Seite 41 von 51

S. H. Fernando Jr. - "MF DOOM - Chroniken einer Hip-Hop-Legende"

Worum gehts?

Als wäre 2020 nicht schon schlimm genug gewesen, versetzte einem das Jahr am Silvesterabend noch einen letzten Tritt in die Magengrube: MF DOOM ist tot, hieß es, gestorben bereits zwei Monate zuvor. "MF DOOM - Chroniken einer Hip-Hop-Ikone" setzt der Legende ein würdiges Denkmal. Die Biografie nähert sich dem Phänomen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und bekommt so nicht nur den Musiker und sein ausuferndes Werk zu packen, sondern nähert sich auch dem Mann hinter der metallenen Maske, soweit das eben möglich ist. Bei aller (gerechtfertigter) Heldenverehrung blickt der Autor aber nicht durch eine dicke rosarote Fanbrille auf sein Sujet, sondern lässt DOOMs problematische Seiten ebenfalls nicht unter den Tisch fallen. So ergibt sich ein schlüssiges Gesamtbild, das den Mythos in einen Menschen zurückverwandelt, ohne dabei an seiner Leistung zu kratzen oder irgendetwas zu entzaubern. Apropos Gesamtbild: Die Gestaltung dieses Buchs samt teils ausklappbarer Infografiken vorne und hinten im Umschlag ist pures Gold. Für ein Gesamturteil schalten wir also gerne um auf ALL CAPS: DANKE. ALLES RICHTIG GEMACHT.

Wer hats geschrieben?

Manchmal sitzt man echt tonnenschwer auf der Leitung: Wie lange ich gebraucht habe, um zu raffen, dass S. H. Fernando Jr. Skiz Fernando ist, also Spectre, der Gründer und Inhaber des New Yorker Illbient-Labels WordSound, darf man eigentlich gar niemandem erzählen. Aber, ja: Genau der ist das. Skiz ist in der Szene so gut vernetzt wie bewandert, er weiß also Bescheid. Er ist Musiker, Produzent, Musikjournalist, Radiomoderator, Drehbuchautor, Regisseur und hat außerdem, fun fact, ein Buch über die Küche Sri Lankas veröffentlicht, wo er zwischendurch eine Weile gelebt hatte.

Für die deutsche Textfassung zeichnet Julian Brimmers verantwortlich, Journalist und Regisseur, auf dessen Konto unter anderem die Dokumentation "Evil E" über Eva Ries und den Wu-Tang Clan geht. Er macht seinen Job super, tropft allerdings (wie es auch allen anderen passiert wäre) an den DOOMschen Songzeilen ab. Deren Geschliffenheit, die mehrfachen Bedeutungsebenen, das Wortspiel und der Witz verweigern sich schlicht jedem Übersetzungsversuch.

Wer solls lesen?

Minimales Interesse an (Untergrund-)Hip Hop und einem seiner kreativsten Köpfe vorausgesetzt: jede*r. Dieses Buch zeigt einem Künstler, der Irres geschaffen hat, zugleich aber einen Menschen, der viele Verluste zu verkraften und mit der Sucht zu ringen hatte. Ich wüsste wirklich nicht, wer da nicht an der einen oder anderen Stelle andocken können sollte.

Das beste Zitat:

"DOOM war beinahe dreißig, mit einem stetig wachsenden Rettungsring um die Hüften und immer dünnerem Haar auf dem Kopf. Ihm war klar, dass er kein Adonis war und mit der jungen Generation an Rappern um Aufmerksamkeit buhlte. Sein Gesicht zu verhüllen, erlaubte ihm, jemand anderes zu sein. Ob man das jetzt ein Gimmick oder cleveres Marketing nennt, in jedem Fall war die Maske durchdacht und sie bot eine Antwort auf viele seiner Bedenken. 'Plus, damn, die Köpfe der Leute derart abfucken zu können, da konnte ich einfach nicht widerstehen', gab er zu. 'Das lustige ist doch, dass, egal ob Fans oder Presse, jeder die Story geschluckt hat. So sehr, dass sie scheinbar vergessen haben, dass ich am Ende doch kein Superschurke bin.'"

Wertung: 5/5

Text von Dani Fromm

Kaufen?

S. H. Fernando Jr. - "MF DOOM - Chroniken einer Hip-Hop-Legende"*

Wenn du über diesen Link etwas bei amazon.de bestellst, unterstützt du laut.de mit ein paar Cent. Dankeschön!

Seite 41 von 51

Weiterlesen

Noch keine Kommentare