter Musiker*innen: Das klingt nicht gerade nach einem wahnsinnig lebendigen Thema. Ein bisschen morbide vielleicht, größtenteils aber doch scheißedröge. Oder nicht?

Na, dieses Buch hat uns mal rasant eines besseren belehrt, und das schreiben wir keinesfalls nur, weil der Autor irgendwie ja einer von uns ist. Nö: "Schlussakkord" gehört zu diesen Kaninchenlöchern, in die du unvorsichtig hineinstolperst, im freien Fall an allerlei Kuriositäten vorbeistürzt, und dich dann in einem Labyrinth wiederfindest, in dem hinter jeder Weggabelung eine andere Story lauert.

Scheel schreibt launig und mitreißend und spielt die Lebenswege seiner Protagonist*innen jeweils im Schnelldurchlauf durch. Man weiß zwar, dass jede Geschichte unweigerlich einem unschönen Ende entgegenrast. Trotzdem findet man sich immer wieder so verblüfft wie platt an der Wand wieder, gegen die man diesmal wieder gerast ist.

Zum Staunen allerdings bleibt keine Zeit: Kaum hat er den einen beerdigt, packt dich der Autor schon wieder an der Hand und zerrt dich zum nächsten Todesfall. Schräge, dabei wundersamerweise trotzdem nicht pietätlos wirkende Überleitungen führen von einem Kapitel ins nächste und überbrücken mühelos Zeiten und Genres. Wie schlägt man eine Brücke von Alexandra zu ("Rember!") Cliff Burton? Oder von Jim Morrison zu Bob Marley? Fragen Sie Ingo Scheel.

Fragt bei der Gelegenheit auch gleich, ob diese Illustrationen wirklich nötig waren. Die sind scheißegruselig, echt, sie verfolgen mich in meine Alpträume:

Wer hats geschrieben?

Ingo Scheel ist Sänger, Drummer, freischaffender Journalist und jetzt auch Buchautor. Außer gelegentlich für uns schreibt er für den Musikexpress, die Visions, Galore oder MINT ... und jetzt auch Bücher, wie sich zeigt. Kaum zu fassen, dass "Schlussakkord" sein erstes gewesen sein soll.

Wer solls lesen?

Da der Tod zum Leben gehört und das einzige ist, dem letzten Endes keine*r von uns ausweichen kann, sollte hier an der einen oder anderen Stelle jede*r andocken können. Einige Storys sind sattsam bekannt, spannender geraten natürlich die, die noch nicht tausendundeinmal erzählt worden sind. Es klingt immer bisschen despektierlich, ist aber gar nicht böse gemeint: Da jedes Kapitel eine abgeschlossene Story erzählt, taugt "Schlussakkord" in seiner Häppchenhaftigkeit bestens zur Klolektüre. Die Gefahr besteht allerdings, dass die Sitzungen dann ausufern, weil man immer noch ein Kapitel liest, "schnell noch", und noch eins und noch ...

Das beste Zitat:

"'Rember Cliff Burton', so stand es Mitte der 1980er am Türrahmen unseres Proberaums im Bildungszentrum Mettenhof, einem von Hochhäusern gesäumten Außenbezirk Kiels, wo wir mit unserer Band an Songs und Apfelkorn-Flaschen schraubten, an unserem Plan der Welteroberung. 'Rember Cliff Burton', die Trauer hatte den Verfasser möglicherweise noch so bedrückt, dass es die Konzentration beim Schreiben beeinträchtigte. Die Botschaft ist ohnehin klar, ob nun 'Rember' oder 'Remember', 'RIP' oder 'Ruhe sanft', es ist das unmissverständliche Kugelschreiber-Kommando eines Mettenhofer Metalheads: Leute, vergesst verdammt nochmal Cliff Burton nicht."

Wertung: 4/5

Text von Dani Fromm

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