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Sven Regener - "Zwischen Depression und Witzelsucht"

Worum gehts?

"Zwischen Depression und Witzelsucht" verortet dieser Essay den Humor in der Literatur. Klingt sehr wissenschaftlich, und ist es auch irgendwie: Wir lesen hier das Skript zu einer Poetik-Vorlesung, die Sven Regener 2016 an der Universität Kassel hielt. Eine seiner Haupt-Quellen hat er auch gleich beigefügt: die Lobrede, die er im Jahr zuvor anlässlich der Verleihung des Kasseler Literaturpreises für grotesken Humor auf den Preisträger, seinen Kollegen Frank Schulz gehalten hatte.

Auf den knapp hundert Seiten dieses Büchleins doppelt sich so zwar einiges. Trotzdem wirft der Autor, den man eigentlich eher als Redner bezeichnen möchte, Fragen über Fragen auf: Welche Spielarten von Humor gibt es? Wozu sind sie gut? Sind einige "besser" als andere? Was macht einen guten Witz aus? Lacht man mit oder über jemanden - oder am Ende über sich selbst? Lacht man, weil einem der dargestellte Charakter fremd ist, oder, ganz im Gegenteil, weil man sich darin wiedererkennt? Geht es darum, Distanz zu schaffen, oder soll ein Witz viel mehr Verbundenheit herstellen?

Regener spürt all dem nach. Dabei kennzeichnet er Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Literatur, Film und Musik, spricht über die verschiedenen Anforderungen, um ein Publikum mit geschriebenen, gesprochenen oder ganz ohne Worte bei der Stange zu halten und zu erheitern. Nebenbei, quasi als Zugabe, bekommt man auch noch einen guten Einblick in seine Arbeitsweise als Schriftsteller. Keinen Bock (mehr) auf Uni? Dieses Buch birgt das Potenzial, das zu ändern.

Wer hats geschrieben?

Sven Regener ist eigentlich Gründer, Sänger, Texter, Trompeter, Gitarrist und Klavierspieler von Element of Crime, einer Combo, zu verorten irgendo zwischen Melancholie und durchaus kneipentauglichem Chanson. Er hat sich aber auch als Autor einen Namen gemacht und insbesondere mit seinen Romanen aus dem "Herr Lehmann"-Kosmos ein riesiges Publikum erreicht. Die lebensechten Dialoge in seinen Büchern weisen ihn als Experten für gesprochenes Wort aus. Ein Segen also für die akademische Welt, dass er sich für eine Brüder-Grimm-Vorlesungsreihe an der Uni Kassel auch als Teilzeit-Dozent einspannen ließ.

Wer solls lesen?

Alle, die sich nicht nur bespaßen lassen, sondern auch die Mechanismen durchblicken wollen, nach denen das geschieht, finden hier zwar keine endgültigen Wahrheiten, aber doch die eine oder andere Hilfe, um sich auf der Humorskala zwischen den Polen Depression und Witzelsucht zu orientieren. Angst vor verkopfter Wissenschaftlichkeit muss dabei niemand haben: Regeners Talent, lebendig zu formulieren, macht seine Ausführungen zugleich leicht konsumierbar und schwer unterhaltsam. Allzu ausgedehnten Zeitvertreib sollte man sich von diesem Buch jedoch nicht erhoffen: Da es eine einzelne Vorlesung abbildet, ist man nach einer knappen Unterrichtsstunde auch durch damit.

Das beste Zitat:

"Die Musik von Element Of Crime gilt als traurig, melancholisch und gefühlvoll. Wir können in Interviews noch so oft darauf hinweisen, dass viele unserer Lieder lustige Texte haben, das ändert gar nichts (...) Bei meinen Romanen ist es umgekehrt: Sie gelten allgemein als lustig. Dabei sind die darin erzählten Geschichten eigentlich traurig."

Huch!

Wertung: 3,5/5

Text von Dani Fromm

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